[Rezension] Scheinwelt (Michael Linnemann)

[Rezension] Scheinwelt (Michael Linnemann)Michael Linnemann: Scheinwelt

Nachdem mich Michael Linnemann selbst auf das Erscheinen seines neusten eBooks aufmerksam gemacht hatte (ein Dankeschön dafür!), blieb mir — schon allein rein genretechnisch — kaum etwas anderes übrig, als mich in eine kriminalistische Scheinwelt zu begeben. Mit der sich wieder einmal bestätigten Erkenntnis, dass nicht alles, was glänzt, Gold ist. Denn dem Autor ist ein Krimi am Puls der Zeit gelungen, der aufhorchen lässt. 


Cover: M. Linnemam

~ Rezension ~
Heiliger Schein oder scheinheilig?


Gestern übertrafen sich die aufstrebende BKA-Beamtin Jennifer Dachs und ihr Kollege Lukas Moll noch gegenseitig mit nicht ernst gemeinten Spitzen. Heute sieht sich Jennifer mit der gewaltsamen Entführung Lukas' konfrontiert. Als neuer Partner wird ihr Arnold Schleiser zugewiesen. Ein Kollege, dessen Steckenpferd Täterprofile sind, der sich aber selbst kaum in die Karten schauen lässt. Schnell steht das Team vor einem großen Rätsel. Denn die mehr als offensichtliche Spur deutet auf einen verurteilten Raubmörder hin. Kann es tatsächlich sein, dass die Polizei bei dessen Festnahme die Wahrscheinlichkeit eines Komplizen zu rigoros ausgeschlossen hat? Jennifer und Arnold begeben sich auf erneute Spurensuche, wobei der dreiste Entführer ihnen stets einen Schritt vorauszueilen scheint. Bald schon heißt es schließlich: Alles oder nichts!
Michael Linnemanns Krimi Scheinwelt bildet den Beginn einer neuen einschneidenden Krimi-Reihe des Autors. Dabei werden Fährten zu geschickt gelegten Fallstricken und Fallstricke zu unerwartet viel versprechenden Fährten.

Mit Jennifer Dachs und Arnold Schleiser erweckt der Autor ein Ermittlerduo zum Leben, das sich durch seine Gegensätze ergänzt und dem dennoch nie eine vollkommene Überwindung vorhandener Distanzen gelingt. Denn neben der beruflichen Höchstleistung, die in jener bisher brenzligsten Situation in Jennifers Karriere gefordert wird, sorgen jeweilige persönliche Ballaste dafür, eine professionelle Abgeklärtheit aufrechtzuerhalten.

Das von Michael Linnemann kreierte Verbrechen besticht durch eine Reichhaltigkeit an ausgeklügelten Details, gewiefter Doppeldeutigkeit und nicht selten vorhandenen Wirrungen. Ich als Leser fühlte mich mehr als angesprochen, mich selbst auf Spurensuche zu begeben.

Die Entwicklung der Handlung gleicht einem Hindernislauf, während dem sich einige unerwartete Falltüren ebenso auftun wie ein paar Strickleitern, die unverhofften Aufstieg ermöglichen. Der gezogene Spannungsbogen unterstreicht die Dringlichkeit des zu lösenden Falls und gipfelt in einer Offenbarung, die zum einen schockiert, zum anderen nachdenklich stimmt.

Der Stil der erzählten Geschichte spiegelt die Dynamik und das Ping-Pong-Match der einander (mehr oder wenig zielkonkret) zugespielten Informationen gut wider. Ohne großartige rhetorische Schnörkel, stattdessen mit inhaltlicher Raffinesse, die weite Bögen schlägt, begegnet der Autor seinem Leser.

In der Summe ein Krimi, der durch die besondere Formatierung einer kompakten Wahrscheinlichkeitsrechnung charakterisiert wird. Zündstoff bilden dabei sowohl die gelösten als auch die ungelösten Fragen, die schnurstracks auf eine Fortsetzung zusteuern.
FZIT: Ausgetüftelt. Komplex. Beängstigend.


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