Zusammenfassung:
Mia hat ihre große Liebe Jacob durch einen Autounfall verloren. Und mit ihm auch ihr Glück und ihre Freude. Sie kann sich nicht von ihm verabschieden und sucht nach einem Weg, ihm nahe zu bleiben. Für Mia steht fest: Sie muss denjenigen sehen, der nun das Spenderherz von ihrem geliebten Jacob in sich trägt. Sie will nichts weiter. Sie will ihn nur sehen. Doch dann läuft alles anders - sie lernt Noah kennen und plötzlich findet sie wieder Freude am Leben. Sie fühlt sich konfrontiert: Darf sie überhaupt glücklich sein? Oder ist sie es Jacob schuldig, sich nicht zu verlieben? Und wann wird sie Noah die Wahrheit erzählen?
Cover, Titel, Klappentext:
Das Cover hat einen wunderschönen, glänzenden Goldfolien-Effekt, der sich nach unten hin in ein Rosé-Gold entwickelt. Ich mag den thematischen Kontrast zwischen dem Mechanischen der Zahnräder und dem Dynamischen der Wellen. Noah ist ein Kajak-Fahrer und bringt dies Mia im Buch bei - daher passen die Wellen ganz wunderbar. Auf das Herz wird im Buch auf sehr oft verwiesen. Abgesehen von dem Spenderherz selbst wird zum Beispiel erwähnt, dass ihre Herzen im gleichen Rhythmus schlagen usw. Das Motiv des Herzens zieht sich also nicht nur auf dem Cover wie ein roter Faden durch die ganze Geschichte.
Dein Herz kannst du nicht betrügen
Jessi Kirbys Roman hat 34 Kapitel auf 365 Seiten. Jedes Kapitel fängt mit einer eigenen Titelseite an, auf der Vorderseite die Kapitelnummer und auf der Rückseite ein Zitat bzgl. verschiedener Dinge. Ab und zu geben diese ganz nützliche Informationen über die Richtlinien des Organ-Spendens in Amerika, ab und zu sind es einfach nur literarische Zitate, etc. Jedenfalls nehmen diese Seiten sehr viel Platz weg und auch durch die vielen Absätze und durch die große Schrift geht viel Platz verloren.Dies zeigt sich dann auch im Lesen. Kaum hat man angefangen, schon ist man durch. Die Seiten fliegen nur so an einem vorbei, nicht zuletzt aber auch wegen Kirbys wunderbarem, flüssigen und leichten Schreibstils, der den Anforderungen eines Jugendbuchs absolut gerecht wird.
Positiv aufgefallen ist mir dabei, dass sie alles sehr natürlich hinbekommt. Mia und Noah werden nicht durch irgendwelche Charakterisierungen eines Erzählers nahegebracht, sondern der Leser lernt sie durch ihre Handlungen und Gedanken kennen. Auch Schlüsselszenen fügen sich gut in die Geschichte ein. Gerade bei den traurigen und gefühlvollen Stellen brilliert der Schreibstil, der einem so nah und echt die Gefühle vermittelt, dass einem schon Tränen kommen können. Bei vielen Büchern hat man ja das Gefühl, dass ein bestimmtes Kapitel nur dazu da ist, um dem Leser bestimmte Informationen zu übermitteln oder eine Wendung in die Geschichte zu bekommen. Das ist weitesgehend nicht der Fall hier, lediglich am Ende kommt das Gefühl ein wenig hoch.Die beiden Figuren sind wirklich sympathisch. Besonders Mia wirkt in ihren von Schuldgefühlen geplagten Momenten wie jemand, den man einfach durchknuddeln muss, weil man richtig mit ihr mitfühlen kann. Und umso mehr freut man sich, wenn sie langsam immer mehr ins Leben zurückfindet und immer mehr Freude zulassen kann. Man fiebert wirklich mit ihr mit und hofft für sie, dass sie irgendwann endlich lernt, loszulassen. Und Noah, der ebenfalls eine sehr schwere Zeit hinter sich hatte und nun jeden Augenblick seines Lebens genießen will, passt zu dieser Entwicklung einfach perfekt. Das Buch konzentriert sich aber nicht auf Mias Gedanken zu Jacob, wie man vielleicht meinen könnte. Tatsächlich kommt er sehr selten vor, im Grunde genommen kann man Jacob gar nicht charakterisieren. Man weiß nur, dass es ihn gegeben hat und man erlebt Mia ein paar Mal beim Trauern. Ansonsten stehen die Beziehung zwischen Mia und Noah, die sich aufbaut, und Mias Wandel zurück in das Leben im Mittelpunkt.Insgesamt passiert sehr viel auf sehr wenig Zeit oder die Handlungen werden sehr schnell abgetan. Vielleicht liegt es auch daran, dass sich das Buch eben so schnell liest, aber mir kam es teilweise sehr sprunghaft vor. Beispielsweise wird fast nur beiläufig erklärt, wie Mia überhaupt herausgefunden hat, wer das Herz erhalten hat - und die Erklärung wirkt schon recht konstruiert. Und kaum haben sich Mia und Noah gerade erst kennengelernt und am nächsten Tag steht Noah schon mit einer Blume vor der Haustür von Mia. Ich hätte gerne mehr Zeit gehabt, um diese Entwicklungen von Kennenlernen, über Freundschaft, bis hin zur Liebe nachvollziehen zu können. So schien es mir etwas unrealistisch.
Spannung wird dadurch erzeugt, dass Mia es nicht schafft, Noah die Wahrheit zu sagen. Denn eigentlich wollte Noah keinen Kontakt zu den Angehörigen von Jacob haben. Doch irgendwie ist sie in diese Situation hineingerutscht und hat nun Angst, Noah zu verletzen oder ihn gar dadurch zu verlieren. Umgekehrt verheimlicht auch Noah seine Vergangenheit vor Mia, weil er vergessen will. Er will die Krankheit besiegt haben und einfach von vorne anfangen.Das Ganze macht das Buch zumindest dahingehend recht ruhig. Der Spannungsbogen ist recht flach, wobei dies bei Liebesgeschichten ja häufig der Fall ist. Die Spannung nimmt dann rasant in den letzten 50 Seiten Fahrt auf und da hat es Jessi Kirby meiner Meinung nach eindeutig übertrieben. Das Ende war insgesamt viel zu voll, es passieren sehr viele Dinge gleichzeitig und lösen sich dementsprechend auch viel zu schnell und passen nur sehr bedingt ineinander. Der Konflikt wurde auch sehr vorhersehbar, denn es nimmt eine sehr klassische Wendung und bringt nichts Neues mit sich. Es ist eben ein typisches, gelingsicheres Ende, das man schon gefühlte 10.000 mal gelesen hat.Ich hätte mir auch mehr Tiefgang gewünscht. Das Thema bietet dafür eine absolut gute Basis, auf die man hätte aufbauen können. Fragen bezüglich der Handlungsfreiheit, der Schuldgefühle, aber auch die Problematik der Spender-Organe selbst. Allerdings hat Jessi Kirby diese Kurve nicht gekriegt und stützt sich in ihrem Buch lediglich auf die subjektiven Gefühle Mias.
Fazit:
Jessi Kirby hat eine sehr schöne, in vielen Teilen authentisch wirkende Geschichte erschaffen mit ergreifenden Momenten, die einen in süßen Schmerz versinken lassen können. Tolle Charaktere und wunderschöne, lebensbejahende Momente runden die schwere Thematik ab. Leider vergehen einige Handlungen viel zu schnell, oberflächlich und sind so vorhersehbar, dass die Überraschungsmomente leider nicht funktionieren. Gerade das abrupte Ende hatte einige Enttäuschungen mit sich gebracht. Insgesamt sehe ich das Potenzial des Buchs einfach nicht erschöpft. Es hätte noch etwas mehr Tiefe vertragen können.
Genre-Wertung:
Gesamt-Wertung:
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