Rezension: Und wieder Winter


Anja Schauberger – Und wieder Winter


Rezension: Und wieder Winter
“Und wieder Winter” bei amazon.de


Kurzbeschreibung:
„Annas Mutter hat Brustkrebs – und das nun schon zum zweiten Mal. Während ihre kleine Schwester Emma sich kaum dafür zu interessieren scheint, begleitet Anna ihre Mutter zur Bestrahlung, versucht, ihr zu helfen, wo es nur geht. Auch weil die 18-Jährige sich schuldig fühlt – hat sie ihrer Mutter in der Vergangenheit doch viel zugemutet. In der Gegenwart der Krankheit vergisst Anna jedoch nur allzu gern ihre eigene Zukunft. Zumindest bis Daniel auftaucht, der – anders als Anna denkt – nicht nur Augen für die hübsche Emma hat. Obwohl Anna skeptisch ist (Wie kann sich Daniel nur in sie, das unzufriedene Mädchen mit den viel zu kleinen Brüsten, verlieben?), gibt sie ihm eine Chance. Heimlich beginnen die beiden eine Beziehung und zum ersten Mal seit Langem ist Anna wieder glücklich. Aber ist das überhaupt erlaubt, wenn die eigene Mutter schwer krank ist?“
Für dieses Buch gibt es keine kurze Beschreibung!
Das würde ihm einfach nicht gerecht werden.
Ich habe einen kleinen Zettel mit wild durcheinander gewürfelten Notizen, mit all den Dingen, die mir während des Lesens auf der Seele brannten. Sie spiegeln in ihrem Chaos so gut das emotionale Durcheinander wider, was ich während des Lesens durchlebte.
Wenn ich mich für dieses Buch auf eine Stimmung festlegen müsste, so könnte ich das nicht.
Aber fange ich von vorne an.
Anna ist 18 und damit im gleichen Alter wie ich. Ich spürte eine mentale Verbindung zu dieser Figur, wie es mir sonst nur sehr selten geschieht. Natürlich fühlt man sich immer wieder auf die eine oder andere Art verbunden, nur dieses Mädchen in dem Buch gleicht sich an vielen Stellen mit mir selbst. Sie steht an einem Scheideweg in ihrem Leben. Mit einem Fuß hängt sie noch in der Teenagerzeit, andererseits möchte sie auch das Erwachsenenalter gefasst als das Ihre annehmen. Sie steht kurz vor dem Abschluss und hat noch keine konkreten Pläne für ihre Zukunft.
Anna war mir teilweise so nah und manchmal doch so fern. Denn obwohl sie doch ein ganz normales Mädchen mit scheinbar normalen Problemen ist, so lastet noch etwas anderes viel schwerwiegender auf ihrer Seele. Sie ist gefangen in dem Konflikt, einerseits für ihre Mutter da sein zu wollen und andererseits ihre eigenen Gefühle zu leben.
Es ist ein schwieriger Weg und die Autorin lässt nichts unbeschrieben mit ihrer so unverblümten Art und Wiese dem Kind einen Namen zu geben.
Der Stil ist schmucklos, aber eingehend. Man gewöhnt sich schnell daran und findet über die Art zu schreiben leicht Zugang in die Geschichte.
Anna verändert sich und muss lernen, mit diesen Veränderungen umzugehen. Nicht immer ist man mit allen Entscheidungen einverstanden, sonst wäre es ja langweilig. Aber auch die Fehltritte sind im Lernprozess notwendig.
Sehr einfühlsam und gleichzeitig nicht beschönigend findet Anja Schauberger Worte dafür, das Leben von Anna und ihrer Familie als Bild zu vermitteln.
Emma, die Schwester, wirkt oftmals kalt und verschlossen. Doch als Leser muss man sich Mühe geben und versuchen, einen klaren Blick durch die kleinen Risse in der Fassade zu wagen, die sich manchmal auftun.
Es ist schwierig, all die kleinen Dinge in Worte zu fassen, die das Buch noch lange in mir nachhallen ließen. Deshalb hier ein kleines Zitat, was ich mir beim Lesen sofort notieren musste.
Es unterstreicht beispielhaft die ungeschönte Authentizität von Anja Schaubergers Stimme:
„Ich könnte platzen. Platzen oder tanzen oder beides gleichzeitig. Während ich zur U-Bahn gehe, grinse ich alle Leute, die mir entgegenkommen, dermaßen an, dass einige von ihnen sich umdrehen und mit dem Kopf schütteln. Auf offener Straße angegrinst zu werden ist in Deutschland eben nicht ganz so gern gesehen wie miesepetriges Vor-sich-hin-Starren.“
(S. 106, „Und wieder Winter“)
Zahlreiche andere, lesenswerte Anekdoten verdienen es gleichermaßen genannt zu werden, aber dieses kleine Beispiel soll Lust auf mehr machen. Lust darauf machen, dieses Buch zu erleben, Anna zu erleben.
Ihr solltet es mit Anna in den Winter wagen.
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