Nach dem grandiosen Debüt mit „Die Falle“ folgt nun mit „Die Wahrheit“ der zweite Thriller von Melanie Raabe.
Sieben Jahre ist es her, dass Sarahs Mann, der vermögende Geschäftsmann Philipp Petersen, auf einer Geschäftsreise in Kolumbien spurlos verschwunden ist. Nachdem Sarah jahrelang getrauert und den gemeinsamen Sohn alleine groß gezogen hat, schaut sie so langsam nach vorne und versucht, sich ein neues Leben aufzubauen. Doch dann bekommt sie plötzlich einen Anruf – Philipp lebt und kehrt schon am darauffolgenden Tag zurück nach Hause. Aber dann folgt der Schock: der Mann, welcher aus dem Flugzeug steigt, sich als Philipp Petersen ausgibt und scheinbar alles über Sarah und ihr Leben mit Philipp weiß, ist ein Fremder.
Nachdem mich vor gut einem Jahr Melanie Raabe mit ihrem Debüt so absolut begeistern konnte, war ich selbstverständlich ganz Feuer und Flamme für den neuen Thriller, eine neue, genauso fesselnde und unfassbar gute Geschichte. Ja, die Erwartungen waren nach dem fantastischen ersten Roman jetzt unheimlich hoch und ich habe bereits im Vorfeld versucht, diese Erwartungen etwas runter zu schrauben. Schließlich ist es nahezu unmöglich, ein so großartiges Debüt nochmals zu übertrumpfen. Und so gerne ich sagen würde, dass es Melanie Raabe doch geschafft hat – dem ist nicht so.
Tatsächlich war ich am Ende wirklich ein wenig enttäuscht. Dabei beginnt „Die Wahrheit“ wirklich vielversprechend, denn von Anfang an ist bereits eine gewisse Grundspannung vorhanden, die sich zwar etwas gemächlich, aber sicher aufbaut. Und die Handlung ist, auch bedingt durch den lesenswerten Schreibstil, durchweg fesselnd und verursacht an der ein oder anderen Stelle Gänsehaut. Was die Spannung angeht, kann die „Die Wahrheit“ also durchaus mit „Die Falle“ mithalten. Genauso wie beim Erstlingsroman wird auch hier der Leser das ein oder andere Mal ins Irrlicht geführt, man hinterfragt das Verhalten und die Gedankengänge der Protagonistin Sarah und ist sich unsicher, auf welcher Seite man steht. Solche psychischen Irreführungen sind es, die einen Psychothriller zum größten Teil ausmachen und es ist fraglos, dass Raabe dieses Meisterwerk absolut beherrscht. Ich habe also das gesamte Buch eigentlich sehr gerne gelesen und zwar nahezu atemlos wie auch vollkommen gefesselt. Zur Handlung und den Charakteren selbst kann ich leider nicht viel mehr sagen, ohne zu spoilern, deswegen muss das hierbei entfallen.
Wieso war ich also am Ende ziemlich enttäuscht? Ganz einfach. Wegen dem Ende. Wie bei allen Kriminalromanen und Thrillern üblich, folgt auf jede noch so spannende Handlung irgendwann die Auflösung. Und hier lag die Auflösung in meinen Augen so klar auf der Hand und wirkte so banal, dass ich bis zur letzten Zeile noch gehofft hatte, es würde ein letzter Plottwist folgen, der diese Auflösung wieder wettmacht. Dem war jedoch nicht so, die Auflösung blieb. Und ich war nach über vierhundert vielversprechenden Seiten wirklich enttäuscht. Meiner Meinung nach hatte die gesamte Handlung so viel Potenzial für ein gänzlich anderes Ende und auch wenn ich fast die gesamte Lektüre über dachte, was für ein guter Thriller dies wieder sei – das Ende hat es für mich im Nachhinein schlichtweg verdorben.
Wie das leider mit zu hohen Erwartungen oft so ist, konnten sie hier nicht so recht erfüllt werden. Der Großteil von „Die Wahrheit“ ist zwar ein durchaus vielversprechender Thriller voller Spannung und psychologischen Irreführungen, doch die sehr schwache Auflösung am Ende verdirbt für mich leider einfach das Gesamtwerk. Schade.
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Bibliografie:
ISBN: 978-3-442-75492-2 / Verlag: btb / Übersetzung: –
Seiten: 448 / ET: 29.08.2016 / Originaltitel: –