Ursula Wölfel: Ein Haus für Alle
Carlsen, 2004
Taschenbuch, 416 Seiten
ISBN: 978-3551353504
Preis: 9,00 Euro
Klappentext:
Dana und ihr Bruder Leo ziehen aus dem Hochtal zu Freunden ins Ruhrgebiet: Rike, Paul und Jan. Dana verliebt sich in Paul und die beiden heiraten. Gemeinsam mit Leo und Rike wohnen sie in ihrem "Haus für alle". Aber es ist Krieg und Paul wird zum Entsetzen der Freunde ein hoher Nazi-Funktionär. Als Danas und Pauls Kind Robert geistig behindert zur Welt kommt, spitzt sich die Lage zu…
Meine Meinung:
Dieses Buch habe ich bereits vor einigen Tagen beendet, musste es jedoch erst einmal sacken lassen und konnte nicht auf Anhieb darüber schreiben. Ein Haus für Alle hat mich tief bewegt, sehr zum nachdenken animiert und immer wieder unheimlich berührt.
Bereits von Beginn an ist die Geschichte beklemmend und man merkt sehr schnell, in welche Richtung sie sich entwickelt. Als Leser ist einem viel mehr klar als den Protagonisten und man sieht, wie die Schlinge sich um ihren Hals legt und langsam zuzieht. Ich hatte stets das Bedürfnis sie zu warnen, zu rufen „lauft weg“, aber genauso wenig wie literarische Protagonisten hatten die echten Menschen damals solche Warnungen. Und genau dieses Wissen, dass eine solche Geschichte sich so und ähnlich zu Hauf abgespielt hat und dass all diese schrecklichen Dinge Realität waren, hat für den ein oder anderen Kloß in meinem Hals gesorgt.
Ursula Wölfels Schreibstil ist angenehm zu lesen und hat mich immer wieder an einen ruhig dahin fließenden Fluss erinnert. Ab und an gab es einige Hänger, die etwas langatmig waren, aber alles in allem war es ein dahinfließen. Dieses Dahinfließen hat bei mir dafür gesorgt, dass ich das Buch nicht zwischendurch lesen konnte. Mal eben ein paar Minuten lesen ging nicht, ich musste mir bewusst Zeit für das Buch nehmen und mich ganz bewusst in die Geschichte fallen lassen. Einmal drin, war es dann jedoch schwer wieder aufzuhören und so habe ich das Buch insgesamt recht schnell gelesen.
Der Plot der Geschichte hat mir gut gefallen und er ist sehr logisch aufgebaut. Auch die Entwicklung der einzelnen Protagonisten war hervorragend beschrieben. Es war spannend sie bei ihrer Entwicklung zu beobachten und zu sehen, wie sie in einigen Situationen reagieren. So wurde der Wiederstand der Protagonisten gegen die Regierung und das Nazi-Regime sehr klar und dennoch mussten sie sich oft mitreißen lassen um zu überleben. Die damit verbundenen (auch inneren) Konflikte wurden gut deutlich.
Zitat:
„Wir sind unglücklich, weil wir in dieser Nein-Welt leben müssen: nein zu allem was nicht urdeutsch ist, nein zu allem, was nicht normal und kerngesund und ordentlich ist, und nein zur Kunst, zur Religion, zu jedem Menschen, der eine eigene Meinung hat und nicht ihre, nein zu Fantasie und Spiel und Leichtigkeit – nein, nein und nein zu allem, was sie nicht verstehen.“
Fazit:
Ein Haus für Alle ist ein Buch, welches mir noch lange in Erinnerung bleiben wird und über das ich noch lange nachdenken werde. Zudem hat es mich berührt und Ursula Wölfel ist es gelungen mich als stumme Beobachterin mit in eine schreckliche Zeit zu nehmen.
Von mir gibt es 5 von 5 Sternchen für dieses Buch sowie eine Leseempfehlung für alle, welche sich für die Thematik interessieren.
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