Eines Abends im Winter, als so viel Schnee fällt, dass alle Wege gesperrt und kaum befahrbar sind, klingelt es an Stellas Haustür. Allein das ist schon merkwürdig, da keiner ihre Adresse weiß und ihr riesiges Haus einer Festung gleicht, die man nicht unbemerkt betreten kann. Doch auf einmal steht ein junges Mädchen vor der Tür und bittet um Einlass in der Eiseskälte. Widerstrebend macht Stella schließlich die Tür auf. Damit gewährt sie nicht nur dem Mädchen Einlass, sondern auch vielen, längst verschlossenen Erinnerungen.
Bereits in den Vorschauen wurde ich auf “Lügenmädchen” aufmerksam – die Bezeichnung Psychothriller hat mich sofort neugierig gemacht und die dazu gehörende Inhaltsbeschreibung klang sehr vielversprechend, nach genau solch einer fesselnden und verstörenden Geschichte, die ich mir von einem Psychothriller immer erhoffe.
Der Beginn gestaltete sich auch recht interessant, denn alleine der Gedanke an ein großes, leeres Haus, um einen herum nur Wälder, meterhoher Schnee und Kälte; und dann klingelt es auf einmal laut schrillend an der Tür – eine sehr vielversprechende Grundlage, auf der man, meiner Meinung nach, einen guten Psychothriller erschaffen kann. Und obwohl auf die ersten Seiten noch keine großartige Spannung folgte, so war unterschwellig doch immer etwas vorhanden, das mir das Gefühl gab, gleich würde es so richtig fesselnd werden, die Geschichte einen Aufschwung bekommen. Ich hatte immerzu das Gefühl, gleich würde etwas ganz Großes geschehen, der versprochene Wow-Effekt würde bestimmt bald einsetzen. Dieses Gefühl begleitete mich fast die gesamte Handlung hindurch – bis schließlich die Ernüchterung einsetzte, da irgendwie doch nichts passierte. Über 300 Seiten lang habe ich auf einen Höhepunkt gewartet, der nicht kam. Vielmehr ist die “Auflösung” absolut vorhersehbar und alles andere als spannend oder gar nur interessant.
Dabei war so viel Potenzial für eine gute Geschichte vorhanden: einige Perspektiv- und Zeitwechsel, viele Rückblenden, die gerade anfangs erst einmal für Verwirrung sorgten. Hinzu kam, dass man sich als Leser nicht nur fragt, wer hinter Blue, dem Mädchen an der Tür, steckt, sondern auch wie es dazu kommt, dass Stella sich alleine in ihrem großen Haus verbarrikadiert und es anscheinend niemals verlässt. Darauf bekommt man zwar durchaus Antworten, doch die waren für mich so unspektakulär und tatsächlich auf irgendeine Art auch langweilig, dass nicht einmal dieser Aspekt auf nur die kleinste Weise überzeugen konnte.
Von einem Psychothriller erwarte ich definitiv mehr Spannung, mehr Überraschungen und mehr Verwirrung als das in “Lügenmädchen” der Fall ist. Der so vielversprechend klingende Klappentext konnte nicht das halten, was er versprach und so hatte ich wahrscheinlich viel zu hohe Erwartungen an diese Geschichte, die mich schließlich leider so gar nicht überzeugen konnte.