Sie setzte Kaffee auf. “Wolf“, flüsterte sie, als das Wasser langsam durch en Filtereinsatz hochstieg. Sie kostete das Wort aus. Ein wildes Tier, ein Raubtier, ein Ärgernis. Ein scheues Tier, das die Menschen nicht verstanden. Er machte sie nervös."Wie Blut so rot" - Marissa Meyer
[S. 108]
Wir lernen die dickköpfige und eigensinnige Scarlet kennen, die durch ihre scharlachrote Haarpracht den Platz des Rotkäppchens einnimmt und von dem undurchsichtigen und geheimnisvollen Wolf auf der Suche nach ihrer Großmutter begleitet wird. Scarlet traut Wolf nicht ganz über den Weg, fühlt sich aber auf unerklärliche Weise zu ihm hingezogen. Trotz dieses Konzepts, welches in vielen Jugendbüchern an der Oberfläche schwimmt, erwartet die Leser hier jedoch keine 0:8:15 Liebesgeschichte. Im Gegenteil: Die Beziehung der Beiden entwickelt sich ganz langsam und sanft und überzeugt durch sehr viele Facetten und Gefühl. Scarlet ist eine willensstarke und intelligente Protagonistin, mit weltoffenen Ansichten und ganz viel Liebe im Herzen. Sie ist durch und durch eine starke Frau, die in den folgenden Bänden bestimmt noch für viele Überraschungen sorgen wird. Dabei bildet Wolf den perfekten Gegenspieler zu Scarlet, denn er zeichnet sich ebenfalls durch ein starkes Profil aus, dessen er sich selbst aber manchmal gar nicht so recht bewusst ist - was ihn an vielen Buchstellen sympathischer macht. Schlicht: Die Beiden sind ein wunderbares Paar, denen man sich nur allzu gerne hingibt. Mit denen man leidet, lacht, weint, hofft und bangt und denen man von Herzen ein Happy End wünscht.
Zusätzlich werden die Seiten von zahlreichen Überraschungen und mal kleineren, mal größeren Schockmomenten dominiert, die das Leseerlebnis nicht nur zum Abenteuer machen, sondern die Geschichte an sich harmonisch abrunden. Marissa Meyer bessert ihre kleinen Schwächen aus "Wie Monde so silbern" nicht nur aus, sondern vermag mit dem zweiten Band auf voller Linie zu überzeugen. So führt sie ihre fantastische Idee fort, die sich hier immer mehr ausbaut und dessen Handlung sich immer mehr fokussiert und langsam auf den großen Finalband der Reihe hinarbeitet. Das Ende dieses Bandes kommt mit einem großen Knall und lässt den Puls in die Höhe schießen. Diesmal hat man keine Ahnung, was die letzten Seiten für einen bereit halten, diesmal wird man überrascht und diese Überraschung, mit dem darauf verbundenen Schock, entwickelt sich ganz langsam zu einer Welle, eine Welle die immer mehr anschwillt, bis sie dann schließlich tosend und tobend über einem zusammenbricht und man sich das Salzwasser begierig von den Lippen leckt, voller Erwartung auf mehr.
Das Buch in Worten: sympathisch, überraschend, herzlich, spannend, gut ausgearbeitet
Carlsen | Hardcover | Januar 2014 | 432 Seiten | € 19,90 | "Scarlet" | Eingestellt von Jen am 3/11/2016 12:04:00 nachm.