Rezension: Tanja Grandits – Gewürze

cover

Ich liebe ja Gewürze. Es ist immer faszinierend, wie eine Prise von diesem oder ein Löffelchen von jenem einem Gericht eine ganz neue Richtung geben kann. Trotzdem: oft genug bleibe ich im Alltäglichen stecken und greife auf die Gewürze zurück, die ich schon immer benutzt habe. Und ich nutze sie dann auch in der Art, wie sie üblicherweise benutzt werden.

Zeit für neue Impulse also. Die könnten ja von Tanja Grandits kommen. Sie kocht im Restaurant Stucki in Basel und kann aufgrund ihrer Gewürzküche immerhin mit zwei Sternen aufwarten.  Allerorten wird gerade begeistert nach ihrem Buch “gewürze” gekocht: bei diesem freundlichen Schweizer zum Beispiel, der auch schon das Privileg hatte, bei Frau Grandits zu essen. Auch hier ist man am werkeln, und dort bei der Kochpoetin auch. Da wurde meine Neugierde irgendwann übermächtig.

Entsprechend habe ich mich gleich über das Buch hergemacht, nachdem es im Briefkasten lag. Und mein Eifer hat seitdem nicht nachlassen wollen.

Der erste Eindruck stimmt schon mal froh – das Buch ist nämlich sehr schön aufgemacht. Das Layout ist hell, klar und übersichtlich. Es gibt ganzseitige Fotos von den Gerichten, das Rezept findet man auf der gegenüberliegenden Seite: links aussen die Spalte mit den Zutaten, das Rezept daneben. Die Fotos zeigen die Gerichte auf weißem Porzellan und konzentrieren sich so auf das Wesentliche.

Das Buch fängt an mit kurzen Tipps zu Lagerung und Verarbeitung von Gewürzen. Dann folgen Gewürz-Portraits. Die sind in geschmackliche Gruppen eingeteilt: Süße, Scharfe, bitter und sauer, anisartig, Blüten, Nussiges und erdige Gewürze. Die Beschreibungen sind sehr persönlich verfasst; die Gewürze werden mit einer Begeisterung beschrieben, die ansteckt. Das gefällt.

Der Rezeptteil ist unterteilt in Aperitif, Salat, Suppen, Fisch, Fleisch, Vegetarisches, Käse (ja, es gibt ein extra Käse-Kapitel!), Dessert und Gebäck. Die Rezepte sind präzise, aber kurz formuliert. Etwas Kocherfahrung kann hier nicht schaden. Die Schwierigkeitsgrade variieren – es gibt Einfaches wie die Kicherbsen-Tomaten-Minestrone, die Ihr unten findet, aber auch sehr ambitionierte Zubereitungen. Ich muss gestehen, dass ich mich an die Desserts nicht herangewagt habe –  die sind relativ komplex und bestehen aus mehreren Komponenten. Da muss ich auf einen günstigen Zeitpunkt warten, an dem die Patissière in mir erwacht :-) . Was mir sehr gut gefallen hat, ist, dass bei den Rezepten meist ein Gewürz der Hauptdarsteller ist. Klare Aromen statt Kuddelmuddel (wie bei Herrn Güngörmüs…), das spricht mich sehr an. In vielen Rezepten habe ich auch reizvolle Einzelelemente gefunden, die ich sicher in andere Gerichte einbauen werden: eine Miso-Hollandaise zum Beipiel, ein Zitronengelée, oder Koriander-Churros. Schön finde ich auch, dass das vegetarische Kapitel genauso liebevoll und phantasievoll gestaltet ist wie die Kapitel, die sich Fleisch und Fisch widmen. Das ist ja leider noch immer keine Selbstverständlichkeit.

Abschlossen wird der Rezeptteil durch ein Kapitel mit Grundzubereitungen. Hier findet man gewürzte Öle, Chutneys, Salzmischungen und andere Basics. Ein Register gibt es auch. Das ist leider nur nach Gang und Anlaß unterteilt. Ich hätte es praktisch gefunden, wenn es eine zusätzliche Unterteilung nach den verwendeten Gewürzen gegeben hätte.

erbsen-gazpachoFür die Erbsen-Apfel-Gazpacho mit Kreuzkümmel und Basilikum wandern blanchierte Erbsen zusammen mit Gemüsebrühe und Apfelsaft in den Mixer. Die Würze kommt von Kreuzkümmel, Fenchelsaat, Anis und Kardamom. Es gibt eine Einlage aus Apfelkügelchen und blanchierten Erbsen und eine Sauerrahm-Mousse mit Basilikum als Topping. Das Ganze war aromatisch ausgeglichen und wunderbar erfrischend.

dinkelfladen mit ajowanAjowan gehört zu den Gewürzen, die ich immer da habe und fast nie benutze. Warum eigentlich? Höchste Zeit, die Dinkelfladenbrote mit Ajowan auszuprobieren. Ich war mir nicht sicher, was für Mehl im Rezept mit “Dinkelmehl” gemeint war. Die Fladen auf dem Foto sehen vergleichsweise dunkel aus; also nahm ich Vollkornmehl. Der Teig war anfangs sehr fest; aber nachdem ich die Butter eingearbeitet hatte, wurde er schön elastisch. Das Ergebnis war klasse: ein kräftiges, würziges Brot, das trotz des hohen Vollkornanteils weich und fluffig war.

kartoffelchips, röstmandelnDass ich eine große Freundin salziger Knabbereien bin, habe ich ja schon mehr als einmal erwähnt. Insofern habe ich den “Aperitif”-Teil des Buches mit leuchtenden Augen gelesen. Die Kartoffelchips mit Schwarzkümmel mußte ich machen, die sahen auf dem Bild einfach zu unglaublich aus: hauchdünne, durchscheinende Fladen, die so gar keine Ähnlichkeit mit Kartoffeln haben. Des Rätsels Lösung: Kartoffeln, zu gleichen Teilen mit Wasser gekocht, gemixt und dann dünn auf ein Backblech gestrichen und im Ofen getrocknet. Die kleistrige Masse im Mixer ließ mich etwas die Stirn runzeln, und das dünne Ausstreichen war auch nicht so einfach – aber das Ergebnis waren hauchdünne, knusprige Chips. Klasse! Die gerösteten Mandeln mit Ingwer und Zitrone sind ungleich einfacher herzustellen. Und meinen Geschmack haben sie auch getroffen.

rote-bete-knäckeIm Grunde fällt für mich das Rote-Bete-Knäckebrot auch in die Knabberei-Abteilung. Ein einfacher Hefeteig, aufgehübscht mit Rote-Bete-Saft. Der gibt eine schöne Farbe (wenn mein Knäcke auch nicht so spektakulär pink war wie das im Buch) und eine leicht süßliche, erdige Note. Das ganze bekommt ein Topping aus Olivenöl, Fleur de Sel und Sichuan-Pfeffer. Schön würzig – das kann man einfach so wegknabbern, da braucht es keinen Aufstrich.

Blaubeersenf nach Tanja GranitsIch habe ja gesagt, dass es oft auch einzelne Komponenten aus den Gerichten sind, die mich gleich ansprangen. Der Heidelbeersenf aus dem Käse-Kapitel gehört dazu. Was zum Teil daran lag, dass wir uns beim Pflücken auf den Heidelbeerfeld stark übernommen hatten – Heidelbeerschwemme. Der Senf ist rasch gemacht, etwas scharf, ein wenig süß, und farblich ein echter Hingucker.

doradeDie in Pergament gegarte Bachforelle mit Ingwer und Chili war bei mir eine kleine Dorade. Dem Genuss tat das aber keinen Abbruch. Das Gericht ist sehr einfach zubereitet: der Fisch wird mit Chili, Ingwer, Schalotte und Knoblauch bedeckt. Darüber kommt ein vorher rasch angesetztes Würzöl und etwas Fleur de Sel. Das ganze wird in ein Backpapierpäckchen gesteckt und wandert in den Ofen. Das Ergebnis ist nichts anderes als himmlisch: ein auf den Punkt gegarter, zarter, saftiger Fisch mit einer herrlichen Würze. Tanja Grandits sagt, dass Basmatireis mit Koriandergrün gut dazu passt. Das stimmt :-) .

zucchiniburgerAls nächstes standen Zucchiniburger mit Kreuzkümmel auf dem Programm. Dazu gab es Paprika-Chermoula und Safran-Humus. Die Zucchini-Burger sind im Grunde eine Verfeinerung der Zucchini-Puffer, die ich schon oft gemacht habe. Die Masse aus geriebenen Zucchini, Feta, Ei und Panko wird zu Burgern geformt, paniert und gebraten. Das hat uns gut gefallen. Auch der Safran-Hummus war fein. Nicht so vom Hocker gerissen hat mich die Chermoula – da fand ich die Essigsäure etwas zu hervorstechend. Entsprechend blieb etwas Chermoula übrig. Am nächsten Tag schmeckte sie viel besser: da hatten sich die Aromen verbunden.

minestroneDie Minestrone mit Tomaten, Kichererbsen und Ajowan hatte ich ja schon bei der Kochpoetin bewundert. Der Eigennachbau hat uns hervorragend geschmeckt. Die Minestrone wird mit Hummus serviert. Das war dann das zweite Mal, dass ich Hummus nach Tanja Grandits gemacht habe – diesmal mit Ajowan. Und ich habe mich gefreut, denn genau das ist ja das Tolle an Gewürzen: der Ajowan-Hummus schmeckte ganz anders als der Safran-Hummus. Wer also genug Gewürze in der Schublade hat, der läuft nicht Gefahr, sich zu wiederholen.

briocheBrioche habe ich schon viel zu lange nicht mehr gebacken. Aber jetzt: die Ingwer-Limetten-Brioche ist so, wie eine Brioche sein soll: weich, flaumig und üppig. Neben Eiern und Butter kommt keine zusätzliche Flüssigkeit hinein. Allerdings habe ich mich nicht so ganz an das Rezept gehalten: 15 gr. Hefe auf 250 gr. Mehl bei einer Gehzeit von über 24 Stunden, das war mir zu viel. Ich habe 2 gr. Hefe genommen, das hat wunderbar funktioniert. Auch ist es keine gute Idee, den Teig wie im Rezept angegeben, 24 h im Kühlschrank ruhen zu lassen – durch den hohen Butteranteil wird er dort nämlich steinhart.

zitronen-ingwer-hühnchenDas Ingwer-Zitronenhühnchen entpuppte sich als Aromabombe – kein Wunder, denn es wird mit einer Ingwer-Zitronenbutter eingeschmiert, bevor es im Ofen landet. Gegen Ende der Garzeit bekommt es noch ein Mäntelchen aus Zitronenscheiben. Die empfohlenen Rosmarin-Kartoffeln haben prima dazu gepasst. Nicht ganz gepasst hat aber die Garzeit: das Hühnchen kommt bei 165°C in den Ofen und soll nach 45 min gar sein – meines hat länger gebraucht; so recht knusprig werden wollte es auch nicht. Und die Zitronen sind nach 5 Minuten Garzeit auch nicht so dekorativ verschmurgelt wie auf dem Foto im Buch….

lamm, tomatencouscousDie Lammkoteletts mit Sumach und Tomatencouscous stehen im Zeichen von Tomate und Sumach: Fleisch, Couscous und die dazu servierten glasierten Tomaten werden mit Sumach gewürzt. Das ganze ist harmonisch und aromatisch. Besonders gut hat mir gefallen, wie der Sumach das Aroma der Tomaten unterstützt. Ich glaube, hier gibt es in Zukunft keine Tomatensauce mehr ohne Sumach. Interessant fand ich, wie das Fleisch behandelt wird: Erst anbraten, dann ruhen lassen, dann im Ofen fertig garen. Das hat funktioniert, auch wenn meine Koteletts Hüftsteaks waren.

rote-bete-risottoDas Rote-Bete-Risotto mit Schafskäse und Zimt-Dukka kommt aus dem Veggie-Teil des Buches. Risotto mit roter Bete gibt es hier ja öfter, insofern war ich gespannt auf einen Vergleich.  Der fiel gut aus: der Feta passt gut zur Roten Bete; und die  Dukka gibt den letzten Kick. Schön fand ich auch, dass außer Weisswein und Gemüsefond zusätzlich Rote-Bete-Saft zum Garen benutzt wird. Das unterstützt Farbe und Geschmack.

Man könnte jetzt sagen, ich habe viel gekocht. Das stimmt auch; ich bin aber noch lange nicht am Ende….mein Buch ist voll mit kleinen Merkzetteln. Auf meiner Liste steht noch vieles. Die Spinattortellini mit Quark und Muskatblüte zum Beispiel, oder die Mais-Schalotten-Creme mit Mango-Polenta. Ich muss mich über das Käse-Kapitel hermachen und in einem ganz ruhigen Moment auch über das Kapitel mit den Desserts. Tanja Grandits hat mich mit diesem Buch in ihren Bann gezogen. Wer ausprobieren möchte, ob es ihm ebenso ergeht, findet das Buch direkt beim AT-Verlag. Dort kann man auch schon mal vorab im Buch blättern.


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