Cover by AT-Verlag
Der Umschlagt ragte weithin sichtbar aus dem Briefkasten heraus, als wir nach Hause kamen. Ich holte ihn raus, machte ihn auf und fand ein Buch vor: Orient Express von Silvena Row. Nachdem ich es grob durchgeblättert hatte, ging die Begeisterung mit mir durch und ich änderte auf der Stelle den Speiseplan für das Wochenende.
Nun ist ja so, dass sich die Begeisterung, die sich beim ersten Blick auf ein Kochbuch einstellt, bei näherem Hinsehen auch wieder legen kann. Hier ist das nicht der Fall – auch nachdem ich das Buch durchgearbeitet und einiges daraus gekocht habe, bin ich nach wie vor begeistert.
Kommen wir zum äußeren Eindruck: das Buch ist wunderschön aufgemacht. Bei mir sind als erster Eindruck die stimmungsvollen Fotos von Jonathan Lovekin hängengeblieben, die einen auf der Stelle zu einer nahöstlichen Mezze-Tafel entführen. Im übrigen ist das Layout klar und übersichtlich. Das Buch bleibt aufgeschlagen liegen. Das Papier ist glatt, so dass man kleinere Spritzer auch mal schnell abwischen kann. Und das Register – nach Zutaten und nach Gerichten - ist ausführlich und gut gegliedert. All das finde ich wichtig, denn Kochbücher sind für mich Gebrauchsgegenstände.
Die inhaltliche Aufteilung des Buches ist ungewöhnlich. Nicht die Menuefolge gibt die Struktur vor oder die verwendeten Hauptzutaten wie Gemüse, Fleisch oder Getreide, nein, die verwendeten Aromen und Gewürze strukturieren das Buch. Das erste Kapitel widmet sich Za’atar und Safran, es folgen feuriger Chili und Kreuzkümmel, zitrusartiger Sumach (was mich besonders freut; ich bin ein großer Sumach-Fan) und Kräuter, Kardamom und Honig und schließlich Zimt und Blüten. Innerhalb der Kapitel findet man vom Salat bis zum Nachtisch die verschiedensten Gerichte. In einem weiteren Kapitel gibt es Rezepte für Grundzubereitungen und Beilagen wie Fladenbrot, Gewürzmischungen, Dips und Saucen mit Köstlichkeiten wie Tahini-Mayonnaise, Zitronen-Za’atar-Butter oder Zitronensauce mit Tahini und Sumach.
Kommen wir zu den Rezepten:
Dem Buch liegt die Idee einer Mezze-Tafel zugrunde. Man kann mehrere Gerichte zubereiten und für die Freunde zum Teilen auf den Tisch stellen. Entsprechend steht über den Rezepten der Hinweis: “Für acht zum Teilen”. Bei nächster Gelegenheit werde ich meine Freunde mit diesen Leckereien beeindrucken, aber nun habe ich einfach einzelne Gerichte für uns gekocht und dabei festgestellt, dass jeweils ein Gericht für unseren 4-Personen-Haushalt in der Regel genau richtig bemessen ist.
Nachdem ich das Buch durchgearbeitet hatte, war es gespickt mit Post-its. Ich hatte, gelinde gesagt, Schwierigkeiten, Prioritäten zu setzen. Alle Rezepte, die ich bisher ausprobiert habe, haben so, wie sie im Buch stehen funktioniert (was ja leider durchaus keine Selbsstverständlichkeit ist). Mein einziger Kritikpunkt ist der Kreuzkümmel. Ich liebe Kreuzkümmel, dennoch erschien mir die Verwendung in so manchem Rezept etwas zu großzügig. So kommen im Karotten-Orangen-Hummus auf 450 gr. Karotten 3 TL Kreuzkümmel; hier habe ich weniger genommen.
Die Zutaten sind größtenteils leicht erhältlich, wobei sich für einige Gewürze oder für Zutaten wie Tahin oder Granatpfelsirup der Gang zum türkischen Lebensmittelhändler oder zum Gewürzhändler lohnt. Es gibt erstaunlich viele Bärlauch-Rezepte, aber hier wird immer Ersatz vorgeschlagen. Viele bekannte Klassiker wurden neu interpretiert: So gibt es Gözleme mit Kaninchen oder Börek mit Safran und Krabben. Die Rezepte sind, wie der Titel verspricht, recht unkompliziert und meist schnell zubereitet. Eine 30-Minuten-Küche analog zu einem bekannten englischen Fernsehkoch allerdings sollte man nicht erwarten.
Ich habe fleißig gekocht:
Zuerst geb es ein Salatdressing mit Tomaten und Sumach: einfach und schnell gemacht und nicht nur ein wunderbarer Kick für Salate, sondern auch als Dip, finde ich.
Als Dips zum Grillen gab es Karotten-Orangen-Hummus und das Baba Ganoush nach Aleppo-Art. Den Hummus fanden wir klasse, das Baba-Ganoush kommt ohne Tahin aus. Hier ist die Version mit Tahin mir lieber. Außerdem hatten wir den Karottensalat mit Joghurt, der sehr fein war.
Obwohl ich beim Lesen des Rezptes mißtrauisch war, haben mich die Falafel mit Zucchini, die aus Kichererbsenmehl gemacht werden, restlos überzeugt.
Das Zucchini-Begendi hat Ähnlichkeit mit dem hier bereits verbloggten “Der Sultan war entzückt”. Zusammen mit dem Orzo-Linsen-Pilaw stand schnell ein zwar unfotogenes, aber glücklichmachendes Essen auf dem Tisch.
Die Gnocchi mit Kokos-Mascarpone-Sauce waren so gut, dass mein Mann beinahe nichts abgekriegt hätte. Und was für ein Glück, dass das Rezept für die dazugehörige Dukka mehr hergibt, als wir für die Gnocchi gebraucht haben.
Schließlich gab es noch ein Börek mit Blattgrün – auch ein wunderbares, schnelles Essen.
Ein paar Rezepte werde ich in den nächsten Tagen veröffentlichen.
Wie Ihr dem Artikel vermutlich entnommen habt, hat mich dieses Buch begeistert. Ich werde es sicher immer wieder aus dem Regal holen. Wer die orientalische Küche mag und auf der Suche nach neuen Ideen ist, wird den Kauf sicher nicht bereuen.
Vielen Dank an den AT-Verlag für die Überlassung eines Rezenionsexemplars.