Rezension: "Mark Brandis: Die Zeitspule" (Interplanar/Folgenreich)


Nachdem Anfang Januar diesen Jahres Mark Brandis: Metropolis-Kovoi in den Handel kam, sollte die Hörspielserie eigentlich im April mit Mark Brandis: Der Spiegelplanet weitergehen. Aus produktionstechnischen Gründen kam es jedoch nicht dazu und so mancher Fan war darüber nicht gerade erfreut. Als Interplanar Produktion und Folgenreich allerdings bekannt gaben, dass als Ausgleich für das ausgefallene Hörspiel das nächstfolgende Abenteuer des ehemaligen Testpiloten der VEGA und jetzigen Vormanns der Gesellschaft zur Rettung Raumschiffbrüchiger als Doppelfolge produziert werden sollte, glätteten sich die Wogen wieder. Am 11. Juli nun kommt Mark Brandis: Die Zeitspule offiziell in den Handel und die große Frage ist natürlich: Hat sich das Warten wirklich gelohnt?
Die Handlung von Mark Brandis: Die Zeitspule spielt im Jahre 2136 und damit kurz nach den Ereignissen in Mark Brandis: Metropolis-Konvoi. Die Hungersnot auf der Erde hält weiterhin an und mit strengen Rationierungen versucht die Zentralregierung der Union die Situation unter Kontrolle zu behalten. Die Raumnotretter sind mangels Ressourcen handlungsunfähig, weshalb Mark Brandis seinem ehemaligen Vorgesetzten John Harris auf die Venus gefolgt ist. Doch dort bringt ein skrupelloser Entführer Brandis in seine Gewalt und schickt ihn auf die Jagd nach einem Schatten aus der Vergangenheit. Natürlich versucht der Vormann der Raumnotretter, die Initiative zurückzugewinnen, doch er muss sehr vorsichtig vorgehen, denn das Leben seiner Frau Ruth wird bedroht. Als Brandis und Iwan Stroganow zu Fuß aufbrechen, um eine Versuchsanlage im antarktischen Eis zu finden, geraten sie zwischen die Fronten einer erbittert geführten Auseinandersetzung ...
Es dreht sich viel um das Thema Zeit in diesem Hörspiel: Während die Zukunft der Erde weiter auf der Kippe steht, wird Mark Brandis von einer Person aus seiner Vergangenheit mächtig unter Druck gesetzt. Und dann wäre da noch die Zeitspule - jenes mysteriöse Artfakt mit fantastischen Fähigkeiten, dem alle Beteiligten hinterherjagen. Zu guter Letzt hat auch für die Serie insgesamt der Countdown begonnen, denn 2015 soll sie beendet werden. Im Juli 2012, als die bis dahin letzte Doppelfolge erschien, war von einem bevorstehenden Ende von Mark Brandis noch keine Rede. Das Abenteuer hieß Mark Brandis: Lautlose Bombe und wenngleich die Geschichte insgesamt recht ansprechend war, brauchte die Story viel zu lange, ehe sie richtig in Schwung kam. Aus diesem Holz ist Mark Brandis: Die Zeitspule hingegen nicht geschnitzt, denn Autor Balthasar v. Weymarn, der auf Motive des gleichnamigen Romans von Nikolai v. Michalewski zugegriffen hat, treibt die Handlung vom Start weg kräftig voran, ohne jedoch die Dinge dabei zu überstürzen. Indem er die Akteure ständig in Bewegung hält, vermeidet er jeglichen Leerlauf und zwingt die Hörer gleichzeitig zu großer Aufmerksamkeit. Trotz des angenehm hohen Erzähltempos und der nicht zu verachtenden Action kommen weder die emotionalen Momente zu kurz, noch fehlt es an der Weiterentwicklung der politischen Situation auf der Erde. Die Erzählung, die in ihrem Fortgang langjährige Fans mit einer ganzen Reihe von Rückbezügen auf vorangegangene Geschichten belohnt, bietet in der Tat kurzweiliges und überzeugendes Drama auf allen diesen Ebenen und präsentiert sich als gut austariertes Ganzes. Den positiven Gesamteindruck kann dabei auch nicht die Tatsache beeinträchtigt, dass durchaus nicht alle Fragen beantwortet werden. Und dass Brandis Erklärung der Zusammenhänge am Schluss etwas sehr schnell über den Hörer hereinbricht, hat v. Weymarn wohl auch selbst erkannt. Nicht ohne Grund lässt er John Harris Brandis' Ausführungen mit den Worten kommentieren: „Da bekommt man ja Kopfschmerzen“. Ganz so schlimm ist es dann aber unterm Strich doch nicht. Vielmehr wird hier zügig ein Schlusspunkt unter eine Geschichte mit ca. 109 Minuten Laufzeit gesetzt und gleichzeitig den Raumnotrettern eine neue Perspektive gegeben. Nachdem der Vorgänger Mark Brandis: Metropolis-Konvoi merklich Probleme mit dem richtigen Timing des Plots aufwies, ist Mark Brandis: Die Zeitspule in dieser Hinsicht wieder ein großer Schritt nach vorn.
Was die Besetzung des Hörspiels angeht, so kommt man dieses Mal ohne David Nathan und Martin Keßler aus, denn ihre Charaktere Grischa Romen und Pablo Torrente sind anderweitig gebunden. Auch Claudia Urbschat-Mingues absolviert als Dr. Levi nur einen kürzeren Auftritt. Neben Michael Lott, Dorothea Anna Hagena und Martin Wehrmann als Iwan Stroganov braucht man zudem auch nicht auf Gerhart Hinze als Harris und Mira Christine Mühlenhof als Bordsystem CORA zu verzichten. In den Nebenrollen sind u.a. Oliver Rohrbeck, Peter Groeger, André Beyer und Thomas Nero Wolff mit von der Partie. Ihrem Ruf als exzellent besetzte Hörspielserie wird Mark Brandis auch dieses Mal wieder gerecht. Dies gilt auch für die Musik und das Sounddesign, für das wie gehabt Jochim-C. Redeker verantwortlich zeichnet. Wie schon in der Vergangenheit, so wurde mit viel Liebe zum Detail eine dichte Klangkulisse etabliert, die keinen Vergleich zu scheuen braucht. Da jede CD dieses Zweiteilers über ein individuelles Cover verfügt, kam Alexander Preuss als Designer gleich doppelt zum Einsatz. Seine Grafiken sind atmosphärisch und passen gut zu Geschichte, die in Mark Brandis: Zeitspule erzählt wird.
Die eingangs aufgeworfene Frage, ob sich das Ausharren für dieses Hörspiel gelohnt hat, kann eindeutig bejaht werden. Mit Mark Brandis: Die Zeitspule legt Interplanar ein stringent geschriebenes und in gewohnter Qualität produziertes Hörspiel vor, das die Erwartungen der Anhänger der Serie absolut erfüllen dürfte. Auf diesem Level darf es bis zum Finale im kommenden Jahr gerne weitergehen.
Link: Mark Brandis bei Folgenreich/Universal Music Family Entertainment Bei Interesse: Verzeichnis meiner anderen SF-Hörspielrezensionen

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