Während Ersteres sowohl der Talentförderung als auch der skurrilen Selbstdarstellung dienen kann, haftet Letzerem eine Ernsthaftigkeit an, über deren Ursprung und Konsequenzen gesprochen werden muss. Mit dieser in eine ansprechende Handlung verpackten Botschaft, trägt die Autorin ihren Teil zu einer altersgruppengerechten Aufklärung bei.
Dem Chicken House Verlag sei an dieser Stelle ein Dankeschön für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars ausgesprochen!
Cover: Chicken House
~ Rezenison ~Wenn ein herrlicher Traum zum realen Albtraum wird ...
Sasha und Rose, Nell und Jodie sind Freundinnen, die eines perfektioniert haben: das Albernsein und Singen in den eigenen vier Wänden. Wobei Rose, das weiß Sasha als beste Freundin, im Grunde so viel mehr drauf hat. Denn ihre Seele ist Musik. Als Sashas iPhone eines Tages abhanden kommt und wenig später ein Video von den singenden Mädchen im Internet landet, wird das Leben der Freundinnen komplett auf den Kopf gestellt. Denn ihre eigene kleine Komposition wird wider Erwarten ein Hit und katapultiert die Teenager hinein in den größten Online-Band-Wettbewerb des Landes. Sie werden sogar zu den heimlichen Favoriten, und die Jury sagt ihnen eine schillernde Zukunft voraus. Allerdings nur als Trio. Daraufhin trifft Sasha schweren Herzens eine Entscheidung, die der Beginn einer ausufernden Hetzjagd sein soll, die keine Skrupel kennt.
In ihrem Jugendbuch #rausmitderdicken vertieft Sophia Bennett einen Themenkomplex, der gerade die heranwachsenden Generationen der Digital Natives fokussiert. Dabei spielt der Traum vom Scheinwerferlicht ebenso eine tragende Rolle wie die dringende Notwendigkeit eines rundum verantwortungsbewussten Handelns in der On- und Offline-Welt.
Auf die inneren Werte und Talente kommt es an. Davon sind Sophia Bennetts Protagonistinnen überzeugt. Bis, ja, bis ihnen die Chance ihres Lebens etwas anderes beweist. Denn als Teilnehmerinnen eines auf Erfolg getrimmten Castingformats werden sie viel zu schnell mit den knallharten Tatsachen der Musikbranche konfrontiert. Vielerorts bedeutet das, in eine Schablone passen zu müssen. Individualität muss einer Massenkompatibilität weichen. Doch was geschieht, wenn das neu modellierte öffentliche Bild einzig eine Verzerrung der Realität darstellt?
Der Autorin gelingt es in ihrer Geschichte, die Begeisterung für die Plattform "Castingshow" gleichermaßen herauszustellen wie die Überforderung und die Verlustangst, die mit solch einer Chance einhergehen. Eine authentische Achterbahn der Gefühle, die den Leser vom außenstehenden Beobachter zum direkt Angesprochenen macht.
Hinzu gesellt sich die Komponente der "Macht des Internets". Auch hier lotet Sophia Bennett die verschiedenen Seiten aus. Soziale Netzwerke schaffen Nähe und das Gefühl von Vertrautheit, doch im Schatten der Anonymität bleiben Verantwortungsbewusstsein und Respekt füreinander nicht selten auf der Strecke. Genau diese Problematik fächert die Autorin anschaulich und vor allem zielgruppengerecht auf. Wie sie auf diese Weise einen Weg findet, ihren (jungen) Lesern auf Augenhöhe zu begegnen, empfinde ich als äußerst positiv.Die Geschichte wird in einem unkomplizierten, jugendlich frischen Stil erzählt und lässt eine fürs Erwachsenwerden charakteristische Naivität (insbesondere bei Sasha) gelegentlich durchblitzten. Während endgültige, großflächige Tiefenschärfe weniger in den Mittelpunkt rückt, leuchten Werte wie Loyalität, Freundschaft und die Kraft zum Verzeihen umso markanter.
Insgesamt ein Werk, das es versteht, zwei Welten miteinander zu verknüpfen: Das reale, einzigartige Ich mit Stärken und Schwächen sowie das öffentlich wahrgenommene, makellose, jedoch austauschbare Abbild dessen. Originalität und Individualität sind Ecken und Kanten, die jeden Einzelnen von uns ausmachen. Verändern sollten wir uns nur dann, wenn wir dazu bereit sind.
F★ZIT: Echt. Ehrlich. Erschreckend.