[Rezension] Sehnsucht nach Zimtsternen (Katrin Koppold)

Von Creativityfirst
Katrin Koppold: Sehnsucht nach Zimsternen 

Nachdem ich bereits Helgas und Fees Geschichte kenne, durfte ich mir nun natürlich keinesfalls den dritten Band der Sternschnuppen-Reihe und damit Lillys Porträt entgehen lassen. Denn inzwischen fühle ich mich beinahe schon selbst ein klein wenig wie ein Mitglied der liebenswert-chaotischen Familie Baum.
Bisher bestach die Autorin durch zwei Vorgängerbände, die mich trotz oder gerade wegen variierender Grundstimmungen jeweils für sich gewinnen konnten. Umso gespannter war ich auf die Begegnung mit Lilly.
Nicht vergessen möchte ich das Dankeschön an Katrin Koppold für die nette Bereitstellung einer eBook-Ausgabe ihres Buchs!
Bild: katrinkoppold.de

~ Rezension ~
Die herbe Süße des eigenen Traums

Lilly liebt Märchen, solange sie denken kann. Die schönsten Kindheitserinnerungen verbindet sie mit den gemeinsamen Märchenstunden in Familie. Doch mittlerweile steht Lilly mitten im Leben. In einem Leben, das es momentan alles andere als märchenhaft mit ihr meint: Zuerst trennt sich ihr Mann Torsten überraschend von ihr. Dann muss sie sich der unbequemen Wahrheit stellen, dass ihr Vater längst nicht über die Trennung von ihrer Mutter hinweggekommen ist. Und schließlich steht auch noch das Wiedersehen mit Anton, ihrer unglücklichen Jugendliebe, bevor. Lilly fühlt sich vollends überfordert. Einziger Lichtblick: der attraktive neue Nachbar. Kaum sieht Lilly allerdings Licht am Ende des Tunnels, bricht die Welt erneut über ihr zusammen. Der Moment für den Ritter in schimmernder Rüstung ist endgültig gekommen! Ein Ritter, der Lilly die geliebten Zimststerne backt.


Bei Sehnsucht nach Zimsternen von Katrin Koppold handelt es sich um den dritten Teil der Sternschnuppen-Reihe. Dieser kommt im Gewand eines liebevoll geschriebenen Romans, dessen Zuckerguss der Hauch von Märchen ist, daher.

In diesem Teil wird die Geschichte der dritten Schwester aus dem Hause Baum erzählt. Lilly ist eine Protagonistin, die, ungeachtet aller Unebenheiten des Lebens, den Mädchentraum vom Happy End à la Brüder Grimm partout nicht loslassen möchte. Sie hat es perfektioniert, sich von Unannehmlichkeiten zu distanzieren. Zugleich ist sie nach wie vor die nette, nicht rebellierende Tochter, Schwester und Frau. Bis sich die Schatten der Vergangenheit nicht mehr aussperren lassen und Lilly wie einen Fluch einhüllen. Eine gefühlsbetonte Zuspitzung der Ereignisse und Verkettung verschiedener Schicksalsstränge werden von Katrin Koppold in gewohnt nahbarer Weise kreiert.

Lilly zur Seite gestellt wird ein Reigen prägnanter Charaktere: Vom nerdig-legeren Nachbarn über die berechnende Schwiegermutter bis hin zum Womanizer-Mitbewohner erfüllt jede der Figuren ihr Rollenbild — mal mit köstlichen Klischees,mal mit würzigem Überraschungsmoment verziert.

Was mich einmal mehr begeistert hat, ist die Atmosphäre, die Katrin Koppold mit dem von ihr angeschlagenen Ton geschaffen hat. Ihr gelingt es, eine glaubwürdige Balance zwischen lieblichen "Und wenn sie nicht gestorben sind, ..." und der ernsthaften Seite des Strebens nach Glück zu schildern. Selbstverwirklichung, Schicksalsschläge und Selbstreflektion werden zu den Strähnen, aus denen die Autorin einen ansehnlichen Rapunzelzopf flicht. 

Dynamisch und zugleich mit Bedacht wurde der Handlungsverlauf gestaltet. Während die Nuancen Blauäugigkeit und Selbstmitleid Lillys in den einen Passagen überwiegen, werden sie an anderer Stelle durch Entschlossenheit und Wagemut der Protagonistin ersetzt. Hinzu kommt der ganz normale Wahnsinn in der Familie Baum, der für reichlich Zündstoff sorgt und dem charakteristischen Zimt in den Zimtsternen entspricht.

Die Emotionalität der Geschichte ergibt sich aus der Summe vieler einzelner einschneidender Erlebnisse und Lebensphasen. Eine gewisse Hin- und Hergerissenheit wird geschaffen. Distanz und Nähe, Schockstarre und Lebenshunger, Vergangenheit und Zukunft — ein Potpourri aus Gegenspielern, die den Weg Lillys und ihrer Begleiter prägen.

Alles in allem ein Werk, das es versteht, das Märchenhafte in die Realität zu überliefern. Mit Fingerspitzengefühl und Know-how hat Katrin Koppold das Rezept für einen gelungenen Roman abgeschmeckt.
FZIT: Verspielt. Bittersüß. Hellwach.