Rezension: Lost Places (Johannes Groschupf)

[Rezension] Lost Places (Johannes Groschupf)

Johannes Groschupf: Lost Places 
Alles andere als eine heile Welt rückt in den Fokus dieses Jugendbuchs. Nichts schillert. Vielmehr erfasst eine grollende Woge aus Anspannung und Atemlosigkeit. In gelungener Abstimmung darauf, öffnet bereits das Buchcover die Tür zur eigentlichen Geschichte einen Spalt breit. Nicht alles, was verloren und verlassen scheint, ist es auch. Doch manchmal wünscht man sich das. Denn die Alternative ist noch schwerer zu ertragen ...


Ein Dank dem Oetinger Verlag für das Rezensionsexemplar!

[Bildquelle: Oetinger Verlag]~ Rezension ~

Die düsteren Gesetze hinter zerfallenen Mauern

Das Geheimnisvolle zieht sie an. Das Verbotene reizt sie. Lennart und seine Freunde Moe, Kaya, Steven und Chris sind Urban Explorers. Gemeinsam erkunden sie die dunklen, verlassenen Ecken Berlins. Nachts trotzen sie dem Verfall und schleichen durch die Ruinen ehemaliger Krankenhäuser, Fabriken und Freizeiteinrichtungen. Lässig und unverbindlich. Doch eines Tages machen sie eine Entdeckung, die ihnen das Blut in den Adern gefrieren lässt. Jugendlicher Leichtsinn veranlasst Lennart daraufhin, eine Entscheidung zu treffen, die er bitter bereuen soll. Denn niemand legt sich ungestraft mit der Motorradgang Bandidosan.

Journalist und Autor Johannes Groschupftaucht mit seinem ersten Jugendbuch Lost Placesin eine Welt ein, die rau, scharfkantig und reflektierend daherkommt.Sie sind unbeschwert, machen die Nacht zum Tag und können dem Reiz des Unbekannten nicht widerstehen. Das Protagonistenquintett – allen voran Lennart – steht stellvertretend für eine Generation, die neue, unkonventionelle und zum Teil grenzüberschreitende Wege einschlägt. Die fünf geben keinesfalls Anlass, als vorbildhaft zu gelten, verkörpern jedoch das Bedürfnis nach Unabhängigkeit und Grenzenlosigkeit.

Mit dem Trend, als so genannter Urban Explorerdie Ruinen einer Stadt aus einer anderen Perspektive zu sehen, fand Johannes Groschupf einen tagesaktuellen, lebensnahen Rahmen für seine Handlung. Der längst ignorierten Geschichte einer Stadt wieder Leben einzuhauchen, darin besteht der Reiz.

In diese spannende Kulisse bettet der Autor eine Handlung ein, die düster, beängstigend und brutal anmutet. Die heraufbeschworene Atmosphäre – gerade im Zusammenhang mit den dubiosen Drogengeschäften der Motorradgang – sorgt für ein Schaudern. Die kraftvolle Plastizität, mit welcher Johannes Groschupf seine Geschichte erzählt, ist beeindruckend. Als Leser einen gewissen Abstand zwischen sich und das Erzählte bringen zu können, dafür war ich nicht undankbar.(Meine) Sympathie weckten die Hauptcharaktere nicht zwangsläufig, aber die messerscharfe Polarisierung, die mittels ihrer Entscheidungen geschaffen wird, ist dennoch nicht unerheblich. Das Leben ist ein Balanceakt und oftmals zeugen Netz und doppelter Boden nicht von Feigheit, sondern von Weitsicht und Beständigkeit. Eine Erkenntnis, zu welcher Lennart & Co. ihren Teil zweifelsohne beitragen.

Summa summarum ein Stück Jugendliteratur, das Sinne schärft, Emotionen schürt und zum Nachdenken bewegt. Ein Fingerzeig für eine Generation, die (sich) sucht und nicht zuletzt auch findet.

F★ZIT: Einschlagend. Pulsierend. Ernsthaft.


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