| Carlsen | Hardcover | 368 Seiten | €17,99 | Amazon |
PANIC verändert alle(s). HEATHER hatte nie vor, an dem verbotenen Spiel für Schulabgänger teilzunehmen. Denn der Gewinn ist zwar hoch, aber der Einsatz auch, und sie ist keine Kämpferin. Doch schnell wird ihr klar, dass es nur den richtigen Grund braucht, um dabei sein zu wollen. Und dass Mut auch eine Frage von Notwendigkeit ist. DODGE war sich immer sicher, dass er bei Panic mitmachen würde. Er hat keine Angst, denn es gibt ein Geheimnis, das ihn durchs Spiel pushen wird. Aber um zu gewinnen, muss man auch seine Gegner kennen.
"Panic - Wer Angst hat, ist raus" ist eines jener Bücher, die ein bisschen Zeit brauchen, bis sie ihre volle Wirkung entfalten. Die ruhige, aber unterschwellige Spannung, der distanzierte, allmächtige Erzählstil, der das Geschehen von oben herab kommentiert und weiß, wie alles ineinanderläuft und die vielen schwierigen Figuren, allesamt Problemkinder mit einer unschönen Geschichte oder Vergangenheit - all das sorgt in seiner Gesamtheit dafür, dass sich die Geschichte um Heather, Dodge und co. erst nur langsam entwickelt und keine nervenaufreibende Spannung gebraucht wird, um den Leser an der Stange zu halten. "Panic" ist eine Geschichte, die sich tatsächlich wie die Panik selbst entwickelt - erst dieses langsame angstvolle Kribbeln im Körper, schneller Herzschlag, schwitzige Hände und dann der Wendepunkt, der dafür sorgt, dass all das Adrenalin mit einem Schlag wie weggefegt ist. Lauren Oliver versteht sich daran, unterschwellige Spannung aufzubauen, die eher unbewusst zu spüren ist und genau das nutzt sie im Buch mehr als einmal.
Im Grunde ist "Panic" nämlich eigentlich sehr vorhersehbar. Die meisten Dinge kann man relativ schnell durchschauen, allerdings mindert das die Spannung nicht im Geringsten. Gerade die Dinge, die man weiß, während die Figuren noch unwissend sind, machen einen großen Teil der Spannung aus und führen zu vielen möglichen Konfliktsituationen, sodass man ab und an doch überrascht ist. Auch die Idee um die Geschichte selbst ist eigentlich recht simpel und nicht neu, allerdings schafft Oliver es irgendwie sie so zu verpacken, als wäre sie es, indem sie das Buch in eine kleine langweilige Stadt verlegt und sich Protagonisten rauspickt, die es nicht leicht haben und ohnehin schon irgendwie geladen sind. Das Spiel Panic vervielfacht diese Spannung der Figuren nur noch mehr und sorgt dafür, dass die Konflikte mehr zum Vorschein treten, wobei hier sicherlich noch mehr drin gewesen wäre - gerade am Ende scheinen alle Probleme ziemlich schnell vergessen, obwohl eine koksende, ständig alkoholisierte Mutter und eine durch Panic verkrüppelte Schwester doch nichts sind, was man leicht wegstecken könnte.
In diesem Fall verschenkt Oliver dann doch das ein oder andere Mal Potenzial und schafft es nicht die Tiefe der Geschichte völlig auszuschöpfen, dennoch zeigt sie gute Ansätze. Gerade was die komplexen Figuren betrifft weiß sie zu überzeugen, denn beide, Heather und Dodge, handeln sehr individuell und teils (!) nachvollziehbar. Dodges Motivation fand ich an manchen Stellen etwas zu überzogen und auch insgesamt ist Panic ein Spiel, von dem ich mir nicht vorstellen kann, dass es irgendjemand tatsächlich spielen würde, aber die Idee dahinter ist faszinierend und sorgt für viele spannende Situationen. Obwohl man relativ viel über die Gefühlswelt der Figuren erfährt, sorgt der Schreibstil in der dritten Person permanent für eine gewisse Distanz, gerade auch dadurch, dass auktoriale Erzähler bereits Andeutungen auf die Zukunft macht, sodass man die Protagonisten zwar sympathisch findet, ihnen aber sonst kaum näher kommen kann. Heather hat da noch mehr Identifikationspotenzial gehabt als Dodge, doch ansonsten wirken sie beide ein wenig fern.
Was in "Panic" am besten klappt, ist die Verwebung zwischen dem Leben der Jugendlichen, die an Panic teilnehmen und dem Spiel selbst, welches sich wie eine Konstante durch die Geschichte zieht, am Ende aber eher ein Auslöser für andere Konflikte ist. Hier finde ich die Botschaft ziemlich gelungen und gut rübergebracht, wobei es am Ende, wie bereits gesagt, dann doch etwas zu schnell ging. Da Lauren Oliver sich für den Anfang schon viel Zeit gelassen hat, hätte sie das auch am Ende tun müssen,um ein glattes Bild zu erzeugen. So hat mir am Ende dann doch etwas gefehlt, insgesamt habe ich das Buch aber sehr beeindruckt geschlossen und muss sagen, dass ich entgegen meiner anfänglichen Skepsis sehr viel aus der Geschichte mitgenommen habe und Lauren Oliver eine bewegende Jugendgeschichte erzählt, die sich ein wenig aus dem Einheitsbrei abhebt und etwas ganz Eigenes schafft.
Keine Panik vor "Panic" - dieses Buch hat es zwar in sich, aber auf eine ruhige und unterschwellige Art. Gut erzählt und mit einem allwissenden, flüssigen Schreibstil erschafft Lauren Oliver eine Idee völlig neu und verwebt familiäre Probleme mit Mutproben. An einigen Ecken und Kanten schwächelt die Geschichte ein wenig und die gut angelegten Tiefen werden nicht immer so ausgeschöpft, wie man es sich gewünscht hätte. Ansonsten hat mich "Panic" aber beeindruckt und vor allen Dingen auch bewegt - die vielen Erzählstränge, die irgendwann zusammenlaufen und die Schicksale der Protagonisten lassen definitiv nicht kalt und wissen mit Spannung und Emotionen zu überzeugen. Lesenswert!