Rezension zu "Das Mädchen mit den blauen Augen"

Von Jimmy

AutorIn: Michel Bussi
Titel: Das Mädchen mit den blauen Augen
Band: Einzelband
Verlag: rütten&loening (Aufbau)
Genre: Drama
ISBN: 978-3-35200876-4
Erscheinungsjahr: Febr. 2013
Seitenanzahl: 412
Altersempfehlung: 14
Kaufpreis: 14,99€
Krümelanzahl: 4
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Erster Satz:
 
Ganz plötzlich verlor der Airbus 5403 auf dem Weg von Istanbul nach Paris an Höhe.
Inhalt:
Bei einem verheerenden Flugzeugabsturz kommen 168 Passagiere und Crewmitglieder kommen bei dem Unfall ums Leben. Ein Mensch überlebt das Schreckensszenario: ein drei Monate altes Mädchen. Während die Eltern des Kindes nicht mehr auszumachen sind, melden sich die Großeltern. Sie wollen sich um das einzige kümmern, was ihnen noch geblieben ist. Doch kurze Zeit später erscheint ein weiteres Großeltern-Paar, das Anspruch auf das Baby erhebt. Ein verzweifelter Kampf um das Sorgerecht entbrennt ... und ein Geheimdetektiv ist mitten drin. Als das Mädchen mit dem Namen Emilie 18 Jahre alt ist, soll sie ihre wahre Identität endlich entschlüsseln..
Meine Meinung:
Das verblichene Cover sprach mich auf den ersten Blick an. Endlich ein Layout, bei dem nicht der Fokus auf ein bildhübsches und mit powerpoint bearbeitetes Gesicht gelegt wird. Trotz des Buchtitels starren dem Betrachter auch keine saphirblauen Augen entgegen. Da steht ein ganz normales Mädchen und wendet ihren Blick ab. Es gibt aus anderen Ländern noch viele weitere Cover-Versionen, doch dieses Mal empfinde ich die deutsche als die mit Abstand beste Idee.
Wir bewegen uns in einem Roman, vielleicht einem spannenden Familiendrama, das jedoch nicht zu skurill oder morbide wäre. Dafür schlägt der erste Satz bereits ein wie eine Bombe. Er verspricht einen rasanten und beängstigenden Einstieg in die Geschichte. Und so tritt auch hier die erste unerwartete Wendung ein. Dieses Zusammenspiel aus Überraschungen, Zurückhaltung von Informationen und gleichzeitig spannenden Details eines Mordes oder Freitodes (?) lassen einen hohen Spannungsbogen zu. Beschleunigt wird dieser durch die Unterlagen des genannten Ermittlers, die er dem Mädchen am Tag ihres 18. Geburtstages zukommen lässt. Episodenweise dürfen wird darin rumschnüffeln und so entdecken wir, zwar etwas zeitversetzt zur Protagonistin, aber dennoch ausreichend rasch, die Geheimnisse ihrer Vergangenheit. Obwohl Emilie nur wenige Auftritte im Vordergrund des Romans hat, erschien sie mir doch als eine sehr charaktertiefe Persönlichkeit. Ihre Situation war mir föllig fremd und dennoch fühlte ich mich auf sonderbare Weise mit ihr verbunden und hatte Verständnis für ihre Emotionen. Ohnehin ist ihre Gefühlswelt ein großer Bestandteil in der Geschichte. Zwischen den Zeilen lassen sich ihre Gedanken und Erinnerungen, ihre Hoffnungen, Ängste und Erwartungen leicht herauslesen. Ein ganz anderer Protagonist lässt den Leser noch weitere Blicke auf Emilie werfen. Denn neben ihr steht auch ihr Bruder Marc im Vordergrund. Er war mir sofort sympathisch. Ein etwas zurück gezogener Bursche, in meiner Vorstellung gutaussehend und etwas naiv. Dennoch ist er sehr intelligent und weiß, was er will. Nur meistens kann er es nicht in Worte fassen oder er wird sich erst zu spät darüber im Klaren. Sehr liebenswürdig und ein tolles Beispiel dafür, wieviel Liebe zum Detail in den einzelnen Charakterentwicklungen steckt. Die beiden scheint ein inniges Band zu verbinden, das sie zusammen halten lässt. Wie reißfest diese Verbinbund wirklich ist, eröffnet sich einem erst im Laufe der Geschichte..


Eine gefährliche Mixtur aus Hochspannung und dramatischen Empfindungen!
Der Autor inszeniert ein tolles Bühnenbild mitten in Frankreich und haucht seinen Figuren ein Leben ein, wie es uns alltäglich begegnet, und gleichzeitig von gestern und vorgestern erzählt. Ein warmer Erzählstil hat mich von Beginn an eingehüllt. Ich fand mich gut zurecht in dieser fremden Welt und fand die vielen Blickwinkel, aus denen ich beobachten konnte, mehr als faszinierend. Je mehr Perspektiven die Situation beleuchten, desto schneller kann man sich als Leser ein eigenes und vollständiges Bild machen. Dennoch hat Michel Bussi eine gut Balance gefunden und nicht zu viele Personen eingebunden, aus dessen Augen wir betrachten durften. Eine ebenso tolle Gradwanderung wird beim Schreibstil gemeistert. Bussi beherrscht es beispiellos, seinen Charakteren unterschiedliche Sprachen mit auf den Weg zu geben. Ich hätte allein anhand der Wortwahl erkennen können, ob ich im Bericht vom Ermittler stecke, oder den Irrungen und Wirrungen von Marcs Gedankengängen folge.


Dieser Roman ist ein Familiendrama erster Klasse und verbindet gekonnt einen kriminalistischen Touch mit einer herzzereißenden Liebesgeschichte ... Das Bindeglied besteht unteranderem aus der Kunst, im richtigen Moment die passenden Worte zu finden. Für meinen Geschmack hätte der Höhepunkt noch ein wenig zugespitzter sein können und auch dem Tod des Ermittlers hätte man mehr Raum verleihen können. Ansonsten ein super Werk!

Mein Fazit:
Ein faszinierendes Familiendrama, das dank seines Ermittlers den Hauch eines Krimis versprüht und ebenso spannend ist. Bemerkenswerte

~ 4 Krümel ~ 
Jimmy