Rezension: Serviert von Roland Trettl

Früher habe ich Bücher geradezu verschlungen. Die Büchereien der Umgebung waren nie lange vor mir sicher und ich konnte Bücher in minimaler Zeit lesen – nicht, weil ich musste, sondern weil ich einfach keiner dieser Langsamleser war und bin (was keine Wertung ist). Dann, irgendwann wurde das aber immer weniger… Ich las Mathematikbücher über Tropische Geometrie, über Zahlentheorie und alles Mögliche andere, was mir in die Finger fiel. Und seit ein paar Jahren lese ich nun vor allem Kochbücher. Die Art des Lesens ist bei diesen drei „Gattungen“ auf jeden Fall unterschiedlich und so geschah heute etwas, was tatsächlich schon länger nicht mehr der Fall gewesen war (gut, es gab drei Ausnahmen in diesem Jahr, dazu unten mehr): Die Postbotin brachte mir ein Nicht-Kochbuch und ich habe es im Laufe dieses Tages gelesen. Ich konnte einfach nicht anders, immer wieder nahm ich es zur Hand und nun möchte ich euch von diesem Werk berichten.

Was mir die Postbotin da Magisches brachte? Das Buch „Serviert“ von Roland Trettl! Ja, es geht um etwas Kulinarisches, sonst würde es nicht so gut in diesen Rahmen passen, aber es ist kein Kochbuch.

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Aber wie soll ich das Buch beschreiben… Fangen wir mal beim Autor an: Viele werden sicher schon einmal von ihm oder zumindest vom Hangar-7 gehört haben. Roland Trettl gelang das eigentlich Unfassbare: Nach seiner Kochlehre schaffte er den Sprung in die „Aubergine“ von Eckart Witzigmann, auch im „Tantris“ arbeitete er anschließend. Später zogen Trettl und Witzigmann gemeinsam das „Ca’s Puers“ auf Mallorka und ein Restaurant in Tokio hoch. Im Anschluss daran ging es für beide direkt in den „Hangar-7“, wo es das Konzept ist, dass jeden Monat ein anderer Koch zu Besuch ist und diesen Monat nur sein Menü gekocht wird. Dadurch bekommt man Speisen von Top-Gastronomen in Salzburg serviert. Irgendwo im Buch schreibt Trettl, dass einige Jahre auch immer Trettl mit drin war, wenn Witzigmann drauf stand. Und wenn man das von sich behaupten kann, hat man als Koch wohl einiges erreicht.

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Trettl beschreibt in seinem Buch aber nicht die meiste Zeit seine Arbeit für den Hangar-7 (auch wenn sie immer wieder durchscheint), sondern er schreibt über seine Kochkollegen, denkt darüber nach, ob / warum so viele Choleriker darunter sind, es so wenig Frauen in den Spitzenregionen gibt, regt sich über anachronistische Salatbuffets und den Duktus der Allwissenheit von Sommeliers auf. Dabei nennt er – und ich finde das für den Lesefluss sehr angenehm – Namen, er ergeht sich nicht in Andeutungen, sondern nennt Köche, über die er schreibt, beim Namen. Das ist mit Sicherheit nicht immer schmeichelhaft für den Beschriebenen, aber das möchte der Autor auch gar nicht sein.

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Aber er äußert nicht nur Unmut: Über Yotam Ottolenghi schreibt er beispielsweise, dass er sich im NOPI fühlt, als wenn ihn dort 7 Großmütterchen bekochen würden – was für ihn ein Riesenlob ist, wie er selbst betont. Auch die Leistungen von Jamie Oliver und Tim Mälzer erwähnt er ausdrücklich – den Spaß und die Freude am Kochen, den die beiden vermitteln können, sei sehr viel wert.

Rezension: Serviert von Roland Trettl Rezension: Serviert von Roland Trettl

Auch über Food-Blogs äußert er sich übrigens: So richtig positiv allerdings nicht, was ich aus seiner Sicht sogar verstehen kann. Natürlich ist es schwierig, dass jeder, der möchte, etwas über einen Restaurantbesuch oder ein Essen schreiben kann. Jeder kann bewerten, kritisieren, verreißen oder loben. Eine Ausbildung oder Fachwissen wird dafür nicht vorausgesetzt. Wovon ich auch wenig halte, sind Portale, auf denen man anonym Restaurants in die Pfanne hauen kann. Wenn ich allerdings ein Restaurant besucht habe und darüber hier berichte, finde ich das nicht schlimm. Ich würde mich nie auf die gleiche Stufe wie die Autoren des Feinschmecker stellen, Menschen wie Jürgen Dollase sind unbestritten Kenner und haben eine weitaus größere Kompetenz als ich. Aber: Die allermeisten Restaurantbesucher sind eben auch nicht auf diesem Niveau und das müssen sie auch nicht. Essen soll doch (aus meiner Sicht) vor allem eines: Gut schmecken. Und ob es mir geschmeckt hat und warum, das kann auch ich sagen. Außerdem glaube ich schon, dass es eine Wechselwirkung zwischen vielen Blogs, vielen Koch-Shows im Fernsehen und Restaurantbesuchen gibt. Wenn das Interesse an guter Küche insgesamt groß ist, profitieren eben auch die Köche davon.

Übrigens gibt es im Buch sogar ein paar Rezepte von verschiedenen Starköchen. Allerdings sind es nicht viele und alle sind sehr aufwändig und alles andere als alltagstauglich. Trotzdem ist dieser Zusatz natürlich toll. Ebenfalls super finde ich, dass jede der Anekdoten sehr pointiert und kurz erzählt wird, das macht das Buch auch zu einem wunderbaren Begleiter in der Bahn oder ähnlichem.

Mein Fazit: Das Buch wird seinem Titel aus meiner Sicht absolut gerecht: Es ist eine Streitschrift. Insofern, als dass sicher einige andere Köche die Einschätzungen von Roland Trettl nicht teilen und schon gar nicht laut sagen würden. Der Autor versteht es, den Leser mit hinter die Kulissen der Spitzenküche zu nehmen, erzählt immer kurzweilig und das ganze Buch ist im Prinzip eine Sammlung von Anekdoten. Als Leser hatte ich das Gefühl mit in den Gedankenfluss von Trettl gerissen zu werden und sah die beschriebenen Situationen geradezu bildlich vor mir. Ein spannendes und unvergleichliches Buch!

Falls jemand noch ein Buch für einen begeisterten Koch (ob Hobby oder Profi ist egal) sucht, sollte dies in Betracht ziehen – die Buchhandlung eures Vertrauens kann es euch sicher noch vor Weihnachten besorgen.

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Das Buch „Serviert“ von Roland Trettl umfasst gute 230 Seiten, kostet 22,99 Euro und erschien im Zabert Sandmann Verlag.

Vielen Dank für die Bereitstellung als Rezensionsexemplar.


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