|Rezension| "Weil ich Layken liebe" von Colleen Hoover


 
 
Nachdem Kel und ich die letzten beiden Kartons in den Möbelwagen gewuchtet haben, ziehe ich mit einem Ruck die Klappe zu, lege den Riegel um und sperre damit achtzehn Jahre Erinnerungen weg, die alle auf die eine oder andere Weise mit meinem Vater verknüpft sind.
Nach dem Tod ihres Vaters zieht die achtzehnjährige Layken Cohen gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder Kel von Texas nach Michigan. Von der Sonne in die Kälte. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn Michigan hält einige Überraschungen für die Schülerin bereit. Als sie am Tag ihrer Ankunft den einundzwanzigjährigen Will kennenlernt und sich Hals über Kopf in ihr verliebt. Drei Tage hält ihre innige Liebe, drei Tage haben sie Zeit, denn am vierten stellt sich ihnen das Leben in den Weg - überraschend, unausweichlich und mit aller Macht. Verzweifelt versuchen die beiden gegen ihr Schicksal anzukämpfen, doch schon bald müssen sie feststellen, dass man gegen einige Instanzen einfach nicht kämpfen kann.
Colleen Hoovers Schreibstil ist einer der einfachen Sorte. Sie schreibt ohne viele Schnörkel und merklich für ein jugendliches Publikum: die Sätze sind kurz, simpel gestrickt und weitesgehend unkitschig. Umso schöner sind da die Gedichte zu lesen, die im Poetry Slam Stil immer wieder in die Geschichte eingewebt worden sind - wobei hier wohl das Original noch mehr zu bieten hat. Einige Übersetzungen funktionieren im Deutschen leider nicht so gut wie im Englischen, dennoch gefiel mir die Performance und die Wortwahl immer sehr gut. Die Atmosphäre, die sich aufbaut, hat mir ebenfalls sehr gut gefallen, da sie immer sehr dicht blieb und eine sehr unterschwellige Spannung aufrecht erhalten hat. Ansonsten aber eher ein Schreibstil für Zwischendurch, der nicht viel Anspruch fordert.
Wenn ich eine komplette Tafel Schokolade essen würde, könnte ich a) erst einmal für relativ lange Zeit keine Schokolade mehr sehen, hätte ich b) ein ziemlich schlechtes Gewissen, weil ich wüsste, wie ungesund das eigentlich ist und wäre c) doch von dem Geschmack betört. Gefühle sind kompliziert. Ständig stehen sie im Konflikt zueinander und das Engelchen kontrahiert mit dem Teufelchen. Das ist hier natürlich ein extrem offensichtlicher Fall, aber ähnlich könnte man meine Beziehung zu "Weil ich Layken liebe" beschreiben. Dieses Buch ist wie eine Tafel Schokolade, wenn man nichts anderes im Haus hat: Man weiß, dass sie nicht gut für einen ist, aber die Finger kann man dennoch nicht davon lassen. "Weil ich Layken liebe" hat mich jedenfalls mit der ersten Seite in einen derart tiefen Bann gerissen, dass ich erst um drei Uhr morgens und nach diversen Gedanken à la "Nur noch ein Kapitel" davon lassen konnte. Warum? Weil ich "Weil ich Layken liebe" liebe. Zumindest auf der einen Seite. Und da schließt sich dann der Kreis.
Man kann sagen was man will über dieses Buch: "Weil ich Layken liebe" ist ein absoluter Pageturner und das weiß es auch. Es spielt quasi damit, den Leser auf jeder Seite mehr auf die Folter zu spannen und ein immer dichteres Netz aus Geheimnissen um den Leser herum zu weben, dass es schwer fällt, das Buch überhaupt zur Seite zu legen bevor man es nicht zu Ende gelesen hat. Und dennoch huscht der Blick ständig panisch zur Seitenzahl - aus Angst, das Buch könne bald zu Ende sein. Dabei hat es ebenso viele Schwachstellen wie Cliffhanger nach jedem Kapitel, denn nüchtern und ohne die rosarote "Aber Will" - Brille betrachtet, hakt diese Geschichte in wenigen Seiten eine To Do Liste von Dingen ab, die in einem Roman passieren könnten und stolpert dabei öfter mal über seine eigenen Beine... ehm, Seiten. Hier passt die Schokoladenmetapher wieder, denn nach diesem Buch hat man definitiv keinen Bedarf mehr an Problemen jeglicher Art. Es gibt einfach NICHTS, was Layken und Will nicht passiert wäre und das ist für ein so kurzes Buch prinzipiell ein K.O. Kriterium. Kurioserweise (und auch wenn es auffällt) funktioniert es bei "Weil ich Layken liebe".

Warum? Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Vielleicht ist es dieser Reiz, den das Buch permanent ausmacht. Die Liebesgeschichte beginnt sozusagen auf der dritten Seite ernst zu werden und dennoch wirkt diese Liebe verrückterweise verblüffend echt und ohne so überkitscht zu sein, wie man es aus vielen Büchern des Genres kennt. Mehrere Todesfälle sollten eigentlich unrealistisch wirken und zumindest am Ende war es da für mich auch zu viel, aber irgendwie treibt es einem dennoch die Tränen in die Augen. Ja, man könnte tatsächlich sagen, dass dieses Buch meine Gefühle ganz schön hat Achterbahn fahren lassen. Und zwar mit dem Free Fall Tower. Es gab so viele Sachen, die ich anders gemacht, so viele Dinge, die ich in anderen Büchern nervig gefunden hätte, doch in "Weil ich Layken liebe" wirkten sie trotz der Masse an Informationen irgendwie richtig. Es sind wohl die
Kleinigkeiten, die die Geschichte so anders und besonders machten - gerade der Aspekt mit dem Poetry Slam war einfach klasse und wunderbar in die Geschichte eingewoben. Auch, wenn hier manchmal die Übersetzung nicht ganz so zündete, wie sie es womöglich im Original getan hätte.
Vielleicht sind es auch die Protagonisten, die diese Geschichte so einzigartig und so extrem lesenswert macht. Layken fand ich beispielsweise ganz wunderbar erfrischend, einfach, weil sie (zumindest die meiste Zeit) nicht ganz so naiv und leichtgläubig ist. Sie wehrt sich, sie ist wütend und lässt ihn (Will) nicht nur machen. Hier hätte ich mir aber sogar noch viel mehr Gegenwehr gewünscht, gerade der Fokus der Beziehung war für mich der wichtigste Strang der Geschichte und hätte gerne noch mehr ausgebaut werden können. Die anderen Probleme drängen sich da einfach zu sehr in den Vordergrund und das hätte die Geschichte überhaupt nicht nötig gehabt. Es war einfach zu dick aufgetragen stellenweise. Neben Layken macht aber auch Will eine gute Figur, auch wenn man vergleichsweise wenig von ihm mitbekommt (logisch, das Buch ist ja auch aus Laykens Perspektive geschrieben!). Seine Art und gerade auch der Konflikt (da haben wir wieder die Gefühle!) waren sehr verständlich und gut beschrieben - dieses Hin und Her hat der Geschichte das gewisse Etwas gegeben und hat überraschenderweise nicht so sehr genervt, wie ich es vermutet hätte.
Schokolade und Buch liegen nah beieinander - das hat mir "Weil ich Layken liebe" einmal mehr bewiesen. Vor- und Nachteile haben natürlich beide und so bleibt auch die Geschichte um Layken und Will nicht ohne Kritikpunkte, aber irgendwie kann ich diese einem Buch, das ich in einer Nacht verschlungen habe, nicht so sehr übel nehmen. Lediglich die überfüllten und dick aufgetragenen Problematiken, die sich mit der Zeit derart anhäufen, dass man gar nicht mehr weiß, wovor genau man denn nun Angst haben soll, nerven auf Dauer und nehmen den Fokus von der, für mich, ohnehin schon problematischen Thematik. Davon mal abgesehen kann ich das Buch aber tatsächlich jedem ans Herz legen, der mal wieder eine Geschichte lesen möchte, von der er die Finger nicht lassen kann und die sich (mit einigen Tränchen) zwischendurch unglaublich gut inhalieren lässt. Nur am nächsten Tag solltet ihr nicht allzu viel vorhaben, denn ihr könnt euch sicher sein, dass ihr die Nacht durchmachen werdet. Unbedingt lesen! Warum? Weil ich Layken (und Will) liebe. Ein bisschen. Sehr.

  Colleen Hoover lebt mit ihrem Mann und ihren drei Söhnen in Texas. Ihren Erstling ›Weil ich Layken liebe‹ veröffentlichte sie zunächst als E-Book und stand damit sofort auf der New York Times-Bestsellerliste. Mittlerweile hat sie weitere Romane geschrieben, die allesamt eine große Fangemeinde haben und zu internationalen Bestsellern wurden. [via dtv]
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