Wie würde es nun wohl sein, ein (Jugend-) Buch von Kathy Reichs zu lesen? Einer Autorin, die a) die forensische Anthropologie aus beruflicher Sicht kennt wie kaum jemand anderes und b) die jene Romanfigur, an welche die besagte Bones aus dem Fernsehen angelehnt ist, zum Leben erweckt hat?
Tory Brennan, Nichte der bekannten forensischen Anthropologin Tempe Brennan, muss sich nach dem plötzlichen Tod ihrer Mom mit ihrem neuen Leben arrangieren. Nicht nur bedeutet das, sich gemeinsam mit Kit an eine neue, noch ungewohnte Vater-Tochter-Familie zu gewöhnen und die Gemeinheiten ihrer Mitschülerinnen zu ignorieren. Vielmehr macht Tory mit ihren Freunden Ben, Hi und Shelton eine unfassbare Entdeckung, welche die Teenager in eine Gefahr bringt, bei der es um Leben und Tod geht. Der Gegner ist skrupellos. Das Geheimnis, das es zu hüten gilt, ist erschreckend. Wie viel Zeit bleibt Tory und den Jungs, um ein längst verblasstes Verbrechen aufklären zu können?
Virals — Tote können nicht mehr reden ist der rasant-brisante Einstieg in eine Thriller-Reihe für jugendliche Leser aus der Feder von Kathy Reichs.
Hauptfigur Tory zeichnet sich durch Unbeschwertheit, Intelligenz und Entschlossenheit aus. Das Talent sich dadurch in brenzlige Situationen zu manövrieren inklusive. Dafür zu sorgen, dass sie bei ihren heroischen Unternehmungen nicht auf sich allein gestellt ist, ist Aufgabe ihrer Freunde Ben, Hi und Shelton. Ein Trio, auf das Tory zu jeder Tages- und Nachtzeit zählen kann. Welch glückliche Fügung! Eine freundschaftliche Verbundenheit, die sehr besonders ist.Das Netz dieses Thrillers wird aus zweierlei Fäden gewebt. Zum einen spielt die Aufklärung eines vier Jahrzehnte alten Mordes eine zentrale Rolle. Denn Tory & Co. haben sich auf die Fahne geschrieben, den mysteriösen Umständen der Vergangenheit auf den Grund zu gehen. Zum anderen kreiert Kathy Reichs einen weiteren Krisenherd, indem sie einen alles verändernden Virus ins Spiel bringt, der das Leben ihrer Protagonisten in ein Vorher und ein Nachher teilen soll.
Die, wie ich finde, angenehme Mischung aus jugendlichem (bisweilen ungestümem) Aktionismus, allgegenwärtigem Gerechtigkeitssinn und der tödlichen Gefahr prägen den Charakter dieses Buches. Eine gewisse Vorhersehbarkeit wird mit undurchsichtigen Ambivalenzen kombiniert und ermöglicht es dem Leser auf diese Weise, an der Seite von Tory und ihren Freunden auf Verbrecherjagd zu gehen.
Eine animalische Superkraft wird zum Gegenpol zu menschlichen Empfindungen. Darin eingeschlossen sind
der Wunsch nach Revanche, Machtbesessenheit sowie Angst vor verlorenem Ansehen. Ein (möglicherweise gewöhnungsbedürftiges) Fundament, das dem Roman einen Hauch Überlebensgroßes verleiht und zugleich beängstigend anmutet. Wenngleich der kriminalistische Fall für die Virals, so wie sich die vier Teenager nennen, ein abgeschlossener ist, so zieht sich ihre Fähigkeit fortan wie ein roter Faden durch all die folgenden Bände der Reihe.Der Fortgang des Romanes wird abwechselnd aus zwei Perspektiven wiedergegeben. Einerseits berichtet Tory als Ich-Erzähler. Andererseits tritt ein außenstehender Beobachter in Erscheinung, der den Blick aufs Gesamte bewahrt. Die kapitelweisen Übergänge gestalten sich unkompliziert und unterbrechen den Lesefluss keineswegs. Auch wenn ich ein, zwei Kapitel benötigt habe, um mich in die Handlung einzufinden, so ist der Gesamteindruck alles in allem äußerst positiv.
Insgesamt ein Buch, welches (jugendlichen) Spürnasen gute Ermittlerlaune beschert. Action und Ungläubigkeit treffen auf Hartnäckigkeit, und Rätselhaftes. Ein Potpourri, das nicht zuletzt durch allseits bekannte Episoden aus dem Leben Heranwachsender aufgelockert wird.
F★ZIT: Geheimnisvoll. Mehrdimensional. Gefährlich.