[Rezension] Paula Hawkins – “Girl on the Train”

043_0522_157375_xxlSchon bevor “Girl on the Train” in Deutschland erschienen ist und die ersten deutschen Leserstimmen das Internet bevölkerten, sind mir ausnahmslos begeisterte Meinungen begegnet. Da ich immer auf der Suche nach guten Thrillern bin, war ich also sehr gespannt auf den zugegebenermaßen sehr gehypten Roman von Paula Hawkins. Selbstverständlich ist das mit den Hypes immer so eine Sache, doch ich dachte mir – so viele positive Bewertungen und das auch von Lesern, auf deren Meinung ich vertrauen kann – das kann ja nur gut werden. Schließlich klang auch die Inhaltsangabe durchaus vielversprechend.

Täglich fährt Rachel mit dem Zug nach London und wieder zurück. Auf der Strecke bleibt der Zug wegen einer Signalstörung jedes Mal an einer bestimmten Stelle stehen, an der Blenheim Road Nummer 15. Dort wohnen Jess und Jason, ein glückliches Ehepaar, wie Rachel sich die beiden ausmalt. Jeden Tag konzentriert sich Rachel auf dieses Haus, auf dieses glückliche Paar, denn das ist allemal zufriedenstellender als auf das Haus fünf Häuser weiter zu schauen. Dort steht ihr ehemaliges Zuhause, welches sie mit Tom, ihrem Ex-Ehemann bewohnt und eingerichtet hat. Jetzt wohnt er dort mit Anna, seiner neuen Frau und Evie, seiner Tochter. Eines Tages begegnet ihr Jess’ Gesicht, welches sie bisher nur aus dem Zugfenster gesehen hat, in der Zeitung. Megan – wie Jess tatsächlich heißt – wird vermisst und Rachel stellt fest, dass sie keinerlei Erinnerung an den Abend, an dem Megan verschwunden ist, besitzt.

Die Handlung beginnt sehr gemächlich, mit Beschreibungen aus Rachels Perspektive. Als Leser lernen wir sie langsam näher kennen, erfahren, dass sie täglich mit dem Zug fährt. Nach und nach erfahren wir zudem ihre aktuellen Lebensverhältnisse sowie Bruchstücke ihrer Vergangenheit, allen voran ihre Vergangenheit mit Tom und wie dieser sie für eine andere verlassen hat. Das ist anfangs eher weniger interessant und es dauert gute 60 Seiten, bis die Handlung an sich etwas interessanter wird. Alle Kapitel sind mit dem jeweiligen Datum gekennzeichnet, sowie mit Tagesabschnitten – meistens morgens und abends, oder auch (nach-) mittags. So geht die Handlung stellenweise auch fast ein ganzes Jahr zurück, in diesen Kapiteln erfahren wir aber ausschließlich etwas aus Megans Sicht. Im späteren Handlungsverlauf gibt es zudem noch Kapitel, welche aus Annas Perspektive erzählt werden.

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Die gesamte Handlung konzentriert sich also gar nicht einmal ausschließlich auf Rachel, sondert dreht sich vielmehr um die drei Frauen. Ich muss aber zugeben, dass mir alle drei Frauen durchweg recht unsympathisch waren. Das mag im Nachhinein zwar durchaus so gewollt sein und auch seine Gründe haben, doch mir fiel dadurch das Lesen stellenweise einfach schwer, weil ich die Charaktere – allen voran Rachel – nicht mehr begleiten wollte. Rachel kommt manchmal sehr naiv rüber und ist nach der Trennung von Tom einfach immer tiefer gefallen, statt die Vergangenheit mal endlich ruhen zu lassen und nach vorne zu blicken. Selbstverständlich ist das so leicht gesagt und in der Praxis schwerer umzusetzen, aber für mich war es ab und an eben zu viel Gejammer. Zumal auch Megan so ihre psychischen Schwierigkeiten zu haben scheint, weswegen man als Leser dann noch die doppelte Ladung an eher unsympathischer Persönlichkeit abbekommt. Das Positive daran ist lediglich, dass man dadurch hin und wieder an manchen Aussagen zweifelt und sich fragt, wie das nun enden wird und ob alles so stimmt, wie es beschrieben ist.

Allerdings konnte mich davon abgesehen auch die Handlung an sich kaum fesseln. Nach den anfänglichen 60 Seiten wird es erst interesssant, aber auch das fällt wieder relativ schnell flach. Zwar ist unterschwellig durchwegs eine gewisse Spannung oder eer Angespanntheit vorhanden, die kommt wahrscheinlich aber auch nur deswegen zustande, weil man weiß, dass man einen Thriller liest, dass noch etwas geschehen muss, dass es spannend werden oder sein muss. Diese Spannung erreichte mich persönlich aber die gesamte Handlung hinweg nicht. Das alleine macht für mich schon einen ganz großen Kritikpunkt aus, da ich von den vielen positiven Stimmen deutlich mehr erwartet hätte.

Das von vielen als überraschende und grandiose Ende konnte mich tatsächlich genauso wenig überzeugen, da es mich überhaupt nicht großartig überraschen konnte – vielmehr hatte ich darauf schon gut 200 Seiten vorher spekuliert und damit war dieses Ende für mich recht vorhersehbar und schlichtweg enttäuschend.

Wieder einmal habe ich einen großartigen Thriller und viel Spannung erwartet, wieder einmal wurde ich enttäuscht. Vielleicht lag es an meinen zu hohen Erwartungen oder an meinem etwas anderen Lesegeschmack – ich kann mich den Lobeshymnen absolut nicht anschließen. 

2Ballerinas



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