Rezension: Teresa Präauer – Johnny und Jean (Wallstein, 2014)

Die junge österreichische Autorin Teresa Präauer (*1979), deren Romandebüt mit dem aspekte-Literaturpreis 2012 ausgezeichnet wurde, hat mit ‘Johnny und Jean’ die Geschichte einer aussergewöhnlichen Freundschaft zwischen Eifersucht und Bewunderung entworfen. Ein fantasievoller moderner Künstlerroman.

präauer

Johnny malt Fische. Er ist ein junger Kunststudent, den es aus der ruralen Tristesse immerhin mal in die zweitgrösste Stadt des Landes verschlagen hat, die er sich aber lediglich als Zwischenstopp auf seinem Weg nach New York vorstellt. Aus dem selben Kaff ist auch Jean in die zweitgrösste Stadt gekommen. Jean – der im Übrigen genauso wenig Jean heisst wie Johnny Johnny, denn auf dem Land heisst man so nicht – eilt aber bereits der Ruf voraus, ein kommender Star der Kunstszene zu sein. Alles, was Johnny sich für seine Zukunft erhofft und erträumt, scheint Jean bereits zu haben. Er ist der Freund (?), der immer schon vor einem da ist: Johnny entwickelt eine Freundschaft zu Jean, deren Basis ein wenig Neid und jede Menge blinder Bewunderung sind, eine ungleiche Lehrling-Mentor-Beziehung. Man könnte sie auch als Neuschreibung der biblischen JEsus-JOhannes-Geschichte lesen, die Parallelen sind gegeben (Johnny malt Fische!).

Als naiver Ich-Erzähler berichtet Johnny im Plauderton von seinen Offenbarungen. Er verstrickt sich in unglückliche amouröse Affären, kämpft mit seiner Kunst und mit Jean, wird in der Stille von den Herren Dalì, Duchamp und anderen Künstlern heimgesucht,die ihm ihren Rat erteilen. Er trinkt mit Jean Pastis und redet über den Maler Cranach, dessen Werk den Text wie ein roter Faden durchwirkt. Während Jeans künstlerischer Stern von Seite zu Seite höher steigt, verharrt Johnnys Kunststudentenleben lange Zeit in derselben Trance, bis endlich das kanadische Mädchen Louise, das er auf einem Interrailtrip kennen und lieben gelernt hat, ihn dem Glück ein Stückchen näher bringt und die Wende zum Guten einleitet… Jean indes taucht langsam ab, es zeigt sich, dass auch hinter den glamourösesten Fassaden verletzliches Leben haust…

Mit Louise arbeitet Johnny einen Sommer lang an einem Stop-Motion-Film, in dem sie selbst als zweidimensionale Marionetten aus Papier über den Bildschirm hüpfen. So zweidimensional wie diese Figuren ist einerseits die im Text dargestellte Kunstszene, deren Oberflächlichkeit und Willkür mit bisweilen bissiger Ironie geschildert werden. Autorin Teresa Präauer, die unter anderem Malerei studiert hat und als Illustratorin arbeitet – auch das Umschlagbild des Romans hat sie selbst gestaltet -, dürfte wissen, wovon sie spricht. Andererseits laufen auch die Protagonisten Johnny und Jean Gefahr zweidimensional zu erscheinen, was an Johnnys skizzenhaftem Erzählstil liegt, einem naiven, aber mit genauer Beobachtungsgabe gesegneten Parlando, das häufig in (als solches auch thematisiertes) Namedropping ausschweift.

Langweilig aber wird es nie: Es ist der immer wieder aufscheinende Humor, der das Buch letztlich zu einer höchst vergnüglichen Lektüre macht. Teresa Präauer hat ein feines Gespür dafür, kleine Motive einzuführen und diese gezielt zu repetieren: Eine Technik, in der Malerei und Literatur zueinanderfinden. Wenn auch dieses Porträt des Künstlers als junger Mann ab und zu in banalen Gefilden schwimmt, so erretten es der Witz und die Erfindungsgabe der Autorin stets vor dem Ertrinken. “Johnny und Jean” ist die Geschichte einer aussergewöhnlichen Freundschaft, ein humorvoller und rührender Künstlerroman.

Präauer, Teresa. Johnny und Jean. Göttingen: Wallstein 2014.


Eine sehr lesenswerte Rezension ist auch auf dem Blog Deep Read zu finden.


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