Rezension: Schändung v. Jussi Adler Olsen

Von Buecherdiebin

Schändung: Der zweite Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q

»Der Blutdurst der Jäger. Wie würden sie es machen? Ein einzelner Schuss? Nein. So gnädig waren die nicht, diese Teufel, so waren sie nicht ...«Ein Leichenfund in einem Sommerhaus in Rørvig. Der Verdacht fällt auf eine Gruppe junger Schüler eines exklusiven Privatinternats, die für ihre Gewaltorgien bekannt sind. Nur einer von ihnen gesteht.Zwanzig Jahre später. Als Carl Mørck aus dem Urlaub zurückkommt, stößt ihn sein Assistent Assad mit der Nase auf die verstaubte Rørvig-Akte. Doch von oberster Stelle werden ihnen weitere Ermittlungen verboten. Denn die Spuren führen hinauf bis in die höchsten Kreise der Gesellschaft, in die Welt der Aktienhändler, Reeder und Schönheitschirurgen. Und ganz nach unten ...

Inhalt

Eine Clique eines Eliteinternats. Ihr Kick? Drogen und Gewalt. Nur das Verprügeln, das "Schänden" Unschuldiger gibt den fünf Jungen und dem Mädchen Bestätigung, Befriedigung. Doch das Ganze gerät aus dem Ruder. Jahre später: Einer der Jungen sitzt im Knast, die Strafe aller büßend. Ein weiterer ist tot. Die anderen drei sind bis ganz hinauf gekommen, bekannte Persönlichkeiten Dänemarks mit enorm viel Geld. Und Kimmie Lassen? Abgetaucht, auf der Straße lebend. Und vor allem: eine Gefahr für die Übriggebliebenen, denn sie will Rache. 
Jemand muss heimlich die Akte vom alten Rorvig-Fall auf Carl Morcks Tisch gelegt haben. Der Fall liegt eigentlich gar nicht im Interesse des Sonderdezernats Q. Hier sollen ungeklärte Fälle neu aufgerollt werden. Doch dieser Fall ist gelöst, ein Mann sitzt im Gefängnis. Doch nach und nach kommen neue Fakten auf den Tisch, die daran zweifeln lassen, dass sich tatsächlich alles so ereignet hat, wie man das glaubt. 
Carls und Assads Team wird durch die quierlige Rose ergänzt und zu dritt lassen sie nicht locker, auch dann nicht als im Ministerium alle Strippen gezogen werden um den brisanten Fall auszubremsen. Und zum Vorschein kommt ein Geflecht von Hass, Gewalt, Erniedrigung, Vetternwirtschaft, Intrigen.

Meinung

Der erste Fall Carl Morcks war ja meiner Meinung nach schon klasse. Ich bin eigentlich eher ein Krimi-Muffel, aber Morck und Assad sind ein so lustiges, tolles, spannendes Team, da ermittelt man gern mit. Und Adler Olsen fährt bei der Konstruktion seiner Fälle schon ganz schön harte Geschütze auf. Bereits der Merete Lyngaard-Fall war ja Gänsehaut pur. Aber eigentlich nichts im Vergleich zu Schändung.
Den gesamten Roman über hat mich ein beklommenes Gefühl nicht mehr losgelassen. In der Person der Kimmie sind Opfer und Täter ineinander verschwommen. Man war sich nie sicher: Darf ich mit so jemandem Mitleid haben? Wie kann man mit so jemandem kein Mitleid haben? Immer wieder Gänsehaut. Immer wieder kalte Schauer. Als ich das Buch aus der Hand legte, gerade das letzte Wort gelesen, saß mir ein Kloß im Hals. Natürlich, dies ist ein ganz normaler Krimi. Aber Adler Olsen hat da einen Subkontext eingeflochten, der eigentlich von viel mehr als nur der Auflösung eines Mordfalls erzählt. Von der Liebe zu einem Kind. Davon, was einem Menschen zustoßen kann. Davon, wozu Menschen fähig sind. Schändung zeigt all die Grausamkeiten so authentisch auf, dass man sehr ins Nachdenken gerät.
Dabei kommt aber keinesfalls der wirklich witzige, lockere Sprachstil zu kurz. Assad, Morck und nun auch Rose sind ein wirklich witziges, eckiges, kantiges Ermittlerteam. Hier hat man nicht den aalglatten Ermittler, hier hat man drei Menschen mit teilweise sehr krassen Charakterzügen. Und dennoch auf ihre Art immer wieder sympathisch. 
Ich kann diesem Buch wirklich nur volle Punktzahl geben, würde sogar noch mehr geben wenn das ginge. Wer sich auch nur ein bisschen für Krimi interessiert: LESEN! 

9,95 € bei Amazon | Deutscher Taschenbuchverlag | 464 Seiten
(Mein Exemplar von Bestbook hatte 458 Seiten.)