Autor: Kim Winter
Titel: Sternenschimmer
Teil einer Reihe? Ja, 1. Teil einer Trilogie.
Gebundene Ausgabe: 570 Seiten
Verlag: Planet Girl
ISBN-10: 3522502787
ISBN-13: 978-3522502788
Preis: 16,95€
Originaltitel: -
Genre: Science Fiction; Utopie; Dystopie; Jugendbuch
Themen: Außerirdische; Krieg; Zukunftsvisionen; Liebe; Flucht; Schutz; Lebenssinn; Toleranz; Schicksal
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Mich selbst ergriff eine merkwürdige innere Ruhe, während ich die Lider senkte und Abschied nahm.
Es herrscht Krieg auf dem Lichtjahre von der Erde entfernten Planeten Loduun. Kinder werden in Lagern gefangen gehalten und gefoltert, während die Erwachsenen skrupellos abgeschlachtet werden. Um einige der Kinder zu retten, nimmt die Erde Flüchtlinge auf und auch die siebzehnjährige Mia engagiert sich sozial und arbeitet in einem der Flüchtlingshäuser. Die fremdartigen Kinder von Loduun wachsen ihr mehr und mehr ans Herz und dann ist da auch noch Iason mit den graublauen Augen, der sie auf unbekannte Art und Weise anzieht und der sie nicht ausstehen kann. Als Mia mehr und mehr über die Außerirdischen erfährt, die den Menschen so ähnlich sind, kommt sie auch dem unnahbaren Iason immer näher und so merken beide nicht, wie sehr sie dadurch in Gefahr geraten...
Kim Winters Schreibstil ist eine bunte Mischung und ein abwechselnder Abtausch aus Umgangssprache, philosophischen Ansätzen und Poesie. Durch den lockeren, aber anspruchsvollen Stil schafft sie eine lebendige Atmosphäre, die bei der Thematik auch dringend nötig ist. Dabei schafft sie immer einen Ausgleich der Stimmung, die zwischen Ernst, Romantik und Spannung ständig schwankt. Humorvoll und bildhaft erzählt Winter von einer außerirdischen Liebe, wobei sich die Truhe des Kitsches auch das ein oder andere Mal öffnet, was ich allerdings nie als zu viel des Guten empfunden habe.
Die Tatsache, dass wir Menschen nicht die einzigen Lebewesen im Universum sein könnten, ist eine leicht bedrückende Vorstellung. In den meisten Filmen oder Büchern sind Außerirdische eher böser Natur, nur dazu da, um die Menschheit auszulöschen. Das Bild, was man von einem Außerirdischen hat, ist daher beim ersten Gedanken: Grün, großer Kopf, schwarze Augen und einfach komplett andersartig. Doch was wäre, wenn uns diese Außerirdischen gar nicht einmal so unähnlich wären? Wenn sie uns vielleicht sogar gleichen? Und wenn diese andere Spezies von einem anderen Planeten uns dann nicht einmal schaden möchte, sondern unsere Hilfe benötigt? Ich muss gestehen, dass ich bisher kein einziges Buch gelesen habe, in welchem Außerirdischen eine wirklich tragende Rolle gespielt haben, geschweige denn, von dem altbekannten Klischee, welches einem so oft vor die Nase gehalten wird, abweichen. Noch dazu ist die Erde in der Zukunft in den meisten Büchern ein eher düsterer Ort voller Gewalt und Kontrolle, sodass es in diesem Fall absolut erfrischend war, das genaue Gegenteil serviert zu bekommen.
So haben die Menschen in "Sternenschimmer" aus ihren verganenen Fehler gelernt und eine Gesellschaft geschaffen, die Rücksicht auf ihre Umwelt nimmt. In Kim Winters Version der Zukunft besteht die Erde aus einem einzigen Kontinenten, auf welchem die Menschen territorial und auch emotional näher zusammenrücken mussten. Zugegeben auf den ersten Blick wirkt das alles befremdlich und weit entfernt, doch ihre Welt begründet Kim Winter stets sehr verständlich und logisch, sodass man sich an vieles mit der Zeit gewöhnen kann. Auch ihre originelle Idee von einer fremden Intelligenz brauchte bei mir ein wenig, bis ich mich traute meine imaginären Fühler nach ihnen auszustrecken, um sie gänzlich greifen zu können. Der Einstieg in die Welt und die Geschichte fiel mir dementsprechend schwer, doch meine Hartnäckigkeit wurde letztendlich mit einer schönen und intelligenten Geschichte belohnt, die nicht nur unterhält, sondern auch Werte vermittelt.
So weit, so gut. Auf den Punkt gebracht, ist "Sternenschimmer" endlich mal etwas anderes. Thematik, wie auch Charaktere und Werte vermitteln etwas, sagen etwas aus und sind nicht nur sinnlos dahergeredet. Philosophische Gedankengänge und der Sinn des Lebens, sowie Schicksal werden in den Mittelpunkt chauffiert, denn ebendiese sind unabdinglich um die Existenz der Loduuner greifen und verstehen zu können. Zudem werden auch einige radikalere Ansätze vertreten, wie Mias beste Freundin Lena beispielsweise, die immer handelt, wenn ihr etwas nicht passt und die gemeinsam mit Mia gegen Tierquälerei agiert. Ich fand es sehr erfrischend, dass auch solche Themen einen Platz in der Jugendliteratur finden, auch wenn das natürlich nicht bedeutet, dass man all diese Ansätze als Leser vertreten muss.
Besonders die Charaktere machen dieses Buch zu einem ganz besonderen Werk. Im Mittelpunkt steht die lebendige Protagonistin Mia, der ich besonders viel abgewinnen konnte, weil sie nicht auf den Mund gefallen ist und sich einsetzt und engagiert. Sie ist, im Gegensatz zu viel zu vielen anderen Jugendbuchcharakteren, ein aktiver Charakter und obwohl das Buch ab der Mitte doch sehr kitschig wird, lebt sie nicht nur für ihre Liebe zu Iason, die sich in der Geschichte nach und nach entwickelt. Außerdem macht auch sie eine Entwicklung durch und versucht, andere Sichtweisen zu verstehen. Neben ihr ist Iason der tragende Charakter, der ganz besonders interessant ist. Trotzdessen, dass er all die Attribute aufweist, die ein männlicher Jugendbuchcharakter heutzutage eben zu haben hat und auch ganz gern mal etwas überromantisch wird, hat mich seine Andersartigkeit fasziniert und in den Bann gezogen. Es gab einfach so viel über ihn zu erfahren, dass es immer wieder Spaß gemacht hat, mit ihm in Kontakt zu kommen.
Besonders schön fand ich auch den Umgang mit den Kinder von Loduun, der immer sehr herzlich und warm war. Selbst als Leser hatte man irgendwie das Gefühl Teil der kleinen Gruppe zu sein und das Bedürfnis, die Kinder zu beruhigen, wenn sie Heimweh oder schlecht geschlafen haben. Was mich allerdings doch ein wenig störte, war die Tatsache, dass die Loduuner wirklich fast alles zu können scheinen, auch wenn sie wesentliche Dinge wie Kunst, Musik und Geschichten nicht kennen. Ansonsten haben sie übermenschliche Kräfte und waren daher für mich oft nicht komplett greifbar. Das ist auch mein einziger wirklich großer Kritikpunkt an dem Buch: Oft fiel es mir schwer komplett in der Geschichte abzutauchen, weil ich im Hinterkopf nie das Gefühl hatte, dass irgendetwas davon real sein könnte. Ich finde es bei Geschichten immer am schönsten, wenn man von ihnen aufguckt und sich wundert, dass man in seinem Bett sitzt und nicht das tut, was im Buch gerade beschrieben wurde. Das hat mir teilweise ein wenig gefehlt, auch wenn das gegen Ende immer besser wurde.
Ein absoluter Pluspunkt ist jedoch die Liebesgeschichte zwischen Mia und Iason, die sich ganz langsam entwickelt. Zwar hassen sich die beiden erst, aber das hat nachvollziehbare Gründe, sodass ich über dieses Klischee hinwegsehen konnte. Außerdem besteht eine schöne Chemie zwischen den Beiden, in die man sich gut hineinversetzen konnte. An Emotionen fehlt es daher auf keinen Fall und auch die Spannung, die sich ab der Mitte des Buches einstellt, hält sich konstant bis zum Ende. Auch die Informationen über Erde und Loduun sind immer geschickt eingewebt worden und sorgen dafür, dass man die doch manchmal etwas verwirrende Handlung gut verstehen kann.
Ob nun mit einem Flugschiff oder mit dem gedruckten Wort: Die Loduuner bringen frischen Wind in die Zukunftsszenarien, die so hartnäckig die Jugendliteratur überfallen haben. Mit Originalität, Witz und einer Portion Philosophie ist "Sternenschimmer" die richtige Mischung für junge Erwachsene, die nicht nur unterhalten, sondern auch Werte vermittelt bekommen wollen. Überirdische und aktive Charaktere, eine glaubwürdige Liebesgeschichte und eine schöne Atmosphäre sorgen dafür, dass man vom Schimmern der Sterne geblendet wird und so kleine Macken und Fehlerchen gerne verzeiht. Eine Geschichte, die Spaß macht, zum Schmunzeln und romantischen Seufzern verleitet und mit dem wunderhübschen Cover natürlich auch einen ganz besonderen Platz in Regal und Herz verdient.
Kim Winter, geboren 1973 in Wiesbaden, lebt mit ihrer Familie im Taunus. Nach einer Ausbildung zur Sozialarbeiterin, arbeitete sie im Pflegekinderdienst und in einem Waldkindergarten. Dann widmete sie sich voll und ganz ihrer Leidenschaft, die sie selbst als „Schreibsucht“ bezeichnet. Dem Wald ist Kim Winter übrigens noch immer sehr verbunden, weil sie dort neben einem Café in Wiesbaden am liebsten schreibt, und das immer mit Musik im Ohr. Außerdem spielt sie Theater, engagiert sich umweltpolitisch und kann es nicht lassen, Dinge zu hinterfragen. „Bei Ungerechtigkeiten weggucken, geht gar nicht.“ [via Lovelybooks]
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