Rezension: «Mark Brandis: Der Pandora-Zwischenfall» (Interplanar/Folgenreich)

Schluss. Aus. Vorbei. Nach acht Jahren und 32 Folgen sagt Mark Brandis mit Der Pandora-Zwischenfall nun seinem Publikum Adieu. Es ist ein geplanter Abschied, auf den Folgenreich und Interplanar die Fans schon vor Monaten vorbereitet haben. Nichtsdestotrotz wird vielen Anhängern der Abschied verdammt schwerfallen - vor allem deshalb, weil die Macher in diesem Hörspiel noch einmal alles von dem abrufen, weshalb die Fans sie so lieben.

Rezension: «Mark Brandis: Der Pandora-Zwischenfall» (Interplanar/Folgenreich)

2137: Auf dem Jupitermond Kallisto haben Republiken und Union gemeinsam einen langlebigen und hochintelligenten Kunstmenschentyp entwickelt. Zwei Dutzend dieser sog. Astraliden bereiten sich auf eine Expedition hinaus aus unserem Sonnensystem zu fernen Planeten vor. Als es zu Todesfällen in der Station Pandora auf Kallisto kommt, droht das Projekt zu scheitern. Mark Brandis soll nun die Leiterin der Station ablösen. Er überredet seine Frau Ruth O'Hara, Dr. Levy und seinen alten Gefährten Iwan Stroganow, ihn zu begleiten. Doch dann wird Pandora angegriffen...

Äußerlich merkt man dem Hörspiel nicht an, dass es sich um das letzte Abenteuer von Mark Brandis handelt, denn ein Banner mit der Aufschrift "Das große Finale" prangt nicht auf dem Front- oder Backcover. Einzig die eine ganze Seite des Booklets füllende Danksagung an mehrere Dutzend namentlich genannte Personen deutet an, dass diese Folge etwas Besonderes ist. Aber man belässt es bei einem simplen"Danke"; die Worte "Abschied" oder "Auf Wiedersehen" fallen nicht. Und das ist völlig in Ordnung so, denn auch die Geschichte von Der Pandora-Zwischenfall, die Balthasar v. Weymarn nach Motiven des gleichnamigen Romans von Nikolai v. Michaelewsky, ersonnen hat, ignoriert bis kurz vor Schluss die Tatsache, dass es keine Folge 33 geben wird. Anstatt den Plot um das Thema Abschied kreisen und mittels Rückblenden noch einmal die Highlights der Serie Revue passieren zu lassen, schickt der Autor Mark Brandis, dessen Frau Ruth sowie die Weggefährten Doktor Rebecca Levi und Iwan Stroganow auf eine neue, anspruchsvolle Mission, die dem Quatett einiges abverlangt. Noch einmal sind Brandis' Führungsqualitäten, Entschlossenheit und Erfahrung gefragt, wie auch sein Einfühlungsvermögen und seine Fähigkeit, die Dinge kritisch zu hinterfragen. Trotz aller Nackschläge, die er im Verlauf der Serie erfahren hat, geht er die neue Aufgabe mit Optimismus an und kämpft für das, woran er glaubt. 79 Minuten läuft Der Pandora-Zwischenfall, erweist sich aber trotz dieser Spielzeit inhaltlich als äußerst kompakt. In den ersten zwanzig Minuten müssen zwar zunächst einige Grundlagen geschaffen werden, doch geschieht dies kurzweilig und ohne den Hörer mit Informationen zuzuschütten. Auf diese Weise wird der Boden bereitet für den weiteren Verlauf einer spannenden temporeichen Story, in der zugleich aber auch Platz ist für ruhigere Momente, die der Vertiefung der Charaktere vorbehalten sind. Der Fokus liegt dabei auf den Astraliden M6 und M3, die das Dialogbuch schnell zu sehr interessanten Figuren entwickelt, deren Schicksal einen als Hörer nicht unberührt lässt. Mit dem Homo Factus gab es zwar gleich zu Beginn der Serie schon einmal ein Retortenmenschen, doch in Der Pandora-Zwischenfall wird das Thema des künstlich erzeugten Humanoiden von einer anderen Seite als zuvor beleuchtet. Die moralisch-ethische Komponente, derentwegen die Fans Mark Brandis so lieben, bleibt somit auch in der nun letzten Folge nicht unberücksichtigt und ergibt im Zusammenspiel mit einer ordentlichen Dosis handfester Action die typische Mark-Brandis-Mixtur, die noch einmal richtig stark zündet. Die letzte Szene ist dann ein definitiv bitter-süßer Moment, der aber die Folge (und damit die Serie) wunderschön und stilvoll abrundet.

Michael Lott, Dorothea Lott, Claudia-Urbschat-Mingues und Martin Wehrmann absolvieren ihre letzten Auftritte als Mark Brandis, Ruth Brandis, Doktor Rebecca Levi und Iwan Stroganow erneut mit Bravur. Erich Räuker ist als jener Col. Young zu hören, den er auch schon in den MB-Abenteuern Vorstoß zum Uranus und Raumsonde Epsilon verkörperte. Und natürlich darf auch Gerhard Hinze als John Harris nicht fehlen. Mira Christine Mühlenhof war über all die Jahre die Stimme des Bordsystems CORA. Im Serienfinale spielt sie jetzt die Stationsleiterin Ninni Persbrandt. Und wie Brandis höchstselbst herausfindet, hat es durchaus seine Bewandtnis damit, dass Persbrandt und CORA die gleiche Stimme haben. Die letzte MB-Folge beschert den Fans übrigens in stimmlicher Hinsicht ein Treffen zwischen dem älteren und dem jungen Mark Brandis, denn Daniel Claus, der im Prequel Mark Brandis: Raumkadett die Hauprolle spricht, ist in Der Pandora-Zwischenfall als Astralide M3 dabei. Anja Welzel, Mélanie Fouché, Hans-Eckart Eckhardt, Arne Stephan und Philipp Zieschang vervollständigen einen gut aufgelegten Cast, an dessen Leistung es nichts auszusetzen gibt. Wie gewohnt geben das Sounddesign und die Musik von Jochim-C. Redeker ebenfalls keinen Anlass zu Klage. Die Geräuschkulisse ist sehr detailreich und atmosphärisch; der Score wurde optimal auf die Szenen abgestimmt. Großes Kopfkino ist auf diese Weise garantiert.

Mit Mark Brandis: Der Pandora-Zwischenfall zeigt sich die Serie noch einmal in Bestform. Und das macht es umso schwerer, sich nun von ihr zu trennen. Doch immerhin durfte man acht Jahre und 32 Folgen lang an der Seite von Mark Brandis spannende Abenteuer in der Welt von Morgen erleben. Und wie das Sprichwort schon sagt: Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören. Balthasar v. Weymarn und Jochim-C. Redeker können auf jeden Fall stolz darauf sein, was sie mit dieser Serie, in der immer wieder Probleme unserer Gegenwart im Kontext der Zukunft erörtert wurden, erreicht haben. Mark Brandis mag nun abgeschlossen sein, doch man wird die Serie in bester Erinnerung behalten.


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