Rezension | Selbst wenn du mich belügst von Jessica Alcott

Von Paperdreams @xGoldmarie

cbt | Hardcover | 416 Seiten | €16,99 | Even When You Lie To Me | Kaufen?


Die 17-jährige Charlie fühlt sich nicht besonders wohl in ihrer Haut. Ganz anders als ihre hübsche und überall beliebte Freundin Lila steht sie nicht gerne im Mittelpunkt. Lieber vergräbt sie sich mit ihren Büchern. Keiner versteht sie und schon gar nicht ihre Mutter – findet Charlie. Doch dann kommt der neue Englischlehrer Mr Drummond an die Schule und bringt die Mauern von Charlies Welt ins Wanken. Mr Drummond ist klug, witzig, sexy und der Einzige, der wirklich begreift, was Charlie bewegt. Und sieht er sie nicht manchmal ganz seltsam an? Aus Nähe wird Liebe. Eine Liebe, die nicht sein darf. Bis zu dem schicksalhaften Tag, an dem Charlie achtzehn wird und beschließt, alle Tabus zu brechen.

Wer eine prickelnde und tiefgehende Lektüre erwartet, liegt hier gleichzeitig richtig und falsch. Wer eine leicht erotisch anmutende Lehrer-Schüler-Geschichte denkt, wenn er dieses Buch sieht, hat recht - und auch wieder nicht. "Selbst wenn du mich belügst" ist all das und irgendwie auch wieder nichts, denn in dieser Geschichte mit den ruhigen Tönen und der etwas weltfremden Protagonistin geschieht tatsächlich nicht sonderlich viel - aber zwischen den Zeilen eben doch alles. Charlies Geschichte ist ebenso nichtssagend wie faszinierend und ebenso alltäglich wie außergewöhnlich. Und dennoch klebt man am Buch und kann nicht aufhören zu lesen. Ob das an den Erwartungen hängt, die man aufbaut und die die Geschichte durchgehend weiter nährt, aber auch ebenso oft wieder fallen lässt, oder der Tatsache geschuldet ist, dass sich das Buch so flüssig lesen lässt, weiß ich nicht genau. Ich weiß nur eines: dass ich nicht weiß, was ich von dieser Geschichte halten soll.

Die Grundidee ist schnell erklärt und relativ simpel gehalten: Charlie ist eher eine Außenseiterin, sie fühlt sich unattraktiv und langweilig, vor allen Dingen neben ihrer besten Freundin Lila, die hübsch und beliebt ist und von den Jungs umschwärmt wird. Als dann der neue Lehrer für Literatur an ihrer Schule anfängt, ist Charlie sofort Feuer und Flamme für den smarten und coolen jungen Mann, der sehr freundschaftlich mit seinen Schülern umgeht. Und dann geht es los. Die Schwärmerei. Wobei es in meinen Augen fast schon an eine Obsession grenzte und Charlie Mr Drummond an manchen Stellen beinahe gestalkt hat. Nebenbei werden ihre Beziehungen zu ihren Eltern und ihrer besten Freundin beleuchtet, was ich besonders spannend fand, da es hier ab und zu sehr kriselt, gerade auch im Zusammenhang mit ihrer Schwärmerei. Ihre Beziehung zu Mr Drummond ist zwar der Haupthandlungsstrang der Geschichte, doch sie ist nicht aktiv präsent, sondern findet größtenteils in Charlies Kopf statt.
"Ich mag dich auch, Charlie", sagte er. "Selbst wenn du mich belügst". [S. 63]
Und das ist gleichzeitig mein größter Kritikpunkt und mein Highlight des Buches, DENN ich finde es ehrlich gesagt erfrischend, dass das Buch so zaghaft und leise bleibt und das Thema Lehrer-Schüler-Verhältnis nicht so ausschlachtet, wie es bei vielen anderen Büchern ist. Andererseits hat man oft auch das Gefühl, dass das Buch einem Erwartungen gibt, die nicht erfüllt werden und so fühlt man sich teils, als würde man um den heißen Brei herumlesen und stattdessen eine lauwarme Brühe serviert bekommen. Vielmehr als ein Roman über ein Lehrer-Schüler-Verhältnis, ist "Selbst wenn du mich belügst" eine Geschichte über das Erwachsenwerden und eine Figur, die sich noch lange nicht selbst gefunden hat und ihr Glück einfach nicht selbst in die Hand nimmt. Sie ist im Grunde der typische Teenager und so ist dieses Buch aus dem Leben gegriffen, wenn auch mit einigen Extras. Ich war stellenweise süchtig und konnte diese Geschichte nicht aus der Hand legen, aber ich glaube auch, dass man "Selbst wenn du mich belügst" auch schnell wieder vergisst.