|Rezension| "Obsidian: Schattendunkel" von Jennifer L. Armentrout

Von Paperdreams @xGoldmarie



Ich blickte auf den Stapel Kartons in meinem neuen Zimmer und wünschte mir, das Internet würde schon funktionieren.
Gemeinsam mit ihrer Mutter zieht die sechzehnjährige Katy in ihrem Abschlussjahr von Florida nach West Virginia, in ein verschlafenes Örtchen, in dem es nur eine einzige Ampel gibt und in dem die Post nicht nach Hause geliefert wird - eine Tatsache, die für Buchbloggerin Katy die reinste Katastrophe darstellt. Eigentlich möchte Katy nur ganz schnell das angehende Schuljahr zu Ende bringen, doch als ihre Mutter sie dazu ermuntert bei den Nachbarn zu klingeln, um neue Kontakte zu knüpfen und sie dabei den attraktiven Daemon und seine nicht weniger gutaussehende Schwester Dee kennenlernt, ändert sich sofort alles. Während Dee sofort mit Katy sympathisiert, ist Daemon alles andere als begeistert von der neuen Nachbarin - ganz im Gegenteil, er versucht alles, um Katy zu vergraulen und sie von Dee fernzuhalten. Schon bald merkt Katy, dass noch mehr hinter Daemons großen Hass stecken muss und es dauert nicht lange, bis sie hinter ein Geheimnis kommt, dass sie niemals hätte herausfinden dürfen...
Die großen Bücher machen mich immer skeptisch. "Obsidian: Schattendunkel" wurde schon gehyped, als es hierzulande noch gar nicht erschienen war, war schon ein Bestsellerkandidat noch bevor man überhaupt wusste, dass es hier erscheinen würde. Solche Bücher machen mich einfach skeptisch, zumal sie zumeist Repräsentanten für Schema F sind und in etwas abgewandelter Form genau das erzählen, was dreizehntausendfünfhundert andere Bücher vor ihnen schon lang und breit erzählt haben. "Obsidian: Schattendunkel" kann man diese Tatsachen einfach nicht absprechen, denn egal, was man sagt, ich erkenne extrem viele Parallelen in diesem Buch, die ich bereits anderswo zur genüge gelesen habe. Und trotzdem habe ich mich unterhalten gefühlt, dennoch habe ich bis drei Uhr nachts gelesen, damit ich bloß nicht aufgeregt einschlafen muss, ja, trotzdem habe ich die Figurenkonstellationen interessant und eingängig gefunden. Die daraus resultierende Frage bleibt: Warum funktioniert es immer noch?
Warum wird man von etwas unterhalten, was man schon unzählige Male zuvor, wenn auch etwas abgewandelt, gelesen hat? Wenn ich im Monat zehn Tüten Gummibärchen essen würde, könnte ich die jahrelang nicht mehr sehen, aber warum kann ich dann immer wieder dasselbe Schema lesen und auch noch merken, dass es derselbe Einheitsbrei wie immer ist und es trotzdem gut finden? Was heißt gut - mehr als genug Kritikpunkte haben mit der Zeit dazu geführt, dass ich ein wenig genervt von einigen Dingen in diesem Buch war, was aber nichtsdestotrotz nichts daran geändert hat, dass ich nicht die Finger von der Geschichte um Daemon und Katy lassen konnte. Vielleicht ist es die Tatsache, dass man im Grunde von vorne herein weiß, was geschieht - nicht, was die Details angeht, sondern was die Grundstory betrifft. Man weiß, dass es ein Happy End geben wird, wird abgelenkt von der Unbeständigkeit der Wirklichkeit und kann deswegen so gut in solche Bücher abdriften - was auch immer es ist, Schema F funktioniert immer noch, auch in "Obsidian: Schattendunkel". Von Anfang an wird eine knisternde und unterschwellige Spannung geschaffen, die sich durch das ganze Buch zieht und von Anfang an, weiß man im Grunde, was geschehen wird.
Und wie gesagt, es funktioniert. Schnell lässt man sich auf die Hass-Liebe-Beziehung zwischen Daemon und Katy ein, schnell beginnt man ihre Schlagabtausche witzig und prickelnd zu finden, schnell fängt man an, Daemon wirklich zu hassen und gleichzeitig ziemlich heiß zu finden - ja, die Autorin weiß schon, welche Hebel sie ziehen muss, um genau das zu erreichen. Die Protagonisten sind daher schon echte Typen, obwohl ich nur einmal mehr sagen kann, wie unglaublich nervig ich die typische Rollenverteilung finde - Daemon, (ständig) halbnackter Bad Boy (super muskulös, super braungebrannt, super heiß), spielt Spielchen mit Katy, Mauerblümchen (super zurückhaltend, super langweilig, super 'komplexig') und Buchbloggerin (was ein wenig ausgebauter und relativ sinnloser Fakt über sie war) und schafft es immer wieder, sie durch seine unglaublich dominante Art zu unterwerfen. Zwar merkt man deutlich, dass Armentrout immer wieder versucht, Katy gegen Daemonankommen zu lassen, aber letztendlich hat immer er die Oberhand, was ich wirklich schade finde. Hier hätte Katy sich gerne mehr trauen können, denn wie sie sich teilweise rumschubsen lässt und dann auch noch Dinge bereut, die ich feiern würde, ist zeitweise wirklich nur schwach zu ertragen. Prinzipiell bringt Obsidian in dieser Hinsicht also kaum neuen Wind mit sich, nur das Daemon wirklich ganz schön fies ist und die Liebesgeschichte bis zum Ende hin nicht 'gelöst' wird.
Das einzige, was dieses Buch von anderen Büchern seiner Art abhebt, sind die Wesen, um die es letztendlich hauptsächlich geht, zu denen ich hier aber gar nicht so viel sagen möchte, weil ich eigentlich ganz froh war, dass ich bis zu einem bestimmten Punkt nicht wusste, worum es geht - das erhält einfach die Spannung. Was ich aber sagen kann ist, dass ich diese Wesen stellenweise doch etwas überzeichnet fand - sie waren einfach in jeder Hinsicht viel zu perfekt und haben sich so herablassend den Menschen gegenüber benommen, dass ich schnell nur wenig Toleranz übrig hatte. Sicherlich klingt das alles jetzt ziemlich negativ, aber ich kann nur sagen, dass ich dennoch viel Spaß mit dem Buch hatte. Ganz gleich wie nervig es stellenweise war, die Schlagabtausche und die Beziehung zwischen Daemon und Katy hat dem Buch viel Schwung und Abwechslung gegeben, sodass man immer nur darauf gewartet hat, wann die beiden sich wohl das nächste Mal wieder streiten. Wäre das nicht gewesen, hätte ich das Buch wohl schnell relativ langatmig gefunden, aber insgesamt und trotz aller Kritikpunkte, ist der Unterhaltungwert einfach extrem hoch - auch wenn "Obsidian: Schattendunkel" prinzipiell nicht viel neues bietet, Cliffhanger inklusive. Ich bin gespannt, wie die Autorin die Folgebände füllen wird.
Das Schema F funktioniert auch nach den vielen Jahren noch, auch wenn "Obsidian: Schattendunkel" definitiv kein perfektes Buch ist. Der Unterhaltungswert ist enorm groß und das Buch hat mich tatsächlich wachgehalten, aber prinzipiell kann man sich das Buch sparen, wenn man von den typischen Jugendbüchern genug hat. Die Mischung aus Urban Fantasy und Science Fiction ist zwar gelungen, bringt aber letztlich nicht viel frischen Wind mit sich. Einzig die prickelnde Liebesgeschichte, die gar keine wirkliche Liebesgeschichte (bisher) ist, bringt Schwung in die Geschichte und macht neugierig. "Obsidian" ist der erste Band einer Reihe und das merkt man dem Band auch definitiv an - gerade zum Ende hin. Trotz aller Kritik konnte ich aber dennoch irgendwie nicht die Finger von der Geschichte lassen, weswegen ich mich sehr auf die Folgebände freue und das Buch jedem empfehlen würde, der mal wieder Lust auf ein Jugendbuch mit paranormalen Elementen hat.

Jennifer L. Armentrout lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Hunden in West Virginia. Wenn sie nicht gerade mit dem Schreiben eines neuen Buches beschäftigt ist, schaut sie sich am liebsten Zombie-Filme an. Ihre E-Books waren in den USA auf Anhieb so erfolgreich, dass sie kurze Zeit später in den Druck kamen und sofort auf die Spitze der New-York-Times-Bestsellerliste kletterten. Ihre Zeit verbringt sie mit Schreiben, Sport und Zombie-Filmen. [via Carlsen & Randomhouse]
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