|Rezension| "Rush of Love: Verführt" von Abbi Glines



Wo ich herkam, standen alte Trucks mit großen erdverkrusteten Rädern vor den Häusern, in denen eine Party stieg.
Abbi Glines Schreibstil ist definitiv etwas für Schnellleser. Er lässt sich flüssig und - Achtung, Überraschung! - schnell lesen, sodass die Seiten nur so fliegen. Das war's allerdings auch schon, denn viel mehr gibt Glines Schreibstil dann doch wieder nicht her. Zwar kann sie erotische Szenen durchaus gut beschreiben und scheut nicht davor, Worte wie "Penis" zu benutzen (was ja fast an ein Wunder grenzt!), Besonderheiten weist ihre Schreibe dafür aber trotzdem nicht auf. Dennoch liest sich das Buch verblüffend gut, wenn auch die familiären Verstrickungen oft zur Verwirrung führen.
Sex sells! Nachdem E.L. James es vorgemacht hat, dürfte auch den meisten anderen Autoren klar geworden sein, dass die schönste Nebensache der Welt durchaus etwas in Büchern zu suchen hat und
Begeisterungswellen in der ganzen Welt auszulösen scheint. Es wirkt beinahe, als wäre eine Barriere durchbrochen worden, die nun jedem klar macht, dass es so etwas wie körperliche Liebe tatsächlich gibt und das darüber zu schreiben längst kein Tabuthema mehr ist - in jeglicher Hinsicht. Das dachte sich dann wohl auch Abbi Glines, die ihre Sexphantasien nicht mehr für sich behalten konnte und uns mit einem weiteren Paar erfreut, dass Meister im Matrazensport ist. Und wo Verführung und Sex sind, kann das Drama natürlich nicht weit entfernt sein!
Generell scheinen derartige Bücher immer mit denselben Klischees einherzugehen - reicher, ungezähmter und sexsüchtiger Schönheitsgott verliebt sich in naives, tiefgründiges Mädchen, das sich seiner Attraktivität in keinster Weise bewusst ist und lässt diese sogar als erste Frau in sein Heiligtum: Sein Schlafzimmer! Klingelt's? Kaum zu glauben, wie originell und kreativ manche Autoren sein können, aber Abbi Glines bedient sich wirklich jeglichem Klischee, dass sie finden konnte, sodass es der seichten Lektüre öfters mal an Glaubwürdigkeit mangelt. Würde man das Ganze als reine Erotikliteratur bezeichnen - okay, aber Abbi Glines konnte sich wohl nicht so ganz entscheiden und so wird reine körperliche Anziehung direkt als tiefe, niemals endende Liebe bezeichnet.
Auch figurentechnisch dürfte man die ein oder anderen Charakterzüge wiedererkennen. Protagonistin Blaire jedenfalls entspricht dem absoluten Stereotypen, obwohl die Autorin merklich versucht ihr ein wenig Tiefe zu verleihen, indem sie ihr eine besonders dramatische und traurige Vergangenheit zuschreibt. Allerdings mangelt es hier größtenteils an Glaubwürdigkeit, denn obwohl Blaire mit ihren neunzehn Jahren schon einiges mitgemacht hat und auf den ersten Blick ziemlich tough ist, wirkt sie ein wenig weltfremd und naiv. Die gezogene Knarre jedenfalls passt nicht zu dem Bild, was im Laufe des Buches von ihr entsteht, ebenso wenig wie ihre Jungfräulichkeit, die sich beim ersten Mal aber gar nicht bemerkbar macht. Auch der männliche Gegenpart Rush (Was für ein Wortspiel im Titel. Rush of Love! Rush of Hormone hätte es eher getroffen!) erfüllt das Klischee des reichen und wilden Typen, der jedes Höschen unsicher macht. Wie gefährlich er ist, betont er Blaire gegenüber jedenfalls auf jeder Seite mindestens zweimal und hat damit den Bogen schon ein kleines bisschen überspannt.
Auf den ersten Blick weiß er, dass Blaire anders ist und seine Welt auf den Kopf stellen wird - woher er das wusste, steht aber in den Sternen - was Sätze wie "Du bist vollkommen", "Dein Körper ist der Wahnsinn" und "Verdammt, bist du eng" beweisen dürften. Wird wohl an ihrem Körper (Größe 34 und große Brüste) und ihren blonden Locken gelegen haben, mit dem sie jeden Job und jeden Typen bekommt, ohne es wirklich zu wollen oder zu wissen. Und auch Blaire ist direkt fasziniert davon, wie Rush es vor ihren Augen diversen Frauen besorgt. Nett möchte man da sagen. Das alles wäre ja noch zu verkraften gewesen, wenn die ganze Thematik nicht innerhalb von 240 Seiten abgehandelt worden wäre. Allein Blaires Vergangenheit hätte man in dieser kurzen Zeitspanne jedenfalls nicht mal eben klären können - ganz davon abgesehen, dass ja das ach so große Geheimnis zwischen Rush und Blaire liegt, welches
es zu klären gab (und immer noch gibt.) Anfänglich hatte ich ja damit gerechnet, dass Rush nymphoman ist und Blaire sich mit ihrer, für ihn attraktiven Unschuld, deswegen von ihm fernhalten soll, aber letztendlich hat alles mehr mit Blaire zu tun, als man dachte.
Insofern war das Buch trotz der abgedroschenen Sexszenen und der leicht unglaubwürdigen Anziehung zwischen Blaire und Rush schon spannend und interessant, hätte aber eindeutig mehr verdient. Potenzial wäre nämlich auf jeden Fall dagewesen, nur leider wird hier nur zu gerne auf die gängigen Klischees zurückgegriffen, die den Lesespaß mildern und mir oft ein abschätziges Lachen oder ein Augenverdrehen abgerungen haben. Da hat man als Leser doch oft das Gefühl, dass die Autorin einem nicht zutraut mit Gefühlen umzugehen, die sich langsam und realistisch entwickeln und nicht nach dem ersten schiefen Grinsen aus dem Nichts enstehen. Ein paar Seiten mehr Gefühlsentwicklung, ein bisschen weniger Gefasel über die Perfektion der Protagonisten und ich hätte dem Buch tatsächlich etwas mehr abgewinnen können. So wirkt die Geschichte lediglich wie eine Bühne für zwei Selbstdarsteller, die zumindest gut aussehen und "phänomenalen" Sex haben können.
Wer es noch nicht mitbekommen hat: Sex ist das neue Twilight! Das zeigt Abbi Glines mit ihrem hormonengesteuerten Rush of "Love" einmal mehr und berichtet uns wieder einmal, wie wichtig Sexgöttern ihr Schlafzimmer ist, wie eng, jungfräulich und gleichzeitig tiefgründig platinblonde Mädchen aus Alabama sein können und das reiche Männer gefährliche Bestien sind. Ein bisschen Familiendrama hier, ein wenig "Eiskalte Engel" da und perfekt ist die klischeeüberladene Sexgeschichte (das Wörtchen Liebe möchte ich in diesem Fall nicht in den Mund nehmen), die sich zwischendurch sicher ganz nett und seicht wegliest, einen aber irgendwie auch nicht mehr vom Hocker reißen kann. Unglaubwürdige Charaktere und ein bisschen zu viel Selbstdarstellung sorgten jedenfalls für so einige Augenverdreher meinerseits. Ob ich den zweiten Teil lesen werde, steht noch in den Sternen - ebenso wie die Antwort auf die Frage, warum man keinen Sexroman mit glaubwürdigen Liebesbekundigungen schreiben kann.

Abbi Glines, 1977 in Birmingham (Alabama) geboren, schrieb zahlreiche erfolgreiche Fantasy- und Jugendbücher, bevor ihr mit ihren "New Adult"-Romanen der internationale Durchbruch gelang. Heute lebt sie mit ihrem Mann und drei Kindern in Fairhope, Alabama. [via Piper]
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Für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars bedanke ich mich sehr herzlich bei

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