Rezension: "Vinland - Das Erwachen der Ynari" (Hoerspielprojekt)


Als der Sender Fox im Jahre 2003 den SF-Western Firefly aus der Feder von Joss Whedon präsentierte, brach diese Serie mit manchen Klischees, die zuvor für Space Operas prägend gewesen waren. So standen bewusst keine aufrechten Helden im Mittelpunkt, sondern man schilderte unter Rückbesinnung auf den Frontier-Geist 14 Folgen lang die Abenteuer einer zusammengewürfelten Truppe, die sich in den Randgebieten des kolonisierten Weltraums tagtäglich aufs Neue durchschlagen musste. Die Saga fand Ende 2005 mit dem Film Serenity einen würdigen Abschluss. Nun präsentiert Hoerspielprojekt mit Vinland – Das Erwachen der Ynari eine Produktion, die in manchen Belangen an Firefly erinnert, sich jedoch ihre Eigenständigkeit zu bewahren versteht. Wie üblich, so kann auch dieses Hörspiel kostenlos von der Website der Community heruntergeladen werden.
Die Rotmilan ist sicher nicht das schönste Schiff in den Grenzgebieten, denn es ist alt, klapprig. Die Crew jedoch hat es faustdick hinter den Ohren. Manch einer würde sie als Weltraumvagabunden bezeichnen, doch es sind gestandene Frauen und Männer, die um täglich ums Überleben kämpfen, fernab von Zivilisationen und staatlichem Schutz. Dass jeder Tag ein Abenteuer ist, lernen sie nur allzu schnell: Als sie einen mysteriösen Passagier zu einer Raumstation fliegen, schweben nur noch deren Trümmer im Weltall. Was ist geschehen? Urplötzlich springen unbekannte Raumschiffe aus dem Hyperraum und eröffnen das Feuer – die Crew ist in Lebensgefahr! Hier, weit draußen in den Grenzgebieten, ist der Weltraum noch richtig wild..... (editierter Klappentext)
Das Hoerspielprojekt steht aktuell ganz im Zeichen der Space Opera, denn in den vergangenen Wochen veröffentlichte man mit Aerophore 2, Triggers und nun Vinland gleich drei neue Produktionen aus diesem Themenkreis. Für Fans der SF natürlich ein Grund zur Freude, denn ansonsten wird man als Hörspielfreund mit Weltraumabenteuern im Moment nicht gerade überschüttet. Wie Joss Wheadon, so erteilt auch Autor Marco Ansing mit seinem Hörspiel Vinland der positiven Zukunftsvision eines Gene Roddenberry eine klare Absage. Statt friedlichem Nebeneinander bestimmen Habgier und Machthunger das Bild und wen es in die Grenzgebiete verschlägt, der muss schon einen triftigen Grund haben, denn diese Sektoren des Kosmos sind als Urlaubsziele denkbar ungeeignet. Hervorragend jedoch als Background für spannende Abenteuer. 
Rezension: Vinland kennt sein Vorbild, geht selbstbewusst mit ihm um und gibt sich ebenfalls eindeutig plotorientiert, wobei die Actionelemente zumeist im Vordergrund stehen. Die Charakterisierung der Figuren ist zwar recht plakativ bzw. holzschnittartig, erfüllt aber ihren Zweck, denn sie sorgt dafür, dass einem die Crew der Rotmilan mit ihrer unkonventionellen Art schnell sympathisch ist. Wer geschliffene Dialoge sucht, wird bei diesem Hörspiel nicht fündig werden, denn es wird geflucht was das Zeug hält, oder man handelt gleich nach der Maxime: Erst schließen, dann fragen. Und zum ausgiebigen Ballern gibt es während der insgesamt ca. 67 Minuten Spielzeit jede Menge Anlass. Das Erzähltempo ist hoch aber nicht gehetzt, sodass der Hörer jederzeit den Überblick behält. Für eine willkommene Abwechslung zu der ansonsten gradlinigen Struktur der Geschichte sorgt eine gut gemachte Flashback-Szene. Schön, dass der Autor hier auf minutenlange Expositionen in Form eines Monologs verzichtet hat, denn so sind die geschilderten Ereignisse wesentlich packender und interessanter. Natürlich enthält die Story eine Reihe bekannter Elemente, doch gibt es genug eigene Ideen, so dass sich sagen lässt, dass der Mix unterm Strich aufgeht. Außerdem ist es erfrischend, dass Vinland eine in sich abgeschlossene Geschichte erzählt.
Was die Sprecherinnen und Sprecher angeht, so wurde eine für Vinland gute Wahl getroffen, denn alle Beteiligten sind mit großem Einsatz bei der Sache. Herbert Ahnen als Kapitän Snive führt einen homogenen Cast an, zu dem außerdem noch Autor Marco Ansing als Pilot Dan, Ralf Searge Pappers als ängstlicher Ingenieur Frederik, Sabine Graf als Wissenschaftlerin Thaliana und Sandra Engel als schießwütige Waffenexpertin Aina gehören. Felix Würgler gibt als Außerirdischer Urshak wirklich alles. In weiteren Rollen sind Thomas Kehr, Marie-Christin Natusch , Achim Zien, Marco Rosenberg, Erik Albrodt und Frauke Hemmelmann mit von der Partie. Jan Schroeder ist als Sprecher des Intros und Outros zu hören.
Der Soundtrack von Tobias Wieduwilt und besonders seine Titelmelodie für das Hörspiel sind wirklich gelungen, der Einsatz der Musik jedoch nicht immer. Eremiophobie lautet der Fachbegriff für jene Angst vor Stille, die Cutter zeitweilig zu überfallen scheint und diese dazu bringt, auch Szenen mit Musik zu unterlegen, in denen es gar nicht nötig wäre. Auch Meinhard Schulte ist ist nicht frei davon, leistet sich ansonsten beim Schnitt ansonsten keine erkennbaren Schwächen [Korrektur: Die Entscheidung, welche Szenen mit Musik unterlegt wurden, traf der Regisseur] Die Soundeffekte sind gut gewählt und werden eindrucksvoll zur Geltung gebracht, denn in Vinland scheppert es ordentlich, wenn es zu Sache geht. Erfreulich ist auch die Tatsache, dass man sich entschlossen hat, auf eine Kompressionsrate von 320 Kbit/s zu setzen, weil dadurch der Sound deutlich an Kraft gewinnt. Herbert Ahnen und Karsten Sommer zeichnen für das gefällige Cover verantwortlich, das den Charakter des Hörspiels gut wiedergibt. Als Bonusmaterial gibt es ein lustiges Interview mit dem Außerirdischen Urshak, das man sich auf jeden Fall zu Gemüte führen sollte.
Vinland – Das Erwachen der Ynari ist eine ehrliche Haut, denn das Hörspiel verspricht nichts, was es nicht auch halten kann. Um die großen Fragen des Sein oder Nichtsein sollen sich andere kümmern, denn hier stehen Action, Spannung und der Spaß am Eskapismus im Vordergrund. Fans des grundsoliden Space Adventure sollten sich Vinland auf jeden Fall anhören.
Link 1: Download von Vinland bei Hoerspielprojekt   Zum Weiterlesen: Liste meiner anderen Rezensionen von SF-Hörspielen

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