|Rezension| "Metamorphose am Rande des Himmels" von Mathias Malzieu




Vögel werden im Himmel beerdigt.
Tom »Häma-Tom« Cloudman träumt sein ganzes Leben lang vom Fliegen. Schon als Kind konnte er kaum stillsitzen und hat seinen Traum schließlich zu einer Art Beruf gemacht. In einem umgebauten Sarg zieht er durch die Dörfer, niemals sesshaft und immer unterwegs, und erheitert die Bewohner mit Stunts, die meistens schief gehen. Schon bald muss Tom jedoch feststellen, dass sein Traum zu Fliegen von seiner unheilbaren Erkrankung überschattet wird - aufgeben will er jedoch nicht und so schleicht er sich Nachts aufs Krankenhausdach und begegnet dort der geheimnisvollen Vogelfrau Endorphina, die Tom einen verlockenden Vorschlag macht...
»Mathias Malzieu findet immer wieder neue Bilder und Metaphern, die er spielerisch mischt - eine ganz eigene poetische Kraft.«, sagt das NDR auf dem Klappentext des Buches und das kann wohl jeder nur bestätigen. Malzieu schreibt in einer anderen Welt, er tanzt mit den Worten Walzer und versteckt seine Geschichte hinter künstlerischen Sätzen. Dabei passiert es leider etwas zu oft, dass diese sehr poetische Art zu Schreiben und extrem viele Metaphern zu nutzen, ein wenig aufgesetzt wirkt und manches Mal auf eine Ebene gelangt, die dem Leser zu skurril sein könnte. Hinzu kommen einige Wortneuschöpfungen und Verdreher, die den Eindruck eines Märchens verleihen, was "Metamorphose am Rande des Himmels" zwar sein will, aber irgendwie manchmal etwas zu weit abdriftet in einen Strom, in dem ich der Geschichte leider nicht mehr folgen konnte.
Phantasie findet immer auf unterschiedlichen Ebenen statt und manch einer kann man gut folgen, während eine andere einfach zu abstrus erscheint. "Metamorphose am Randes des Himmels" war für mich eine Geschichte, die tatsächlich am Rande des Himmels spielte, an einer Schwelle, die ich nicht mehr betreten konnte, die mich faszinieren, aber nicht packen konnte. Und so flatterte das Buch mir immer ein paar Meter voraus, während ich, mal mehr und mal weniger bemüht, hinterher rannte und versuchte, der Geschichte etwas abzugewinnen. Am Ende war ich dann doch ganz froh, die Geschichte fliegen lassen zu können, denn obwohl dieses moderne Märchen unbestreitbar etwas besonderes ist, so hat es mich weder emotional, noch auf irgendeiner anderen Ebene wirklich berührt und genau das hätte ich, vom Inhalt her, eigentlich erwartet. Warum "Metamorphose am Rande des Himmels" besser in den Himmel passt?
Vielleicht weil die Geschichte, ebenso wie Protagonist Tom, vom Fliegen träumt und irgendwann sinnbildlich tatsächlich zum Vogel mutiert. Immer wieder ist die Geschichte mir aus den Fingern geglitten, wurde immer skurriler und bedrückender, und hat mich im wahrsten Sinne auf dem Boden der Tatsachen zurückgelassen, während es selbst in ganz andere Gefilde unterwegs war. Kurz gesagt: Es war mir einfach zu abgedreht. Gegen merkwürdig skurrile Geschichten habe ich prinzipiell nichts einzuwenden, aber "Metamorphose am Rande des Himmels" bewegt sich auf einem extrem schmalen Grat und rutschte für mich immer wieder ins Unverständliche ab. Besonders die sehr sexuelle Ebene, die Malzieu des Öfteren einbringt, wirkte auf mich sehr befremdlich und unwirklich, sodass ich solcherlei Szenen zumeist mit einer gehobenen Augenbraue quittierte.
Weitaus schlimmer als das, ist jedoch die Tatsache, dass die Geschichte in mir keine Gefühle wecken konnte. Ich habe sie so gelesen, wie man einen Zeitungsartikel liest und genau so wirkte sie stellenweise auch auf mich. Die Protagonisten sind merkwürdige Figuren mit skurrilen Schicksalen, die man kaum greifen kann und, die ich für meinen Teil, auch gar nicht wirklich greifen wollte. Leid, Trauer, Ängste, Liebe - all das konnte die Geschichte für mich nicht transportieren und so sehr ich auch gemeinsam mit Tom abheben wollte, ich blieb doch immer am Boden - ungetroffen und mitleidlos, was natürlich dafür gesorgt hat, dass mich die Schicksale der Figuren so gut wie gar nicht interessiert haben.
Sicherlich, die Botschaft ist schön, aber irgendwie auch abgedroschen und plattgetreten. Wird der Traum vom Fliegen und der Appell, seine Träume niemals aufzugeben, nicht in jeder Geschichte behandelt, wenn auch nur nebensächlich? Auch wenn eben diese Botschaft hier seitenweise extrem präsent ist, hat die befremdliche Umsetzung mir den Spaß an der Geschichte genommen - und da konnte nicht einmal mehr der schöne Schreibstil helfen. Schade, denn nachdem jeder so von Malzieus Können (was auf literarischer Ebene tatsächlich unbestreitbar ist, versteht mich da nicht falsch!) schwärmte, bin ich nun doch etwas desillusioniert und unsicher, ob ich "Die Mechanik des Herzens" wirklich noch lesen sollte. "Metamorphose am Rande des Himmels" jedenfalls hat in mir weder eine Metamorphose angefacht, noch Gefühle angeregt oder mich nachdenklich machen können.
Manche Geschichten sind millionen Lichtjahre von einem entfernt und "Metamorphose am Rande des Himmels" ist eines dieser Bücher, denn die Metamorphose, die Tom durchmacht, war für mich nur eins: befremdlich! Der wunderschön poetische und teils auch skurrile Schreibstil hat mir sehr zugesagt, aber auch wenn ich prinzipiell offen für Verrücktes bin, hat dieses Buch meine Grenzen leider überschritten und mich auf keiner Ebene wirklich packen können. Ein modernes Märchen, welches man in dieser Art sicherlich nicht noch einmal findet, auf das man sich aber auch einlassen muss, um es zu mögen. Mir ist die Geschichte leider immer wieder durch die Finger geglitten und ich konnte sie bis zum Ende nicht greifen. Sehr schade!

Mathias Malzieu, geboren 1974 in Montpellier, Frontmann der französischen Kultband "Dionysos", ist ein Meister im Erfinden von einzigartigen Traumwelten. Nach dem internationalen Überraschungsbestseller Die Mechanik des Herzens wurde auch Metamorphose am Rande des Himmels zu einem sensationellen Erfolg in Frankreich. Malzieus nächster Roman erscheint in Kürze in Frankreich. [via carl's books]
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Für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars bedanke ich mich sehr herzlich bei

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