11.04.2016 | Rezension | Jugendbuch
Inhalt
Allyson ist intelligent, ordentlich, behütet aufgewachsen und alles andere als spontan. Auf ihrer Europa Rundreise, die sie zum Highschoolabschluss geschenkt bekommen hat, läuft alles nach Plan, bis auf die Tatsache, dass der Stopp in Paris, aufgrund eines Fluglotsenstreiks, ausfallen musste. An ihrem letzten Tag lernt sie Willem kennen. Ein junger Schauspieler, der das genaue Gegenteil von Allyson ist. Als Willem sie kurzweg zu einem Tag in Paris einlädt, wirft Allyson all ihre Prinzipien über den Haufen und sagt zu. Schnell wird aus dem kleinen Flirt ein starkes Band, doch am nächsten Morgen ist Willem spurlos verschwunden.
Meinung
Angenommen, Shakespeare hätte sich geirrt? Erster Satz aus „Nur ein Tag" von Gayle Forman
„Nur ein Tag" ist von der Inhaltsbeschreibung her genau die Art von kitschiger und romantischer Liebesgeschichte, die ich so gerne mag. Wie traumhaft es klingt, zwei Personen treffen zufällig aufeinander, verbringen einen schönen, witzigen, gefährlichen und verrückten Tag in Paris und verlieben sich. Und am nächsten Morgen Verwirrtheit, Angst und Unglaube, der Junge, der dem Mädchen gestern noch so nah war ist verschwunden, spurlos und das Mädchen befindet sich alleine in einer fremden Stadt ohne Bezugspunkte und Sprachkenntnisse.
Kann ja nicht so schwer sein, dort wieder weg zu kommen. Genau das dachte ich auch, allerdings ist Allyson die Art von typischen amerikanischem Mädchen, das uns in Büchern des Öfteren über den Weg läuft. Intelligent, planend, aus guten Verhältnissen und behütet aufgewachsen. Auch weit nach ihrem 18. Geburtstag wird sie noch stark durch ihre bevormundende Mutter beeinflusst. Sie war nie wirklich auf sich allein gestellt oder hat Entscheidungen für sich getroffen und ist vollkommen überfordert mit der Situation. Da ist auch schon der erste Kritikpunkt, diese Allyson kann ganz schön nervig sein. Da muss man als Leser einfach durch und ihr eine zweite Chance geben. Denn nach einer, doch recht quälenden Zeit der Depression, in die sie nach dem Verlust von Willem verfällt, blüht sie auf. Sie packt ihr Leben buchstäblich an den Hörnern, macht worauf sie Lust hat und lebt nicht mehr den Traum ihrer Mutter. Sie sucht sich einen Job, um eine erneute Reise nach Paris zu finanzieren, um endlich Antworten und im besten Fall auch Willem zu finden.
In „Nur ein Tag" werden Zufälle ganz großgeschrieben, denn alles beruht darauf, auf Zufällen und auf dem Schmetterlingseffekt. Durch diese Zufälle lernt Allyson nicht nur Willem kennen, sondern auch ganz viele andere Menschen, die ihr selbstlos zur Seite stehen und ihr bei ihrer Mission helfen. Gayle Forman hat großartige Arbeit geleistet, man gewinnt wieder den Glauben an die Gesellschaft. Die Nebencharaktere sind mindestens genauso interessant gezeichnet wie die Protagonisten selbst.
Das entspricht genau der Wahrheit. Denn auch wenn ich erst achtzehn bin, weiß ich längst, dass sich die Welt in zwei Gruppen spaltet: die Macher und die Beobachter. Diejenigen, die etwas bewegen, und all die anderen, die sich bewegen lassen. Aus „Nur ein Tag von Gayle Forman
Willem ist im Gegensatz zu Allyson ein Freigeist, wild, spontan und voller Lebenslust (Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an). Er wird als Frauenheld dargestellt, in jeder Stadt, an jedem Finger hat er gleich mehrere Frauen und doch so scheint es, wird er in Allyson Gegenwart weniger gehetzt. Das Bild des Macho-Casanovas bröckelt. Und obwohl Willem in diesem Buch nicht sehr lange vertreten ist, ist seine Person dennoch ein fester Bestandteil. Willem war mir trotz seiner Macken und seiner geheimnisvollen Art, von Anfang an sympathisch und sein plötzliches Fehlen, hat auch mich getroffen.
So wie man Allyson eine Chance geben muss, so muss man der Geschichte auch etwas Zeit lassen sich zu entwickeln. Die anfängliche Aufregung verfliegt schnell und weicht einer zähen Zeit, die durch Allysons ursprüngliche passive Art nicht gerade verbessert wird. Doch sobald Allyson den Absprung schafft, wird auch die Geschichte besser. Während man zuvor teilweise nur genervt war, fiebert man nun mit, steigt vollkommen in die Suche ein, so als würde diese einen selbst betreffen. Ich möchte auch die Sprache, die Gayle Forman gewählt hat loben. Sie ist äußerst bildgewandt und für ein Jugendbuch absolut passend.
Fazit
„Nur ein Tag" ist eine emotionale Reise nach Antworten und am Ende findet die Protagonistin Allyson nicht nur diese, sondern auch sich selbst und kann dadurch ihrem Leben endlich eine eigene, individuelle Note geben. Auch wenn es am Anfang zäh und langatmig ist, so sollte man dem Buch eine Chance geben, denn am Ende weiß es zu verzaubern.