Rezi: Bäume reisen nachts

Von Jimmy
AutorIn: Aude Le Corff
Titel: Bäume reisen nachts
Band:Einzelband
Verlag: Insel
Genre: Drama
ISBN: 978-3-458-36019-3
Erscheinungsjahr: März 2014
Seitenanzahl: 198
Altersempfehlung: 14
Kaufpreis: 12,99€
Krümelanzahl: 2
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Erster Satz:
Die Wohnungstür fällt lauter ins Schloss als beabsichtigt.
Inhalt:
Ihre Mutter ist fortgegangen. Ihr Vater ertränkt sich in Selbstmitleid und endloser Lethargie. Die achtjährige Manon wurde von ihrer Familie, von der Welt vergessen. Einsam schleppt sie sich durch die Tage und lenkt so die Aufmerksamkeit des alten Nachbarn auf sich. Anatole meint in Manon etwas zu entdecken, was er schon lange in seinem Leben vermisst hat: Fragen, die hinaus möchten - Energie, die gebündelt werden will - kurz: Hoffnung. Gemeinsam mit ihr widmet er sich dem kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupery und darüber hinaus philospohieren sie sich die Tage wieder lebensfroh. Als Manon plötzlich Briefe von ihrer verschwundenen Mutter erhält, beschließen sie, ihre Gedanken und Ideen in die Tat umzusetzen.
Meine Buchgeschichte: 
Als ich das Taschenbuch entdeckt hatte, war ich Feuer und Flamme für die kleine Besonderheit. Von außen machte es schon schick auf sich aufmerksam, ohne zu aufgesetzt zu wirken. Und als großer Freund des kleinen Prinzen, konnte mich auch die Geschichte sogleich für mich einnehmen. Von diesem Buch habe ich gelernt, dass auch in der Literatur nicht alles Gold ist, was glänzt. Selten lese ich mal eine Leseprobe, um herauszufinden, ob der Roman etwas für mich ist.. das sollte ich mehr in Angriff nehmen, um nicht mehr so sehr enttäuscht zu werden.
Meine Meinung:
Allein der Titel versprach mir bereits ein phantasie- und gefühlvolles Drama, das ich mir nicht entgehen lassen wollte. Und so beginnt die Geschichte mit einer Einführung in Manons Leben: ein dahin Vegetieren in einer geräumigen Wohnung die für sie und ihren Vater inzwischen viel zu klein geworden ist. Zumindest mental. Ihr Vater braucht viel Platz, hauptsächlich zum Atmen, Sitzen und Verzweifeln. In diesem Umfeld fühlt sich Manon zusehends unwohler. Ich wollte ihre Zerissenheit spüren und mich mit ihr auf die Gradwanderung zwischen Schuldgefühlen und Selbstmitleid begeben. Aber leider transportierte diese zarte und wirklich schön beschriebene Figur von Anfang an keinerlei Emotionen. Für mich blieb ihre Gefühlswelt und die der andere Protagonisten unnahbar und somit sehr neutral. Fast schon fade schmeckte diese fehlende Wirklichkeit. Dieser grobe Mangel verändert sich meines Erachtens im Verlauf des Buches auch nicht mehr. Mag sein, dass es ein besonderer Geniestreich der Autorin war, die Apathie ihrer Charaktere bewusst auf den Leser zu lenken. Aber wer will sich bei der Lektüre eines Romans schon leer und stumpf fühlen müssen. Das kann ich auch ohne ein Buch in der Hand. Besten Dank. Leider ist die nicht vorhandene Herzlichkeit nicht allein an meinem Unmut schuld.
Abgesehen von der Distanz zwischen der Hauptfigur und ihrem Vater existiert auch keinerlei Spannungsfeld. Nachdem das kleine Mädchen auf den griesgrämigen Nachbarn gestoßen ist, verstehen sie sich sofort blendend. Sie müssen sich nur anschauen, schon weiß der eine, was der andere gerade denkt. Sehr fragwürdig, kam mir das vor. So aalglatte Verständigungen zwischen Menschen fallen mir meist negativ auf. Denn es gib nichts zweideutigeres als die Sprache und ihre Facetten. Man könnte meinen, dass die ausschmückenden negativen Umschreibungen des Rentners pure Ironie sind, denn gerecht wird er ihnen nicht. Natürlich ist es innerhalb des Klappentextes eine interessante Vorstellung, wenn die pfiffige Naive auf den lebensweisen Miesepeter prallt und sie gemeinsam in die Welt hinaus gehen. Aber wenn davon im Plot nichts mehr zu ahnen ist, bezeichne ich das als grenzwertig. Aufgewertet wurde dieser auf jeden Fall durch die Verflechtungen mit sehr schönen Passagen aus "Der kleine Prinz". Für meinen Geschmack waren diese Zitate allerdings auch schon das Höchste aller Gefühle, die diese Zeilen hervorbrachten. Auf diese Weise könnte mir "Bäume reisen nachts" fast schon wieder gefallen - aber nur fast. Immerhin könnte ich mir auch "1984" schnappen und ein Buch über einen Knaben drum herum erfinden, der diese Dystopie zufällig in der alten Bücherei gefunden und nun gelesen hat. Ja, das erzeugt gewiss nicht nur eine sehr philosophische und intelektuelle Fassade, sondern lässt auch meinen ganzen Roman sogleich in einem viel besseren Licht erscheinen. Und schon kann keiner mehr sagen, dass mein Geschreibsel kompletter Schrott sei.Während die Schriftstellerin versucht, mit großen Worten ihren innerlichen Dialogen Ausdruck zu verleihen, verzweifelte ich allmählich über den starren Klang ihrer Sprache. Die Wörte klingen hart und ungelenk und wollten in meinem Kopf nicht so recht zu einer fließenden Masse zerschmelzen. Dabei ist genau das die sonst so sensible und angenehme Schönheit von französischen Romanen.Auch die vermeintliche Wandlung, die das Thema des Hauptteils charaktersiert, konnte mich nicht für sich einnehmen. Die endlo
Es spricht nichts dagegen in seinen Debütroman ein paar Klischees einzuflechten. Auch ich als Vielleserin bin nicht immun gegen Altbekanntes, denn wir Menschen lieben es nun mal, Muster wiederzuerkennen, ebenso wie sich überraschen zu lassen. Eine gute Mischung aus beidem zu finden, ist vielleicht die Kunst. Doch hier ist dies leider nicht passiert. Meine Erwartungen wurden nicht erfüllt, sondern tief in den Boden gerammt. Schade.

Mein Fazit:Leider kann ich für diesen Roman keine Empfehlung aussprechen. Der interessante Scherenschnitt und die Verweise auf "Der kleine Prinz" konnten nicht halten, was sie versprachen. Nur ~ 2 Krümel ~
Jimmy