[Rezension] Liebe ist so scheißkompliziert

Von Amarylie

„»Außerdem ist riesig ein ziemlich übertriebenes Wort für dich.« Er rutsch näher und sieht mich von oben herab an. »Du bist nur etwas weniger klein als alle anderen.«“

(Zitat Seite 140)

Auf einer Party stürzt Nele mit Jerome ab, der alles verkörpert, wonach 
sie sich immer gesehnt hat. Als sie sich zum ersten Mal küssen, hat Nele 
hunderttausend Schmetterlinge im Bauch. Doch am nächsten Tag kursiert 
ein Video von ihr im Netz, auf dem sie eindeutig zu wenig anhat. Eigentlich 
kann nur Jerome dieses Video gemacht haben. Aber Nele ahnt, dass die Wahrheit 
viel komplizierter ist ...
[Quelle: Fischer Verlag]

Liebe ist so scheißkompliziert erscheint einen durch den Klappentext als ein typischer Jugendroman, deren Ende vorhersehbar ist. Vom Titel kann man sich auch gut beirren lassen, dass das Haupthema die Liebe ist und sich dieses Thema über das ganze Buch erstreckt. Wer das denkt, ist aber auf dem falschen Fad.

Das Thema Liebe spielt hier zwar eine große Rolle, ist aber nicht das einzige Thema. Selbstzweifel, Unzufriedenheit, Mobbing, familiäre Probleme und eine Person nicht aufgrund seiner Äußerlichkeit und seines Auftretens zu verurteilen.

Nele ist für ihr Alter ziemlich groß geraten (um genauer zu sein 1,90 Meter groß) und ist sehr unglücklich damit. Sie lebt seit ihrer Kindheit mit der Belastung von allen schräg angestarrt zu werden, hat dementsprechend Komplexe und nur einen kiffenden besten Freund und macht sich immer schlechter als sie ist. In Anwesenheit Anderer macht sie sich gerne klein, um unentdeckt zu bleiben, was einem unmöglichen Versuch gleicht.
Ihre kleine Schwester ist in ihren Augen perfekt mit ihrer Größe, ihrem großen Freundeskreis und ihrer Mitgliedschaft in der Basketballmanschaft der Schule. Auch wenn Nele ihre Schwester mit ihrer unreinen Haut aufzieht und sich immer mit ihr streitet, so lieben sie sich innerlich sehr.
(Spoiler! Dass sie sich beide in den gleichen Kerl verlieben ist daher eine Katastrophe, die Folgen mit sich bringt.)
Jerome ist über 2 Meter groß, ein beliebter Baskettballspieler der Schule und lässt Mädchenherzen höher schlagen, so auch Neles. Er ist sich bewusst, was für eine Anziehungskraft er auf Andere hat und macht sich dies auch mal zu eigen.
Nach einer Party geht ein Video von Nele herum, welches sie recht freizügig zeigt. Nele wird danach in der Schule von den Anderen mit Missachtung behandelt. Doch wer war das? Sie selbst glaubt, dass es nur Jerome gewesen sein kann, aber ist es so?

Für mich war das Aufklären der großen Frage, ob es wirklich Jerome war keine große Schwierigkeit. Im Grunde hatte man es schnell durchblickt, sodass die Annähern an den offensichtlichen Täter keine große Überraschung war. Dafür fand ich Neles Engagement toll, Jerome näher kennenzulernen mit all seinen Facetten, sodass er ihr immer mehr vertraut und sich öffnet. Das dunkle Geheimnis war auch schnell erraten, aber dafür war das Einbringen seiner häuslichen Situation (Spoiler! Kinder- und Jugendheim) sehr schön dargestellt. Die Art wie sie versucht ihn zu „retten“ und dafür ihre eigenen Bedürfnisse nach hinten stellt, führt einen vor Augen wie empathisch sie ist. Obwohl sie empathisch und hilfsbereit ist, so streitet sie sich oft mit ihrer jüngeren Schwester und stellt sie auch mehr als ein Mal bloß, was ich sehr schade finde. Auch wenn es normal ist, dass sich Geschwister mal streiten, so fand ich es in dem Buch zu überzogen, zu übertrieben. Ich hätte mir eine bessere Beziehung zwischen ihnen gewünscht oder dass sich die Geschwisterbeziehung im Laufe der Zeit mehr weiter entwickelt.

Die ganze Geschichte wird aus Neles Sicht in der Ich-Perspektive erzählt. In dem Roman hätte ich es mir auch Gewünscht die Geschichte aus der Sicht ihrer kleinen Schwester zu lesen, die in der Geschichte auch eine fundamentale Rolle spielt. Ansonsten lässt sich die Geschichte flüssig lesen, hat ausreichend Informationen wiedergegeben und war nicht zu detailreich. Dafür fand ich, dass die Geschichte mehr in die Tiefe hätte gehen können. Das dunkle Geheimnis von Jerome fand ich nicht ergreifend und emotional genug, um es ihm wirklich abnehmen zu können. (Spoiler! Klar ist das Thema Mobbing etwas, das man so nicht auf die leichte Schulte nehmen kann und ein großes Ding, aber in dem Zusammenhang fühlte es sich eher an, als hatte die Autorin einfach das Thema genommen, damit die Geschichte dramatischer wird und mal schnell abgearbeitet. Sehr schade.) Auch einige Fragen werden zum Schluss nicht beantwortet, was ich sehr bedauerlich finde, wie z.B. Was ist mit seiner Mutter passiert?

Liebe ist so scheißkompliziert erzählt eine Geschichte, die über das Thema Liebe hinausgeht. Sie thematisiert u.a. auch Selbstzweifel, Unzufriedenheit, Mobbing, familiäre Probleme und eine Person nicht aufgrund seines äußeren und seines Auftretens zu verurteilen. Durch die unvorhersehbaren Charakterzüge, die mit Jeromes Person zusammenhängen, sollten sie das Buch zu etwas größerem machen als ein Standardjugedroman, aber durch den fehlenden Tiefgang, seine vorhersehbaren Ereignisse und die vermeintlich offensichtlichen Geheimnisse, ist Liebe ist so scheißkompliziert nur ein durchschnittlicher Roman geworden.

Titel: Liebe ist so scheißkompliziert
Genre: Jugendroman

Autor: Sabine Schoder
Verlag: Fischer Verlag (© Cover)

ISBN: 978-3733504069
Preis: 14,00€

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