Des zänkischen Tartanen zweiter Streich: Im Kunstmann-Verlag erscheint dieser Tage der zweite Band aus William McIlvanneys Trilogie um den Glasgower Inspektor Laidlaw. Der Autor blieb seinem Rezept treu: finstere Gestalten, erdrückende Armut und kernige Sprüche. Spannender Krimi und eindrückliches Zeitdokument zugleich.
“Freitagnacht, Glasgow.” Einer kommt am Bahnhof an, doch der, mit dem er verabredet gewesen wäre, ist nicht da. Er ist tot. So klassisch und simpel wie “Die Suche nach Tony Veitch” beginnt, so wird die Geschichte über 300 Seiten konsequent fortgeführt. In einem zweiten Erzählstrang gibt es sogleich einen zweiten Toten: Eck Adamson, einen stadtbekannten Penner, der dem umtriebigen Inspektor Laidlaw stets als Spitzel gedient hat. Am Sterbebett erzählt er dem Polizisten, er sei vergiftet worden. Die Jagd beginnt.
Wie schon in “Laidlaw” (Rezension) gibt es zwei Protagonisten: den Inspektor und die Stadt. Glasgow – “Eine Stadt so hart am Wind, dass sie Grimassen schnitt. (…) Eine Stadt so freundlich, dass sie jede Grausamkeit niederprügelt.” Auf den Strassen dieses Glasgow hat jeder seinen festgelegten Platz, humorlose Bandenanführer – darunter der schon aus dem ersten Band bekannte John Rhodes – sorgen für Ruhe und Ordnung. Leichen kommen ihnen genauso ungelegen wie der Polizei. Es ist ein intellektuellenfeindliches, brutales Klima, in dem diese Geschichte spielt.
Laidlaw, der umtriebige Idealist, wirkt darin wahlweise wie ein helles Licht der Menschlichkeit, wenn er etwa “die Sinnlosigkeit der Welt mit der Sorge füreinander” zu bekämpfen sucht, dann wieder wie ein streitsüchtiger Alkoholiker. Sein Credo “Die Wahrheit ist das einzig gesunde Klima” lässt ihn dennoch durchweg als integren, unbestechlichen Charakter erscheinen, dem die Sympathien zufallen.
William McIlvanney (*1936), der als Vater des Tartan Noir gilt und Autoren wie etwa Ian Rankin stark beeinflusst hat, pflegt eine grobe Sprache zwischen philosopischer Gossenpoesie und zynischem Hardboiled-Detective-Sprech. Des Autors liebstes Stilmittel ist der Vergleich, in dem er eine bemerkenswerte Kreativität entwickelt hat: der Himmel ist “schwarz wie eine Mülltonne”, einer guckt “als hätte er einen Strumpf voller Asche zu Weihnachten bekommen”, ist beim Alkohol “wählerisch wie ein öffentliches Pissoir” oder hat ein Gesicht wie “eine verlassene Sackgasse”. So absurd manch einer dieser Vergleiche auch anmuten mag, stets stützen sie das graue triste Bild von Glasgow als einer verslumten Stadt, die von einer Handvoll Reichen mit Unmengen Armen, Perspektivlosen geteilt wird. Nur selten betritt einer einen edlen Ort der wohlhabenden Schicht – und wenn, dann ist er mindestens irritiert von den dortigen Attitüden und Gesprächsthemen “so gepflegt wie frisierte Pudel, die man Gassi führt”.
McIlvanney verbindet in diesem zweiten (von drei) Romanen um Inspektor Laidlaw erneut eine spannende Kriminalgeschichte mit tiefen Einblicken in das soziale Leben im Glasgow der Siebzigerjahre. “Die Suche nach Tony Veitch” ist spannender Krimi und eindrückliches Zeitdokument zugleich.