Autorin: Tamara Ireland Stone / 334 Seiten / Übersetzung: Sandra Knuffinke, Jessica Komina / Hardcover / Verlag: Magellan / OT: Every Last Word / auch erhältlich bei: mayersche.de, bücher.de
Der Plot…
Worte sind nicht Samanthas Freunde.
Ganz im Gegenteil: In endlosen Gedankenschleifen verfolgen sie Sam und hindern sie daran, ein normales, unbeschwertes Leben zu führen. Aus Angst, als verrückt abgestempelt zu werden, verheimlicht Sam ihren täglichen Kampf sogar vor ihren Freundinnen. Nur die unkonventionelle Caroline sieht hinter Sams Fassade und lädt sie ein, sich einem geheimen Dichterklub anzuschließen. Hier erlebt Sam zum ersten Mal die befreiende Kraft von Worten und kommt sich seit langer Zeit selbst wieder nahe. Als sie sich in den klugen, zurückhaltenden AJ verliebt und gerade beginnt, vorsichtig auf ihr neues Glück zu vertrauen, stellt eine unerwartete Entdeckung alles infrage.
Nach Worten ringend..
Die richtigen Worte zu finden, kann mitunter schwer werden. Paradoxerweise ging es mir ausgerechnet bei „Mit anderen Worten: ich“ so. Die Protagonistin Samantha McAllister hat nämlich ihre Probleme, Gedanken zu äußern. An sich ist das für jemanden in dem Alter nichts ungewöhnliches, wenn man sich einer Gruppe anpassen will. Als Mitglied der beliebtesten It-Mädchenclique könnte man außerdem meinen, dass es Sam an nichts fehlt. Sie und ihre Freundinnen kennen sich seit jungen Jahren. Doch die Harmonie zwischen Samantha und „der Acht“ ist Fassade. So ist sie immer auf der Hut davor, nicht verspottet und ausgegrenzt zu werden. Ihr Geheimnis zu lüften ist für sie daher völlig unmöglich…
Mein Resume…
Der Leser lernt die wahre, verletzliche Sam zuerst kennen. Man wird gleich im Prolog durch ein bestimmtes Ereignis, Zeuge ihrer Ängste und Gedankenspiele. Ein sehr düsterer Moment und für mich war dieser definitiv der dunkelste im Buch.
Seit Jahren leidet Sam an einer Zwangsstörung, zudem spielen ihre Gedanken manches Mal so böse Streiche mit ihr, das sich diese zu ernsthaften Panikattacken entwickeln. Niemand außer ihrer Familie und ihrer Therapeutin weiß davon. Es ist ihr Geheimnis, unter welchem sie immer mehr unter Stress gerät. Das Sam keinen ihrer Freunde soweit vertrauen schenken kann, um sich wirklich ihnen zu öffnen, empfand ich als sehr traurig. Sobald man der Clique begegnet, ist das auch verständlich. Es wird unter einander gezickt, gelästert und gemobbt.
Sams Begegnung mit Caroline bereits am ersten Tag des neuen Schuljahres, steht in der Geschichte für die aktuelle Situation und das sich etwas ändern muss. In ihrer schwierigsten Zeit ist Caroline für Sam da, hört ihr zu und lädt sie ein in die Dichterecke mitzukommmen. Ein Ort, der sich genau mit dem befasst, wovor Sam so große Angst hat: seine wahren Gefühle und Gedanken auszudrücken, und loszulassen.
Mir gefiel der Aspekt der Lyrik unheimlich gut, und ich verbrachte ebenso gerne Zeit in der Dichterecke wie Sam. Die Persönlichkeit Carolines sprach mich auch sehr an, nur fragte ich mich immer wieder, wieso sie so im Verborgenen blieb. Eine aufblühende Romanze gibt es in dieser Geschichte auch. Sie erweist sich jedoch nicht als tragend, wofür ich dankbar bin. Bei mir hinterließ AJ einen sehr angenehmen Eindruck und ich verstand Sams Faszination zu ihm.
Tamara Ireland Stones Porträtierung von Samanthas Zwangsstörung fühlte sich in Gänze realistisch ausgeführt und gut recherchiert an. Mir kam jedes Mal die Gänsehaut, wenn die Autorin diese Momente beschrieb. Sams Sehnsucht einfach nur sie selbst zu sein ist etwas, womit nicht nur viele Jugendliche hadern. Die Angst abgelehnt und ausgelacht zu werden, kann mitunter größer sein. Ireland Stone hat diesen Zwiespalt sehr authentisch transportiert. Auch die Therapiesitzungen gewährten einen guten Einblick in Sams Innenleben.
Ein Kritikpunkt war für mich der etwas langsame und ereignislose Teil nach ca. Mitte des Buches. Womit ich jedoch absolut nicht rechnete, war ein Plot Twist, der sich gewaschen hat. Dieser schockierende Wechsel schlich sich plötzlich hinterhältig aus dem Nirgendwo heran und haute mich um. Die Auflösung wurde noch einmal richtig emotional, wobei das Ende für mich zu sehr an der Realität vorbeischrammte.
Tacheles…
In Gänze wirft „Mit anderen Worten: ich“ ein gelungenes und authentisches Bild auf das Thema Zwangsstörung. Tamara Ireland Stone verwebt das Thema ebenso mit Familie und Freundschaft. Die Autorin bietet beängstigende Einblicke in die Gefühlswelt, rührende Momente und eine Wende, die mir den Atem raubte. Ich war wortwörtlich sprachlos.