"Silver Linings" ist definitiv ein Figurenroman, schließlich lebt er von seinen Charakteren - allen voran von Pat Peoples, dem Protagonisten, den man fast schon als Antihelden bezeichnen könnte. Schließlich war er eine Zeit lang in der Psychatrie und der Leser erfährt auch erst relativ spät, warum das so ist und für wie lange - ebenso wie Pat, denn der kann sich an kaum etwas erinnern, nur daran, dass er unbedingt die Auszeit mit Nikki beenden muss. Seine Gedanken drehen sich größtenteils um seine Frau und wie er sie zurückgewinnen kann, was anfangs noch verständlich und später immer verdrehter und unverständlicher für den Leser wird. Dabei liest er sich einmal quer durch die amerikanische Literatur (und meckert an der negativen Einstellungen von Plath, Hemingway und co.!) und trainiert seinen Körper bis zur Erschöpfung. Außerdem hat er einen sehr naiven, impulsiven und kindlichen Charakter, der konsequent ehrlich ist und nichts beschönigt. Hier hat mir allerdings eine Eklärung zu diesen Charakterzügen gefehlt - war er schon immer so oder ist er erst so geworden?
Zugegeben besonders klingt das erst einmal nicht und auf den ersten Blick wirkt die gesamte Geschichte auch eher durchschnittlich, ja, fast schon alltäglich, doch hinter und zwischen den Zeilen und Worten findet man so manches Thema, so manche Problematik, zwischenmenschliche Gefühle und ganz, ganz viel Leben. Vielleicht liegt es daran, dass ich (als absoluter Mannschaftssportnewbie) sogar die vielen Szenen (und es sind wirklich viele!), in denen es um Football geht, ertragen und sogar irgendwie als "verbindend" empfunden habe. Dennoch war ich froh, dass das Spiel an sich nicht detailliert beschrieben worden ist - viel mehr ging es um die Art und Weise, was die Auswirkungen eines solchen Gemeinschaftsgefühls ist und wie Pat das einige Menschen näher gebracht hat.
Die Liebesgeschichte zwischen Pat und Tiffany, die eigentlich gar keine richtige Liebesgeschichte - zumindest nicht im konventionellen Sinne - sondern anfangs eigentlich nur eine ziemlich verkorkste Freundschaft ist, hält sich eher im Hintergrund und erzählt wie zwei Menschen, die große Verluste hinter sich haben und gleichermaßen psychisch nicht ganz so stabil sind, lernen, wieder richtig zu leben. Das schöne hierbei ist einfach die besondere Art der beiden Figuren, die beide sehr komplex
Als negativ empfand ich lediglich die Tatsache, dass die Beziehung zwischen Pat und Tiffany gegen Ende dann irgendwie schnell abgehandelt wurde und der Silberstreifen, den Pat sich erträumt hatte, zwar schon erkennbar, aber irgendwie noch in etwas weiterer Ferne zu sein schien - was zum Werk passt, aber doch irgendwie schade ist, weil man Pat das so sehr gewünscht hat. Außerdem hätte ich gerne eine größere Entwicklung seitens Pats Vater gehabt, weil mir auch das nicht wirklich aufgelöst erschien, aber vielleicht sollte das tatsächlich so sein - schließlich bekommt Pat oft genug zu hören, dass das Leben eben kein Film ist und dass man lernen muss, dass man den Silberstreif nicht immer sehen kann, auch wenn man es noch so sehr will.