Meine Bewertung
Inhalt: Von einen Tag auf den anderen reist Leonie von ihrer Heimatstadt Dublin nach San Francisco. Ihren Freunden will sie keine Rechenschaft über ihre plötzliche Flucht abgeben. Fest steht aber, dass irgendetwas zwischen Leonie und ihrem Verlobten Adam vorgefallen sein muss. Ansonsten würde Leonie ihren geliebten Adam niemals von heute auf morgen im Stich lassen.
Angekommen in den Staaten findet Leonie nach kurzer Zeit eine umwerfende Wohnung, in der sie sich wie zu Hause fühlt. Beim Säubern und Einrichten der Wohnung stößt Leonie auf eine Holzkiste, in der sich verschlossene Briefe an eine Helena Abbott befinden. Als eines Tages ein weiterer Brief für Helena vor Leonies Haustür liegt, wird sie hellhörig. Leonie wird neugierig und öffnet verbotenerweise einen der Umschläge, um festzustellen, dass ein Nathan seiner großen Liebe Helena unheimlich schöne Liebesbriefe schreibt. Eines haben alle Texte gemeinsam; Nathan bittet Helena um Verzeihung. Als Romantikerin schlechthin kann Leonie das Wissen, dass Helena niemals auch nur einen der Briefe geöffnet hat und Nathan vielleicht niemals verziehen hat, nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. So begibt sie sich auf die Suche nach der unbekannten Helena.
Meine Meinung: Auf dem Buchrücken kündigt der Verlag den neusten Roman von Melissa Hill als “klug, witzig und hoffnungslos romantisch”. Mit dementsprechender Vorfreude begann ich das Buch zu lesen, war aber leider nach Beenden der Geschichte ein wenig ernüchtert.
Das Buch gliedert sich in drei unterschiedliche Perspektiven. Hauptaugenmerk liegt auf der Protagonistin Leonie, die sich nach ihrer Flucht aus Irland in den USA befindet und versucht, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen. Neben ihrem Wunsch, den ominösen Absender oder aber die unbekannte Helena Abbott zu finden, berichtet sie darüber hinaus in Rückblenden über ihr Leben mit Adam. Stück für Stück wird dem Leser die Gelegenheit geboten, dass mysteriöse Rätsel um Leonies und Adams Trennung zu lüften.
Gemeinsam mit ihrer Nachbarin Alex begibt sich Leonie schlussendlich auf die Suche nach Personen, die in den Briefen, die Leonie in ihrer Wohnung gefunden hat, erwähnt werden. Melissa Hill belässt es nicht bei der bloßen Einführung einer weiteren weiblichen Person in ihrer Geschichte, sondern gibt der Figur der Alex viel Raum, um sich selbst zu präsentieren und so für den Leser greifbar zu werden.
Auch Nathan, der die Briefe an seine Liebe Helena geschrieben hat, kommt in einigen wenigen Kapiteln zu Wort.
Obgleich die drei Handlungsstränge unterschiedliche Ausgangspunkte haben und sich mit verschiedenen Personen beschäftigen, treffen sie im Laufe der Geschichte allesamt aufeinander und vereinen in sich ein bestimmtes Thema; die Liebe.
Obwohl sich die Thematik des Buchs, wie sie im Klappentext angekündigt wurde, sehr romantisch und vielversprechend anhörte, hat sie mich bis zum Schluss keineswegs berühren können. Natürlich hört es sich unheimlich bezaubernd an; ein Mann ist so sehr in eine Frau verliebt, dass er ihr ganz altmodisch Briefe schreibt, ihr immer wieder seine Liebe bekundet. Man kann förmlich riechen, wie sehr es im das Herz zerreißt, dass er nicht mehr bei der Liebe seines Lebens sein kann. Wer würde einem Mann, der so gefühlvoll ist, nicht verzeihen können? Die Grundidee der Autorin ist ohne jede Frage sehr einfalls- und abwechslungsreich, wurde für mich persönlich allerdings nicht befriedigend umgesetzt. Die Briefe Nathans triefen vor Kitsch, klingen sprachlich unheimlich geschwollen, sodass sie für mich über das Ziel hinaus geschossen sind. Neben der störenden Sprache bot der Verlauf dieses Handlungsstrang über mehr als die Hälfte des gesamten Buchs keinerlei Entwicklung. Melissa Hill hat leider erst zum Ende des Buchs sehr geschickte Wendungen eingebaut, die ich mir schon sehr viel früher gewünscht hätte. Zuvor dreht sich die Geschichte immer wieder im Kreis, die Gedankengänge der Figuren, die an der Suche beteiligt sind, unterscheiden sich selten, sodass ich die gesamte Handlung rundum die Liebesbriefe ab einem gewissen Punkt als überflüssig und störend empfunden habe.
Ganz im Gegensatz dazu stehen die Lebensgeschichten der beiden Figuren Leonie und Alex, die wiederum von der ersten bis zur letzten Seite berührend und fesselnd waren.
Das Kennenlernen der Protagonistin Leonie stellte sich als wahre Fundgrube heraus, die die Autorin wunderbar emotional und spannend ausgeschmückt hat. Der Leser bekommt den Grund für Leonies Flucht nach Amerika nicht auf dem Servierteller präsentiert. Wie Leonies neue Freundin Alex muss der Leser die einzelnen Fäden, die zur Trennung von Leonie und Adam geführt haben, entwirren. Auch Alex’ Leben bietet für den Leser sehr viel Abwechslung, vor allem aber Dramatik und Gefühl pur. Für meinen Geschmack hätte die Autorin sich lediglich auf die Schicksale der beiden Frauen konzentrieren und die Thematik der Briefe völlig außen vor lassen können. Die beiden Frauen und deren Geschichten bieten genug interessanten Stoff für ein gesamtes Buch und wären ohne die störenden Zwischeneinschübe, die sich mit der Suche nach Helena und Nathan beschäftigen, in meinen Augen sogar noch ergreifender und lesenswerter gewesen.
Die Sprache, die mir bei den Liebesbriefen schon bitter aufgestoßen ist, konnte auch in der restlichen Geschichte nicht immer meinen Geschmack treffen. Viele Dialoge wirken durch ihre gehobene Wortwahl einfach nicht zeitgemäß, sondern abgehoben und übertrieben. Sie wollen einfach nicht zu den modernen, emanzipierten jungen Frauen passen, die der Leser im Laufe der Geschichte kennenlernt. Ich kann mir vorstellen, dass Melissa Hill durch die gewählte Sprache die gewünschte romantische und emotionale Atmosphäre der Geschichte unterstreichen wollte. Bei manch anderen Lesern wird sie das bestimmt auch schaffen und hoffnungslose Romantiker sicherlich auch ansprechen können. Ich persönlich konnte mir aber während des Lesens nicht vorstellen, dass es im 21. Jahrhundert noch einen Menschen gibt, der in seiner Freizeit so geschwollen spricht, sodass die gesamte Geschichte für mich ein wenig an Realismus und Zauber verlor.
Mein Hauptkritikpunkt liegt nicht in der Briefthematik oder gar am nicht immer gelungenem Sprachstil. Vielmehr ist es die Protagonistin selbst, die mir schon nach wenigen Seiten nicht gefallen hat. Noch nie habe ich in einem Buch eine Figur erlebt, die aufgrund ihrer Art und ihres Verhaltens dermaßen anstrengend ist. Was Adam an seiner Verlobten so liebt, war für mich absolut abstoßend und hat dafür gesorgt, dass ich bis kurz vor Beenden des Buchs nicht im Geringsten mit der Protagonistin sympathisieren konnte. Leonie ist naiv und schon beinahe penetrant neugierig, dass es für mich schon teilweise zum Haare raufen war. Bisweilen war Leonie in ihrem Verhalten so nervig, dass ich mir Situationen, in denen Leonie keine Rolle spielt und nicht namentlich erwähnt wird, herbeigewünscht habe. Alex und alle anderen Figuren, die Melissa Hill geschaffen hat, sind regelrechte Hoffnungsschimmer. Besonders Alex habe ich von Anfang an als erfrischend, unkompliziert und sehr sympathisch empfunden. Alex machte manche Begegnungen mit Leonie sogar erträglich, da sie immer wieder versucht, Leonie auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen und ihre ausgereiften Spinnereien nicht gedankenlos unterstützt.
Fazit: ‘P.S. Verzeih mir!’ hat mir nicht gänzlich geboten, was ich mir von der Geschichte versprochen habe. Aufgrund der Thematik, die mich nicht immer ansprechen konnte, des unausgewogenen Schreibstils und einer schrecklichen Protagonistin, hat sich das Lesen für mich zum Teil ein wenig schwierig gestaltet. Melissa Hill versteht es aber, Ungereimtheiten durch andere tolle Charaktere und Handlungsstränge wieder wett zu machen, sodass es ohne Zweifel auch sehr gefühlvolle, witzige und lesenswerte Momente in ‘P.S. Verzeih mir!’ gibt.