Rezi: Pampa Blues

Von Jimmy

AutorIn: Rolf Lappert
Titel: Pampa Blues
Band: Einzelband
Verlag: Hanser
Genre: Jugendbuch
ISBN: 978-3-446-23895-4
Erscheinungsjahr: Febr. 2012
Seitenanzahl:  252
Altersempehlung: ab 16 Jahren
Kaufpreis: 14,90€
Krümelanzahl: 4
Erster Satz:
ICH HASSE MEIN LEBEN.
Inhalt:
Der Traum vom großen Reißausnehmen schlummert schon lange im 16jährigen Ben. Er sitzt in einem verschlafenem Dorf fest und sorgt sich um seinen debilen Großvater. Während seine glamouröse Mutter durch Europa tourt, weiß er noch nicht mal, wie es sich anfühlt, ein Mädchen zu küssen. Um ein wenig frischen Wind in das kleine Örtchen zu bringe, entschließt sich Bens bester Freund Manlow zur Umsetzung seiner schlechtesten Idee überhaupt. Er möchte Gerüchte über ein UFO ins Land streuen, damit die Presse ihm hilft, das Dorf aufregender wirken zu lassen.
Als dann tatsächlich das Mädchen Lena von der Zeitung auftaucht, wissen die Anwohner nicht mehr was sie glauben sollen. Die Presse eilt auf einmal einem Mordverdächtigen hinterher und Ben merkt: Er hat sich verliebt.
Meine Meinung:
Das Buch kommt unscheinbar daher, aber für mich ist dieses wirklich das Cover Highlight des Jahres 2012! Es ist natürlich und kommt ohne viel Photoshop aus. Es wirkt für sich ohne Glitzer, überlagerte Bilder oder ineinanderverschlungende Schriftzüge. Obendrein ist es ein sehr witziges Motiv: eine alte Zapfanlage einer Tankstelle - mitten im Nirgendwo. Und genau dort spielt auch die Geschichte natürlich hat da auch eine Tankstelle seinen Auftritt. Das Foto sieht also nicht nur toll ländlich aus, sondern passt auch perfekt zum Inhalt des Romans, was den Verlagen in letzter Zeit nicht mehr viel Wert zu sein scheint.. Veredelt wird die ansehnliche Gestaltung noch vom breiten Rahmen, der ebenso schlicht schwarz gehalten wurde wie die Lettern, in denen Titel und Autor abgedruckt wurden. Für mich stimmt hier einfach alles und das beste, es ist mal kein 0815 Verschnitt.
Auch die Geschichte ist etwas außergewöhnlicheren Kalibers. Langsam lernt man den Hauptprotagonisten Benjamin kennen und erwährt nach und nach seine Einstellung zum Leben und seine Probleme. Ich hätte nur ungern mit ihm getauscht. Wer will schon im jugendlichen Alter für seinen uralten und senilen Großvater verantwortlich sein, ohne Taschengeld, ohne Freizeit und ohne Freunde. Das macht sicher keinen Spaß. Deswegen konnte ich Bens Wunsch, nach Afrika auszuwandern, so wie es einst sein Vater getan hatte, sehr gut nachvollziehen. Seine Träume und Sorgen werden von ihm selbst so ehrlich und nackt erzählt, dass ich mich schon peinlich berührt fühlte. Dieser Junge gibt so viel, da kann man es ihm nicht verübeln, am liebsten woanders zu sein, oder? Spannend empfand ich auch die Entwicklung, die Ben durchlebt. Bereits zu Beginn wirkt er viel älter und reifer als man es bei einem 16jährigen für möglich halten könnte. Doch fehlende Klassenkameraden, Partyräusche und das Hinwegsetzen über elterliche Regeln haben aus ihm einen verantworungsbewussten, jungen Mann gemacht. Ich habe ihn mit der Zeit wirklich in mein Herz geschlossen.
Wie in einem Blues spürt man bereits von der ersten Seite an die tragische Komponente.
Nicht nur, dass Ben sich in ein anderes Leben wünscht. Er muss ohne Eltern auskommen. Zwar wird dem Leser diese Information nicht zurück gehalten, aber man verweilt auch nicht lange an diesem traurigen Wendepunkt in Bens Leben. Die Erwähnung scheint genug, es gibt anderes, worüber man sich Sorgen machen muss - so wirkt Benjamin. Im Gegensatz zu vielen anderen Jugendromanen haben wir hier keinen zu sehr selbstbemitleidenden Jungen sitzen, der an allem rumnörgelt und zutiefst naiv ist. Endlich habe ich meinen Helden gefunden, mit dem es Spaß macht, den abenteuerlichen Geschichten Betrunkener zu lauschen oder Luftschlösser in den Himmel zu bauen.
Seite 61
>> Ich erwische mich wieder bei dem Gedanken, dass es mir nicht viel ausmachen würde, wenn sie mit mitteilen würde, Karl sei krank und müsse bald sterben. Ich hasse mich dafür und wünschte, ich würde anders ticken. <<
So sehr mich die Erzählung auch berührte .. leider passierte einfach nichts. Es blieb bei dem einsamen Jungen am Ende der Welt, um ihn herum viele alte Menschen. Erst nach etwa 100 Seiten scheint die Geschichte Fahrt aufzunehmen, plötzlich kommt Bewegung in die Gesellschaft. Denn bislang diente das Gewort nur dazu, um einem die Figuren vorzustellen. Die Eigenheiten der verschiedenen Dorfbewohner wurden in kleinen Szenen liebevoll und detailreich präsentiert. Nun brennen einem die Charakterzüge im Kopf und man kann frei dem weiteren Verlauf des Romans folgen, ohne sich in jedem dritten Satz fragen zu müssen, wer jetzt noch einmal Otto und wer dieser liebeskranke Jojo war. Das macht viel aus und kitzelt auch hier einen Bonuspunkt für das Buch aus mir heraus. Doch die Taktik allein macht die angenehme Atmosphäre, in der die Protagonisten schweben, nicht aus. Ein entscheidender Faktor ist auch die Schreibe. Dieses Detail ließ micha auch die anfängliche Durststrecke überstehen, denn sie war durch den flüssigen Text nur von kurzer Weile.Nachdem endlich etwas Spannung aufkommt, entwickelt sich der bislang sehr erwachsene Roman in ein regelrechtes Feuerwerk aus jugendlichen Emotionen, kindlicher Zurückhaltung und sprudelnder Neugierde! Lappert bietet nun mit dem auf, was aus seiner einfachen Idee ein Jugendbuch werden lässt. Er erzählt vom Erwachsenwerden, vom ersten Kuss und dem unwiderstehlichem Traum, einfach abzuhauen - weit weg!Da ich glaube, dass diese Geschichte dennoch eher die ältere Generation ansprechen wird, möchte ich es ein gelungenes jugendliches Erwachsenenbuch nennen. Lest es und fühlt euch noch einmal wie 16!
Mein Fazit:
Die Frische und Freiheit, der Mut zu träumen und darum zu kämpfen werden zwischend den Buchseiten verborgen gehalten. ~ 4 Krümel ~
Vielen Dank an den Hanser Verlagfür die freundliche Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!
Jimmy