Rezension: Nicu & Jess - Sarah Crossan/Brian Conaghan

Von Niwa

© Mixtvision Verlag

Nicu & Jess| Sarah Crossan & Brian Conaghan |

Verlag: Mixtvision Verlag 2018

Seiten: 330 ISBN: 9783958541061

MEINE BEWERTUNG 

-Von Nicu und JessNicu und Jess könnten unterschiedlicher nicht sein und sind sich doch ähnlich. Sie lernen sich beim Müllaufsammeln im Park kennen, wodurch sich eine zarte Freundschaft spinnt. Doch dann treffen sie eine folgenschwere Entscheidung und das Drama beginnt.

"Nicu & Jess" ist ein untypischer Jugendroman mit einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte, der in erster Linie gesellschaftliche Randgruppen, Fremdenhass und schwierige familiäre Verhältnisse thematisiert.

Jess ist ein toughes Mädchen, das einen relativ guten Stand bei ihren Freundinnen hat. Doch dann wird sie beim Klauen erwischt und als Strafe zum Müllaufsammeln im Park geschickt.

Nicu konnte ebenfalls seine Finger nicht bei sich behalten. Mit dem Griff zum unbezahltem Schokoriegel hat er sich strafbar gemacht. Jetzt ist der rumänische Einwanderer nicht nur zum Dienst an der Allgemeinheit via Müllaufsammeln verpflichtet, sondern es wird auch gemeinschaftlich die Schulbank gedrückt.

Beide Charaktere sind entzückend, glaubhaft sowie mit Ecken und Kanten beschrieben. Schnell fügt man sich in ihr jeweiliges Leben ein und versteht, warum sie so gehandelt haben. Während sich Nicu und Jess beim Müllaufsammeln kennenlernen, bekommt man einen Blick hinter die Kulissen.

Die Jugendlichen haben familiäre Probleme, die mehr als unangenehmes Geplänkel sind. Nicu fühlt sich seiner Familie verpflichtet, die ihn liebt und unterstützt. Aber sie spart für seine Hochzeit mit einem Mädchen aus der Heimat, womit er so gar nicht einverstanden ist. Denn Nicu sieht in den Roma-Bräuchen seiner Familie keine Zukunft für sich und möchte viel lieber in Großbritannien bleiben.

Hier Fuß zu fassen ist alles andere als einfach. Schon allein wegen der Sprachbarriere ist es für ihn schwierig, sich verständlich auszudrücken. Egal ob Lehrer, Mitschüler oder Sozialarbeiter, kaum jemand macht sich die Mühe den jungen Mann kennenzulernen und mehr als den Fremden in ihm zu sehen.

Im Gegensatz dazu ist Jess alteingesessen, hat es aber mit sehr schwierigen Familienverhältnissen zutun. Ihre Mutter hat sich an einen gewalttätigen Mann gebunden, der nicht nur ihr Leben bedroht. 

Unter diesem Umständen lernen sich Nicu und Jess kennen, respektieren und glauben, dass ihre Chance gekommen ist.

Die Handlung ist grundsätzlich rasch erzählt und dennoch nimmt diese Geschichte sehr viele Facetten an. Schulische Einrichtungen werden genau wie das Sozialwesen zur Rechenschaft gezogen und es wird auf mangelnde Unterstützung durch Lehrer, Sozialarbeiter und Gesellschaft aufmerksam gemacht. Eigentlich will jeder nur seine Ruhe haben und ist froh, wenn er sich gar nicht erst um die Schutzbefohlenen bemühen muss.

Daher ist dieses Buch meiner Meinung nach sehr gut gelungen, obwohl man mit dem Schreibstil schon seine Mühe hat.

Es wird nämlich in Versform abwechselnd aus den Perspektiven von Jess und Nicu erzählt. An die prägnanten Verse hatte ich mich rasch gewöhnt, allerdings habe ich mit Nicus Part oftmals zu kämpfen gehabt. Bei seinem Teil kommt ein furchtbarer Kauderwelsch zum Zug, der  wohl der Sprachbarriere Ausdruck verleihen soll. Charmant ist dafür, wenn man merkt, dass der Junge etwas falsch verstanden hat, und er sich seinen eigenen Reim drauf macht.

Das Buch ist schnell gelesen, hat einen eigenartigen Sog und überzeugt mit einem dramatischen Ende, das ich mir so nicht ausgemalt habe.

Meiner Meinung nach ist die Geschichte von „Nicu & Jess“ ein wichtiges, wenn auch teilweise schwierig zu lesendes Buch, das auf gesellschaftliche Missstände zeigt und damit zum Nachdenken anregt.


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Ich bedanke mich beim Verlag für das Rezensionsexemplar.


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