Titel: Wintermädchen
Autor/in: Laurie H. AndersonVerlag: RavensburgerOriginaltitel: Wintergirls
Seitenzahl: 368
Preis: 7,99 € (D)
ISBN: 978-3-473-58404-8
Klappentext:
In der Silvesternacht leisten die beiden Freundinnen Lia und Cassie einen heiligen Schwur: Sie wollen alles dafür tun, die dünnsten Mädchen der Schule zu sein. Nun ist Cassie tot und für Lia bricht eine Welt zusammen. Doch die Stimmen in ihrem Kopf werden immer lauter. Sie befehlen ihr zu hungern und Lia gehorcht - in ihrem einsamen Kampf gegen sich selbst, ihre Eltern und ihre tote Freundin, die in der Welt der Wintermädchen auf sie wartet.
Dieses Buch stand ewig auf meiner Wunschliste, lag dann noch länger auf meinem SUB und musste nun endlich verschlungen werden. *Beißen, Kauen, Schlucken* Hmmm.... gar nicht so schlecht.
Oh Gott, ein Buch über Magersucht. Ich bereitete mich auf einen typischen Schullektür-Text vor: ewige Moralpredigten, charakterlose Figuren, ein glückliches Happy End und viel blahblah = nichts, was man freiwillig lesen mag. Doch dann kam Frau Anderson und belehrte mich eines Besseren. Wenn man es also richtig angeht, kann sogar ein Thema, was von sämtlichen Medien bereits durchgekaut und als stets aktuell bezeichnet wurde, plötzlich doch noch von einer anderen Seite belichtet und zu einem Roman werden, der beinahe einem Psychothriller gleichkam.
Im Mittelpunkt steht die junge Lia, deren beste Freundin gerade an ihren gesundheitlichen Probleme verstorben ist. Seitdem plagen sie Schuldgefühle, Halluzinationen und der Drang auch weiterhin das dünnste Mädchen der Schule zu bleiben. Das heißt: so wenig wie möglich zu sich nehmen (am besten weniger als 500 Kalorien am Tag), spät in der Nacht noch Sport treiben, sich nicht von Gelüsten lenken lassen und mit ihrem Plan bloß nicht auffallen, denn sonst kommt sie zurück in die Klinik, wo sie sie wieder "fett" mästen.Die ganze Zeit blickt man dabei durch die Augen der Protagonistin und muss verstörend mit ansehen, wie ihre krankhaften Ziele sie immer weiter ins Verderben treiben.
Bisher klingt dies alles noch nicht besonders außergewöhnlich, diese ekligen Gewohnheiten von Essgestörten sind wir schließlich bereits aus Fernsehe und co. gewöhnt und schocken kann uns da schon gar nichts mehr. Wenn man dann allerdings von solch einem sprachgewaltigen Text begleitet wird, der vor Metaphern nur so überquillt, gewinnt das ganze Buch an Authentizität. Lia wird zu einem Charakter, zu einer Person mit Verstand - auch wenn man manchmal daran zweifelt - und zu einem Opfer ihrer Krankheit, aber auch ihrer kaputten Familie. Man lernt sie kennen, möchte sie wachrütteln und wünscht ihr, dass sie irgendwie den Bogen bekommt. Ich hätte wirklich nicht geglaubt, dass die Autorin dieses Gefühl bei mir wecken kann.
Ein wirklich aufschlussreiches Buch über das Thema Magersucht, welches uns in die Welt einer krankhaft essgestörten jungen Frau führt, die nicht nur mit diesem Problem zu kämpfen hat, sondern auch einige andere Dinge im Leben einstecken muss. Sehr schön, auch wenn das Thema natürlich alles andere als das ist.
Die Autorin:
Laurie Halse Anderson, geboren 1961 in Potsdam, New York, studierte Sprachen und Sprachwissenschaft und war eine erfolgreiche Journalistin, bevor die beschloss, halbtags als Buchhändlerin zu arbeiten, um genügend Zeit fürs literarische Schreiben zu haben. Sprich war ihr erster Roman und zeigte, dass ihre Entscheidung für die Literatur richtig war.