|Rezension| "The Legion: Der Kreis der Fünf" von Kami Garcia



Als meine bloßen Füße in die feuchte Erde einsanken, bemühte ich mich, den Gedanken an all die Toten zu verdrängen, die unter mir begraben lagen.
Als die siebzehnjährige Kennedy Waters eines Abends nach Hause kommt, ist das Haus eiskalt, die Fenster offen und im Schlafzimmer auf dem Bett liegt ihre Mutter - die Augen leer und groß. Sie ist tot. Kennedy hat nun niemanden mehr auf der Welt und auf ein Internat wechseln. Bevor sie jedoch dazu kommt, wird sie im Schlaf von Etwas angegriffen, das sich später als Rachegeist entpuppt. In letzter Sekunde wird sie von den attraktiven Zwillingen Jared und Lukas gerettet, die ihr mitteilen, dass sie zu der Legion gehören - einem Geheimbund aus fünf Mitgliedern, die die Menschheit vor dem Dämon Andras beschützt. Da die fünf ehemaligen Mitglieder der Legion alle in einer Nacht ums Leben gekommen sind, müssen nun die Nachkommen ihren Platz einnehmen. Und dazu gehören nicht nur Jared, Lukas, Priest und Alara - sondern auch Kennedy. Laut den anderen ist sie das fünfte Mitglied, doch Kennedy gehört nirgendwo mehr hin...
Von einer der Autorinnen von "Beautiful Creatures"/"Sixteen Moons" erwartet an einen langsamen und ruhigen Schreibstil, der eher langatmig, dafür aber detailreich beschreibt. Vielleicht wollte Kami Garcia dieses Vorurteil wiederlegen, vielleicht ging der Stil in der Debütreihe der beiden Autorinnen auch einfach von Margaret Stohl aus - in "The Legion: Der Kreis der Fünf" jedenfalls ist von dieser Langatmigkeit jedenfalls nichts mehr zu spüren. Schade, denn das Tempo, das Garcia hier vorlegt, ist selbst für die actionreiche Geschichte von "The Legion" etwas zu viel des Guten. Zwar muss man sich nie Sorgen machen, dass auf irgendeiner Seite nichts geschieht, dafür lässt aber auch die Emotionalität stark zu wünschen übrig. Insgesamt ist die Geschichte durchaus flüssig geschrieben, liest sich aber allenfalls locker runter. Anspruch sieht jedenfalls anders aus. So bleibt auch die gute alte Atmosphäre irgendwann zwischen dem Geist auf dem Friedhof und der toten Mutter auf der Strecke und lässt zwar einige Gruselmomente zurück, dafür aber nichts, woran man sich erinnern würde.
Man nehme ein bisschen "City of Bones", vermische es mit "Supernatural" und schwupps: heraus käme wohl "The Legion: Der Kreis der Fünf". So eine Mischung kann entweder funktionieren oder sich als ziemlich haltlos herausstellen - im Fall von "The Legion" ist es für mich leider eher Letzteres. Wer jetzt denkt, dass sich eine Mischung aus "City of Bones" und "Supernatural" doch so schlecht nicht anhört: Recht habt ihr! Nur leider rutscht "The Legion" mehrmals auf dem schmalen Grat zwischen purer Unterhaltung und Emotionen aus, verheddert sich öfters mal und lässt den schnaufenden Leser irgendwann zurück, der sich permanent bemüht, überhaupt mitzukommen. Gegen Tempo und Spannung ist natürlich nichts einzuwenden, aber wenn das Buch einem ständig voraus ist, ist jegliches Tempo und jegliche Spannung nicht mehr viel wert. "The Legion" ist kein schlechtes Buch, das nicht, aber es bleibt in der Welle von immergleichen Jugendbücher für mich leider auf der Strecke und verharrt in der Ecke der Mittelmäßigen, bald Vergessenen.
Die Geschichte um Kennedy und die Legion ist permanent in Bewegung. Es gibt kaum einen Moment, in dem man als Leser so richtig verschnaufen könnte und das ist gleichzeitig einer der besten und schlechtesten Aspekte des Buches. Bewegung bedeutet Spannung, aber es bedeutet auch wenig Zeit, um sich den Figuren anzunähern und sie lieben zu lernen und genau da hat Kami Garcia mich dann leider verloren. Zwar liest man die meiste Zeit aufmerksam und gerne mit, aber für ein wirklich geniales Leseerlebnis fehlte mir einfach die Zeit, die Liebe zum Detail und die Reife. "The Legion" nimmt sich nämlich leider für wenig wirklich Zeit, was für den ziemlich geradlinigen Plot bedeutet, dass es relativ wenig Überraschungsmomente gibt und sich die Probleme der Jugendlichen in sekundenschnelle lösen. Jedes Problem, das auf der einen Seite erkannt wurde, wurde spätestens auf der nächsten Seite durch einen Zufall gelöst und da hat es sich Garcia doch ein wenig zu einfach gemacht. So wirkt die Geschichte gestellt und extrem konstruiert, "Aha"-Momente, die meist dazu führen, dass man noch mehr in die Geschichte eintaucht, gibt es nicht. Die Handlung bleibt blass und vorhersehbar und das obwohl sie doch so viel Potenzial gehabt hätte.
Schließlich gibt es mehr als genug Gruselmomente, die mich zwischendurch tatsächlich ein wenig paranoid gemacht haben und für viele kleine Schocker sorgen - mehr aber auch nicht. Mir fehlte die Atmosphäre, die der Geschichte noch das gewisse Etwas gegeben hätte und eine Protagonistin, die nicht immer nur jammert, weil sie nirgendwo dazugehört - denn ganz ehrlich, dieses Schema kennt man inzwischen. Kennedy ist zwar sympathisch und kommt gerad in der zweiten Hälfte des Buches aus sich heraus, bleibt aber relativ unzugänglich für den Leser. Mir fiel es schwer eine emotionale Bindung zu ihr aufzubauen und so bleiben auch die anderen Figuren ziemlich platt und blass. Gerade
die Zwillinge Lukas und Jared waren mir doch zu stereotypisch. Nach dem Motto "Guter Zwilling, böser Zwilling" wird hier ein geradezu vorhersehbare Handlungsstrang aufgebaut, der zwar versuchsweise mit Geheimnissen gespickt ist, letztendlich aber doch ziemlich unspektakulär bleibt. Nebenfiguren wie Alara und Priest, die extrem viel Potenzial hätten, werden leider zu wenig beleuchtet. Zwar könnte ich mir vorstellen, dass da in den Folgebänden noch einiges Unvorhersehbares geklärt wird, aber hier war mir das doch alles ein wenig zu einfach.
Prinzipiell eignet sich die Geschichte aber als nette Zwischenlektüre, die man sicherlich schnell inhaliert hat - wer allerdings mehr erwartet, wird vermutlich enttäuscht werden. Gerade die Figuren haben mich einfach zu oft an altbekannte Konstellationen erinnert und auch wenn das Buch ein schnelles Tempo vorlegt, fehlt es der Geschichte einfach an dem Zauber, den man beispielsweise in Garcias Debüt finden konnte. Die Geisteridee gefällt mir allerdings und ist gut ausbaubar, weswegen ich mir den zweiten Band der Reihe wahrscheinlich dennoch zulegen werde - irgendwie kann ich nicht glauben, dass das alles war, was Kami Garcia zu bieten hat - gerade wenn man sich "Sixteen Moons" ansieht, das mit derart vielen kreativen Ideen gespickt ist.
"The Legion: Der Kreis der Fünf" tritt für mich in den Kreis der Mittelmäßigkeit ein. Die Geschichte ist nichts Halbes und nicht Ganzes und bleibt hinter viel Tempo und konstruierter Spannung zurück. Viel Potenzial wäre da gewesen, genutzt wurde es für mich aber leider kaum. Garcia hat es sich hier oft viel zu einfach gemacht und einen unausgereiften Auftakt einer Reihe geschrieben, der lediglich auf viel Action aus ist, anderweitig aber nicht viel zu bieten hat. Wer (sehr!) kurzweilige Unterhaltung, eine relativ platte Handlung und ein paar kleine Gruselmomente für Zwischendurch sucht, sollte sich "The Legion: Der Kreis der Fünf" einmal ansehen, ansonsten kann ich das Buch (leider!) nicht empfehlen. Da ich aber von Kami Garcia irgendwie mehr erwarte, werde ich den zweiten Band vermutlich dennoch lesen.

„The Legion – Der Kreis der Fünf“ ist Kami Garcias neuer Roman. Vorher hat sie zusammen mit Margaret Stohl die Romanserie „Sixteen Moons – Eine unsterbliche Liebe“ geschrieben. Die Bücher stürmten die internationalen Bestsellerlisten, erhielten zahlreiche Preise, und inzwischen wurde „Sixteen Moons“ unter dem Titel „Beautiful Creatures – Eine unsterbliche Liebe“ von Hollywoodregisseur Richard LaGravanese verfilmt. Kami lebt mit ihrer Familien im kalifornischen Los Angeles. [via cbt]
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