[Rezension] Zeitfuge

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‘Zeitfuge’
von Michael J. Sullivan


[Rezension] Zeitfuge

Für Ellis Rogers kommt die Diagnose wie ein Schock: Er hat nur noch ein paar Monate zu leben. Nachdem er sein Leben lang auf Nummer sicher gegangen ist, setzt Rogers jetzt alles auf eine Karte – denn in seiner Garage hat er eine Zeitmaschine gebaut. Sein Plan: in die Zukunft reisen, um dort nach einem Mittel gegen seine Krankheit zu suchen. Doch als die Maschine tatsächlich funktioniert, katapultiert sie Rogers in eine Zeit, die mit unserer Gegenwart nichts mehr zu tun zu haben scheint…
(Source: Goodreads.com)

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Es geht also um Ellis Rogers, einen einfachen Mann, der ein offensichtlich schönes Leben führt. Er ist verheiratet, hat einen guten Job und einen besten Freund namens Warren, dessen Leben seit jeher einer holprigen Berg- und Talbahn gleicht. Doch so rosig, wie Ellis‘ Leben aussieht, ist es nicht. Die Ehe ist mehr oder weniger eine Zweckgemeinschaft, woran Ellis nicht unschuldig ist, und jetzt erfährt er nicht nur, dass er nur noch wenige Monate zu leben, sondern auch, dass seine Frau ihn betrogen hat. Da er seiner Ansicht nach nun nichts mehr zu verlieren hat, beschließt er die Zeitmaschine auszuprobieren, die er in seiner Garage nach bestem Wissen und gängigen Theorien zusammengebastelt hat. Er stellt sie so ein, dass sie in 200 Jahre und acht Monate in die Zukunft bringen soll – schließlich will er ja im Sommer ankommen und nicht im Herbst – und drückt den Knopf. Dummerweise läuft nicht alles so, wie es geplant war, und so landet Ellis erst im vermeintlichen Nichts und dann dann mitten in einem Mordfall, aber definitiv nicht dort, wo er landen wollte. Da es aber kein Zurück mehr gibt, bleibt ihm nichts anders übrig, als mit seiner neuen Situation klarzukommen und sich an die so furchtbar fremde Welt und ihre eigenwilligen Bewohner anzupassen.

Ich liebe Bücher, in denen es um Zeitreisen geht, nur leider können die selten bei mir punkten. Das liegt meist nicht an den Geschichte, sondern daran, dass die Zeitreisen selbst vollkommen humbugig dargestellt werden, unlogisch sind und mir die kreierten Paradoxa Knoten im Hirn verursachen. Bei Zeitfuge war es genau anders herum. Die Zeitreise selbst war intelligent gelöst, leider hat mich dafür die Story nicht ganz überzeugen können.

Der Einstieg in die Geschichte war nicht wirklich gelungen, war weder sonderlich interessant noch packend und die Protagonisten haben es in nur zwei Kapiteln tatsächlich geschafft, mir richtig unsympathisch zu werden. Das ist schon eine Leistung für sich. Aber Schwamm drüber, immerhin dauert dieses ganze Vorgeplänkel nicht lang und was danach kommt, entschädigt für den schwachen Anfang.

Denn sobald die Story in Schwung kommt bzw. man richtig in Ellis‘ neues Abenteuer einsteigt und die neue Welt kennenlernt, wird‘s gut. Richtig gut. (Erstmal jedenfalls…) Der Weltentwurf, den Sullivan in für Zeitfuge geschaffen hat, ist – ich kann es nicht anders sagen – genial. Nicht nur die Bewohner dieser Welt sind unglaublich spannend und interessant und besonders, auch die Welt selbst sprüht vor Einfallsreichtum und großartigen Ideen wie an Holodecks erinnernde Umgebungen, in Häuser installierte KI Systeme mit eigener Persönlichkeit oder Replikatoren, die alles herstellen, was man so braucht – aus einem Material, das so verrückt und doch irgendwie logisch klingt. Sullivan hat einen neuen Lebensraum, eine neue Lebensart geschaffen, eben eine ganz neue Welt kreiert, die neben aller Genialität auch noch nahezu perfekt durchdacht und absolut glaubwürdig ist. Bei der Technik bin ich mir nicht ganz sicher, aber Gesellschaftsstruktur und Lebensart könnte mich mir durchaus irgendwann in ferner Zukunft vorstellen. Mehr sage ich an dieser Stelle nicht, weil ich finde, dass das Erfahren und Entdecken dieser Welt den wichtigsten Teil der Geschichte ausmacht und das Ganze totzubeschreiben nur spoilern und den Spaß an der Sache nehmen würde.

Bis hierhin war ich echt begeistert – mein innerer SciFi- und Wordbuilding-Geek durfte sich freuen und storytechnisch konnte ich mich auch nicht beklagen. Denn neben dem Erkunden der Welt nimmt auch die Handlung an Fahrt auf, sorgt mit Todesfällen, rätselhaften Botschaften und einer sich abzeichnenden Verschwörung für Spannung und einen hohen Unterhaltungsfaktor. Leider verliert sich dieser, je weiter die Geschichte fortschreitet. Viel zu schnell setzt eine Art Entmystifizierungsprozess ein, viel zu schnell wird klar, wer hinter den Morden steckt. Die Gründe dahinter sind für mein Empfinden nicht überzeugend, und nicht mal die Frage, wie der Drahtzieher hinter der ganzen Verschwörung tatsächlich der Drahtzieher sein kann, kommt mit einem Knaller daher, sondern ist imo viel zu simpel und viel zu unglaubwürdig beantwortet worden.
Mit der Entmystifizierung wandelt sich auch der weitere Verlauf der Handlung, versucht tiefgründig zu werden, konzentriert sich auf Themen wie Politik, Religion, Glaube, Liebe, Geschlechterrollen, Hierarchie, Unterdrückung oder die menschliche Natur – und das nicht auf angenehme, sondern auf bevormundende Art und Weise, sodass aus einer anfänglich gelungenen SciFi Story ein moralisierendes Trauerspiel wird.

Auch die Protagonisten haben es mir schwer gemacht. Hauptfigur Ellis hätte interessant sein können, zumal er nicht den gängigen Buchheldtypen entspricht. Leider bin ich mit ihm bis zum Schluss nicht warm geworden, er war mir weder sympathisch noch hat er mich auf irgendeine Weise emotional angesprochen, dank leichter Charakterentwicklung samt Lernkurve war bei ihm zum Glück nicht ganz Hopfen und Malz verloren. Der Bösewicht war einfach nur ein langweiliger, verbohrter Idiot. Und Pax, Ellis‘ Kumpel und „Tour Guide“ durch die neue Welt, war anfangs noch annehmbar, hat sich aber immer mehr zu einer weinerlichen Mary Sue entwickelt. Die restlichen Charaktere waren nur schmückendes Beiwerk und dementsprechend blass sind sie auch geblieben. Einzig Alva, die KI in Pax‘ Haus fand ich sehr gelungen.


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Sowohl das deutsche als auch das originale Cover finde ich optisch sehr gelungen. Beide passen sehr gut zum Buchinhalt, beziehen sich lediglich auf andere Aspekte der Story. Vor dem Lesen hat mir die deutsche Version besser gefallen, irgendwie zeitreisiger (ja, das ist ab sofort ein offizielles Wort) auf mich gewirkt. Nach dem Lesen liegt allerdings das Originalcover vorn, weil es die Dinge widerspiegelt, die das Besondere der Geschichte ausmachen.


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Es stimmt mich ein bisschen traurig, dass Zeitfuge mich nicht ganz überzeugen konnte. Das Buch hat alle Voraussetzungen mitgebracht, um ein Megakracher zu werden. Es ist clever, bietet einen tollen Weltentwurf und interessante Gesellschaftsstrukturen. Leider hat es immer mehr auf die falschen Schwerpunkte gesetzt und sich in der in oder anderen Abstrusität verloren, was der eigentlich genialen Geschichte nicht gut getan hat. Insgesamt trotzdem ein für Genrefans empfehlenswertes Buch, das vor allem eins gut kann: zum Nachdenken anregen.


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(© Sullivan)

„Das hier ist Paris?“
„Im Prinzip, ja. Nur dass wir uns heute etwa fünf Meilen tiefer befinden.“
Ellis musterte die enormen Klippen und strengte seine alten Augen an. Er war sicher, dass er einen schmalen Ausschnitt Himmel und die Ahnung ferner Berge sehen konnte. Auch die Bäume und die Vögel beschäftigten ihn, und so antwortete er so eloquent wie möglich: „Häh?“

~~~

Pax lachte. „Ellis Rogers, niemand würde je eine Gegenleistung dafür verlangen, dass er Menschen heilt. Sie stellen uns ja wie Monster dar, die anderen nur helfen, solange sie auch etwas dafür kriegen!“

~~~

„Liebe ist das Maß, in dem man bereit ist, die eigenen Interessen denen eines anderen zu opfern, unterzuordnen. Es spielt keine Rolle, welches Geschlecht man hat. Es spielt keine Rolle, wer man ist oder einmal war. Es kommt nur darauf an, dass einem jemand mehr bedeutet als man selbst…“

Liebste Grüße

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Michael J. Sullivan:
Michael J. Sullivan wurde 1961 in Detroit, Michigan geboren. Mit acht Jahren begann er seine ersten Geschichten zu schreiben, heute lebt er mit seiner Familie in Fairfax als freier Autor. Seine Riyria-Serie ist in 14 Sprachen übersetzt.
(Source: randomhouse.de)

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Vielen Dank für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares an:

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