| script5 | Hardcover | 384 Seiten | €17,95 | Amazon |
Da ich ohnehin meist eine eher zwiespältige Beziehung zu Belitz' Figuren habe, war ich auch hier skeptisch - und leider hat sich meine Befürchtung schon nach wenigen Seiten bestätigt. Ronia ist definitiv keine leichte Protagonistin und sie ist auch Teil der Begründung dafür, dass ich mit diesem Buch nur mäßig viel anfangen konnte. Sie ist egoistisch, selbstgefällig und übertreibt ihr ganzes Leben maßlos. Mit ihren einundzwanzig Jahren benimmt sie sich zeitweise leider nicht sonderlich erwachsen, allerdings wäre mir ihre Art wohl auch gegen den Strich gegangen, wenn sie sehr viel jünger gewesen wäre. Ich wurde leider gar nicht mit ihr warm und wo wir dabei sind - auch mir Jan alias River kam keine wirkliche Bindung zustande. Nicht nur, weil man von ihm ohnehin nur wenig erfährt, auch, weil er einfach kein Mensch ist, den ich mögen würde. Seine Art und seine Lebensweise waren für mich durchweg befremdlich und - sagen wir, wie es ist - er war mir ziemlich gleichgültig. Ansonsten gibt es über die Figuren leider auch kaum mehr etwas zu sagen, denn irgendwie funktionieren sie nur in Kombination mit Ronia (gerade Johanna und Jonas) und sind wenig eigenständig. So fehlte dem Roman für mich die dreidimensionale und plastische Komponente.
Um auch einmal etwas positives zu sagen, muss ich anmerken, dass mir die erotische Ebene des Romans gut gefallen hat. Belitz hat ein Händchen für prickelnde Situationen und schafft es definitiv eine erotische Spannung aufzubauen, die in einigen Szenen gut umgesetzt wurde. Die wurde aber meiner Meinung nach durch die spirituelle, fast mystische, Atmosphäre und Ebene wieder zerstört, die auf mich nur allzu gewollt und einfach merkwürdig gestellt wirkte. Oder auch: Ich konnte einfach nichts damit anfangen. Die Kombination aus Belitz' Schreibstil, der sich wie ein schweres Parfum auf meine Haut gelegt hat, und dieser merkwürdig verworrenen Gefühlsebene konnte mich zu keinem Zeitpunkt erreichen - gerade auch, weil ich für die Figuren einfach so wenig übrig hatte, dass mich ihre Bindung schlichtweg nicht berühren konnte. Auf erotischer Ebene - ja, auf emotionaler Ebene - leider nein.
Zu den emotionalen Verstrickungen und dem ewigen Hin und Her der Gefühle, die zeitweise verständlich, auf Dauer aber einfach nur nervig waren, kommen noch allerlei Wendungen, die mir, einfach gesagt, einfach zu viel des Guten waren, sodass die Geschichte irgendwann nur noch überladen wirkte und Ronia nur minder sympatischer machen konnten. Ihre ganze Art, als wäre sie die Sonne und alles dreht sich um sie, kombiniert mit den vielen Schicksalschlägen, die sie noch viel engstirniger machen, konnten mir nichts geben und mich auch emotional nur wenig berühren. Hier wäre weniger durchaus mehr gewesen, obwohl das den Roman für mich wohl auch nicht mehr gerettet hätte. Ich würde zwar weiterhin Bettina Belitz lesen, auch wenn ich das Gefühl habe, nicht immer auf einer Ebene mit ihern Büchern zu sein - dennoch finde ich sie meins faszinierend und vielversprechend -, aber Vor uns die Nacht war einfach nicht meins - ganz und gar nicht.
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