Wie schön er ist.
Elena ist glücklich mit Rico. Rico ist glücklich mit Elena. Alles könnte so schön sein, wenn nicht dieser Tag käme, an dem Rico nach einem schweren Autounfall ins Koma fällt. Tag für Tag versucht Elena Rico zu beweisen, wofür es sich lohnt wieder aufzuwachen. Tag für Tag besucht sie ihn, in der Hoffnung, dass er wieder aufwacht, geht nicht zur Schule und vernachlässigt ihr eigenes Leben. Bis sie auf Ricos Computer eine Top Ten Liste der Dinge findet, die er gemacht haben will, bevor er "den Löffel abgibt". Und so fasst Elena den Entschluss, Ricos Liste abzuarbeiten und ihm jeden Tag von ihren Erfahrungen zu erzählen. Helfen lässt sie sich dabei von dem Krankenpfleger Tim, der nicht unbedingt die Höflichkeitsklischees erfüllt, ihr durch seine Ehrlichkeit aber neuen Mut gibt, für ihre Liebe und um Rico zu kämpfen.
"Was ich dich träumen lasse" ist eines jener Bücher, die einen wachrütteln, wenn man müde ist, schockieren, wenn man nüchtern ist und zum Lachen bringen, wenn man es am wenigsten erwartet. Es ist ein Buch mit doppelten Böden und diesem ganz besonderen Zauber, der sich Ehrlichkeit nennt und immer wirkt. Mit einer unglaubliche Intensität und einer fast nicht auszuhaltenden Authentizität hat "Was ich dich träumen lasse" mich berührt. Da, wo mich sonst nur bestimmte Lieder treffen, hat diese bestimmte Wehmut hervorgeholt, die sich gerne mal in den Alltag schleicht. So viel steckt in diesem dünnen Büchlein, das man meinen könnte, es müsste auseinanderfallen, ja, platzen, aber Moll versteht es, jedes Gefühl an die richtige Stelle zu setzen, jeden Gedanken im richtigen Moment einzubauen. Teilweise ist das Buch eine Ansammlung an austauschbaren Fragmenten, spielt mal in der Realität, mal in der Gegenwart und ist dabei mehr, als man denken könnte. Nicht nur jedes Wort, auch jede Figur ist eine Welt in sich, erzählt eine Geschichte.
Denn auch wenn man es denken könnte, es gibt mehr in diesem Buch als Rico, der im Koma liegt. Viel mehr geht es auch um Elena, die bis dato kein leichtes Leben geführt hat und einen eher schroffen und abweisenden Charakter hat. Ihre Einstellung kommt nicht von irgendwo, sondern ist tief in ihrer Vergangenheit verankert, die sie im Laufe des Buches aufarbeitet und die kaum explizit genannt wird, aber doch immer so, dass man sich denken kann, was sie alles durchgemacht hat. Im Gegensatz dazu ist Rico eine Frohnatur, ein Sonnenschein, der immer und überall das Gute sehen kann. Der krasse Gegensatz, der beide gleichzeitig trennt und verbindet war eines der Dinge, die mir besonders gut gefallen haben. Ebendieser wirkte so authentisch, weil sich die Liebe nicht aussucht, wo sie hinfällt und die merkwürdigsten Paare bilden kann. So stechen auch die Nebenfiguren stark heraus, gerade das Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen Elena und ihrer Mutter spielt eine tragende Rolle und war zeitweise besonders schockierend. Aber auch jede andere Figurenkonstellation wirkt
ehrlich und wichtig, als würde sie die Welt in sich tragen.
Das Buch lässt sich schwer in Worte fassen. Man muss es selbst lesen, es selbst erfahren und erleben. Selbst Elena werden und dieses Buch in sich aufsaugen. Selten habe ich etwas so gefühlvolles, ehrliches, trauriges und gleichzeitig herzerwärmendes gelesen, dass derart unter die Haut geht, sich mit Widerhaken ins Herz drängt und nicht mehr wieder heraus will. Selten habe ich so gehofft, während ich doch so sehr wusste, wie es ausgehen muss und selten habe ich mich so gefreut, endlich weinen zu können. An manchen Stellen hätte ich mir zwar fast gewünscht, dass Buch wäre noch ein wenig länger, um all die verschiedenen Beziehungen noch näher beleuchtet zu bekommen, aber letztendlich ist es doch genau diese Offenheit am Ende des Buches, die es so unter anderem so besonders macht. "Was ich dich träumen lasse" ist ein eigenes Universum und ich liebe es. Es vereint so viele Emotionen und Themen, in denen man sich verlieren kann und zeigt nicht nur die Schnelligkeit und Härte, sondern auch die Sonnenseite des Lebens.
"So laut, die Stunden nach dem Aufschlag als es galt,
dass alles, zu erfassen und verstehen und es war,
so laut, dass alles was wir dachten nichts als Leere zu uns brachte,
so laut und so verloren war es hier,
als Stille bei uns wohnte anstatt Dir." [Still - Jupiter Jones]
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