Rezension: Lana Del Rey – Honeymoon (Polydor, 2015)

Lana Del Rey ist in den Flitterwochen. Okay, aber… Ist sie das nicht immer? Bei dieser Stimme kann einen so leicht das Gefühl erschleichen, dass Lana ihre Songs nur ihrer Lieblingsperson zuflüstert und nie aus ihrem sexy Liebesgemach herauskommt. Beim neusten Album „Honeymoon“ ist das nicht anders. Und doch anders. “Honeymoon” ist nämlich ein Film.

Lane-Del-Rey-Honeymoon-Artwork

Körperhaftes Kino der Liebe
Lana wäre nicht Lana, hätte sie nebst dem hauchigen Gesang nicht auch noch eine gewaltige Portion Drama und Romantik im Gepäck. In ihren Songs geht es – wie bereits unschwer am Albumtitel zu erkennen – um ihr Lieblingsthema Liebe. Es geht um eine vollständige, absolute, (nicht-existente?), perfekte Liebe, die voller Schmerz ist, die aber dennoch alles andere im Schatten lässt:

“Nothing gold can stay
Like love or lemonade
Or sun or summer days
It’s all a game to me anyway”

(Lana Del Rey – Music To Watch Boys To)

Aktives Kopfkino aus Musik
Nicht ganz ein Film, wie am Anfang angetönt, aber: “Honeymoon” ist wie ein FilmSOUNDTRACK ohne Film. Es gilt daher sich beim Hören den eigenen Film zu drehen. Anstrengend? Ja, vielleicht. Die Stücke sind für manchen ev. schleppend und langatmig. Aber eben dann nicht langweilig, wenn man die eigene Fantasie dazu aktiviert. Darin liegt jedoch genau die Qualität von „Honeymoon“ – das Album ist eine potenzielle Quelle der Kreativität des Zuhörenden. Sofern man sie nutzt:
Der Opener „Honeymoon“ ist klebriger als Honig und heller als dunkler als jeder Neumond. „High By The Beach“ ist das neue „Video Games“. Die Melodie ist catchy as fuck, die Instrumentierung wehmütig und das akustische Rauschen des Ozeans macht den Rest. Ein Song voller Sehnsucht und Freiheitsgefühle. Ein Liebeslied vom Herbst an den Sommer. So nah und so fern. Das Kopfkino erzeugt dabei feine Meeresbrisen und salzige Luft, die die Haare austrocknet.

Diese synästhesthische Komponente verleiht “Honeymoon” eine gewisse Form der Avantgarde (trotz Mainstream-Dream-Pop!). Die Avantgarde macht sich auch im Genre-Anspruch bemerkbar: So besitzt “Honeymoon” Elemente aus Jazz, Trap und Swing. In “Burnt Norton – Interlude” zitiert Lana Del Rey T.S. Elliots Gedicht “Four Quartets”. Die Beschäftigung mit den Künsten wird auf diversen Ebenen spürbar, auch an der Oberfläche: “Art Deco”, ursprünglich ein Designbegriff aus den 1920ern, weicht hier einer weiteren Liebesballade. “Art Deco” besitzt ein Intro wie ein Air-Song und eine Melodie wie ein Joan-Baez-Song. Also wunderschön!

Auch wunderschön? “24”. Würde man mich fragen, ich würde sagen, das Stück klingt wie Film Noir in der Musik.  (Und ich würde es auch sagen, wenn man mich nicht fragt.) Die Licht- und Schattenverhältnisse spiegeln sich in den je zwölf angesprochenen Stunden von Tag und Nacht:

“There’s only 24 hours in a day
And half as many ways for you to lie to me, my little love
There’s only 24 hours in a day
And half of those, you lay awake
With thoughts of murder and carnage”

Hochdramatisch wird in “24” mit Streichern, Klavier und Bläser Verrat und Lüge thematisiert. Wie ein Mantra wiederholt Lana das Offensichtliche (“there´s only 24 hours in a day”) und entführt so in die Welt der Oppulenz und des Zuviel.

Fazit
Gewisse Tracks  auf “Honeymoon” fungieren jedoch bloss als Verlängerung, künstliche Streckung des Albums: das sind z.B “Swan Song” oder “Freak”, die durch langgezogene Töne und karge Melodien eher Lückenbüsser sind. Auch bei einem Film gibt es ja bekanntlich schwächere und stärkere Stellen. Alles in allem ist “Honeymoon” eine Reise wert. Sofern man Rosenblätter am Boden mag, die schimmern wie Blut.

TOUR:
Hier findest du alles Konzerte von Lana Del Rey. <3"><3"><3
(Falls die Frau dann mal eine Tour ankündigt…)


Tagged: 2015, Album Review, Dream Pop, Honeymoon, Kritik, Lana Del Rey, Musiknews, New Musik, Polydor, Pop, Rezension

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