Titel: Bunker Diary
Band: Einzelband
Verlag: dtv
Genre: Jugendbuch
ISBN: 978-3-423-74003-6
Erscheinungsjahr: März 2014
Seitenanzahl: 298
Altersempfehlung: 14
Kaufpreis: 12,95€
Krümelanzahl: 3
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Erster Satz:
Das ist alles, was ich weiß.
Inhalt:
Mitten in Amerika. Tief unter der Erde. Ein Bunker mit sechs gleich großen Zimmern, einem Bad und einer kleinen Küche. Einen Gemeinschaftsraum, der diesen Namen nicht verdient, und einen Aufzug, der die Menschen nur hinunter transportiert, gibt es auch. Linus ist der erste, der dort aufwacht .. schlaftrunken von dem Betäubungsmittel. Nach dem Jugendlichen folgen noch fünf weitere Personen: jede eigentümlicher als die vorige. Linus, das kleine Mädchen, der grober Schlägertyp, der alte Professor, die obligatorische Zicke und der Drogenabhängige. Sie haben nur sich. Und derjenige, der durch die unzähligen Kameras und Mikrophone alles um sie herum mitbekommt: ER. Gibt es ein Entkommen? Und was bedeutet das Leben eigentlich, wenn es nur noch ums Überleben geht?
Meine Meinung:
So düster wie einem das Cover entgegenschlägt, geschieht es auch mit der Geschichte. Doch im Gegensatz zum eckigen Raum, der leer und verlassen da steht, bietet "Bunker Diary" eine Fülle an Personen, Geschehnissen, Gedanken, Erinnerungen und Fragezeichen. Wie der Buchtitel vermuten lässt, hat der Leser ein Tagebuch vor sich. Die Kapitel sind chronologisch geordnet und umspannen eine Zeit von Ende Januar bis schätzungsweise Ende März. Drei Monate, in denen wir Linus und den anderen im Bunker folgen .. sie können nicht fort, daher folgen wir ihnen nicht wirklich. Es ist eher eine absurde Art der Beobachtung. Denn schließlich verachten wir eigentlich IHN, der voyeuristisch auf alle herabblickt und die Fäden in seinen Händen hält. Doch es ist wie bei einem Autounfall: Man kann einfach nicht wegschauen. Aus Angst, etwas zu verpassen? Aus Angst, das Grauen nicht mitzubekommen? Oder aus Angst, die Hoffnung nicht erblicken zu können? Egal. Aus unserer Position aus sind wir in Sicherheit und sitzen auf den besten Plätzen, um das Schauspiel zu genießen. Es besteht aus Erwartungen und Enttäuschungen. Über Linus legt sich die Zeit des Wartens wie eine schweißgetränkte Decke. Die erste Überraschung stellt das weitere Schicksal dar, das ER sich für sein übles Spiel ausgesucht hat: Nun sind sie zu zweit. Und plötzlich kommt in die triste Gedankenwelt unserer Protagonisten etwas Abwechslung. Ein Dialog ist möglich, ein Miteinander und ein Gegeneinander. Das Alleinsein hat ein Ende. Es folgen die weiteren Figuren, die zu sechst den ganzen Roman bestreiten.
"Sein Gesicht wird jeden Tag schmaler. Sein Schädel scheint irgendwie geschrumpft, die Haut ist eingefallen wie bei einem alten Luftballon. Das einzige an ihm, das nicht schrumpft, sind seine Zähne." (S. 144)
So differenziert wie ein geübter Leser sich die Wendungen in einem Roman wünscht, so unterschiedliche Figuren stellt Brooks uns in diesem Jugendbuch vor. Er spielt mit unseren Idealen, mit unseren Vorurteilen und stellt uns die Menschen vor, die am wenigsten und zugleich am besten in unsere gedanklichen Schubladen passen. Das mag verwirrend klingen. Und doch schafft der Autor es, das Klischee mit seiner Auswahl an Protagnisten zu bedienen und dabei immer noch für Überraschungen zu sorgen. Als Leser betrachten wir die Zustände in dem Bunker jedoch nur aus einem Blickwinkel. Als Jugendlichem fehlt Linus noch viel Lebenserfahrung, und so scheint er auch ein ums andere Mal eine vorbehaftete Meinung gegenübger seinen Mitinsassen zu hegen, ohne dass diese die Chance bekommen, daran etwas zu ändern. Obwohl Linus bemüht abgeklärt und intelligent dargestellt wird, empfinde ich ihn zeitweise als sehr naiv und kindlich. Auch seine Ideen, wie man IHM entkommen könne, kamen mir häufig etwas zu schlicht gedacht vor. Da hatte ich mir ein wenig mehr Einfallsreichtum gewünscht. Meiner Meinung nach hätte an Lebensweisheiten, die er laut des Autors in sich tragen müsste, genau so viel benötigt, wie er Empathie zum Ausdruck bringen kann. Letzteres gelingt ihm nämlich wirklich gut. Ob das beim Trösten der kleinen Jenny der Fall ist oder beim Lauschen der Seelenschmerzen des alten Professor .. Zuhören kan Linus gut. Und ironischerweise "hören" wir deswegen ihm zu. Er ist unser Mittelsmann und überträgt die Geschichten des Lebens, die er von den anderen Gefangenen aufnimmt, auf uns.Nach so viel positivem Geschreibsel .. denn der Schreibstil von Kevin Brooks ist auch wirklich packend und spannend, da kann ich nichts gegen sagen ... muss ich allerdings einen enorm großen, einen fast gigantischen Wermutstropfen verlauten lassen: Das Ende ist furchtbar. Ich kann und will und werde euch natürlich nichts genaues verraten. Aber die lieben Leser, die gerne eine abgeschlossene Geschichte mit rosa Herzen und Schmetterlingen in der Luft mögen, dürfen an dieser Psychogeschichte gerne vorbei greifen. Ihr würdet es sonst bereuen! Ich habe es auch bereut, obwohl ich kein Problem mit individuellen Buchenden habe, die außerhalb der Norm den Leser noch einmal auf eine letzte Reise schicken. Aber dies Reise, die ich in diesem Fall antreten musste, war sehr unbefriedigend, um nicht zu sagen verstörend. Nun gut, Kevin Brooks musste sich bereits ausladend dafür rechtfertigen, dass er seine letzten Seiten genau so und nicht anders verfasst hat. Und in seinen Augen wäre dadurch eine ganz andere Geschichte entstanden, die er so nicht wollte. Ich für meinen Teil glaube, dass mir diese "ganz andere Geschichte" wohl besser gefallen hätte. Doch so wurde ich unfreundlich im kalten Regen stehen gelassen und fühle mich auch jetzt noch, Tage später nach dieser niederschmetternden Lektüre, wie ein begossener Pudel ... Nichtsdestotrotz vergesst bitte nicht, dass es abgesehen vom Schluss einen tollen Plot und viel Action zu bieten hat .. und neben dem tollen Spannungsbogen boten sich auch viele philosophische Ansätze, in dessen Richtung man gerne weiter spinnen darf, wenn man erst einmal die letzte Seite überwunden hat :)
Mein Fazit:
Gewiss wird dieser gesellschaftskritische Roman einige Jugendliche zum Nachdenken bringen und schockiert aufwachen lassen. Für mich persönlich war die Idee keine neue und leider blieben zuviele Fragen offen .. daher spannende ~ 3 Krümel ~
Jimmy