|Rezension| "Keine Angst, es ist nur Liebe" von Marlies Zebinger

| FeuerWerke | Taschenbuch | 335 Seiten | €11,90 | Amazon | vorablesen |


Anna Rogner hat Angst. Angst vor der Liebe, Angst vor der Höhe, Angst vor der Angst, Angst vor dem Leben. Seit einem für sie schwerwiegenden Verlust leidet sie diversen Angststörungen, die sie nicht den Griff bekommen kann. Bis sie schließlich Matts begegnet. Matts, der sich sofort in die hübsche Anna verliebt. Matts, dem Anna eigentlich keine Chance geben will. Und Matts, der ihr eine Woche lang Tag für Tag Aufgaben stellt, damit Anna sich ihren Ängsten und dem Leben stellen kann. Doch kann das Glück größer sein als die Angst? Und kann Matts das schaffen, was zuvor niemand anderem gelungen ist?
"Keine Angst, es ist nur Liebe" und ich - wir hatten keinen guten Start. Ganz im Gegenteil: Nachdem ich das - doch eigentlich sehr dünne - Buch immer wieder pausiert hatte, weil die extrem ausschweifenden Gedankengänge der sehr nachdenklichen Protagonistin tatsächlich sehr anstrengend und teils nervig sind, habe ich mir irgendwann gesagt: So geht es nicht weiter. Und dann habe ich mich quasi der Angst vor ausschweifenden Gedankengängen gestellt und habe (nicht immer, aber immer öfter) eine schöne Geschichte für Zwischendurch bekommen, die viele kleine Schwächen und Fehlerchen hat, aber sich irgendwie doch sehr nett gelesen hat. Spätestens dann, wenn man sich darauf eingelassen hat, dass Anna bei jedem Wort, das sie denkt, abschweift und jahre zurückliegende Geschichten oder Begebenheiten hervorkramt, kann man das Buch auf seine Art und Weise genießen. Zugegeben: Mein Lieblingsbuch wird diese Geschichte nie werden, aber am Ende war ich doch ganz froh, das Buch gelesen zu haben.

Einer der größten Mankos ist demnach also der Schreibstil. Und Anna. Und das Tempo. Und die Beziehung zwischen Anna und Matts. Klingt nach dem gesamten Buch, könnte man sagen, aber so ist es nicht. Fangen wir bei Anna an, denn von Anna wird man in diesem Buch so einiges erfahren - und das nicht nur, was ihre Ängste betrifft. Gerade ihr Leben wird sie lang und breit vor dem Leser ausbügeln bis man auch jedes kleinste Detail erfasst und in sich aufgenommen hat. Das ist einerseits natürlich nicht unbedingt falsch, wenn man einer Figur nahe sein möchte, andererseits hatte ich aber dennoch nie das Gefühl, dass ich mich mit ihr identifizieren könnte. Ob das nun daran liegt, dass sie eine knapp dreißig Jahre alte Frau ist und ich eben noch in den Anfängen der Zwanziger stecke, weiß ich nicht, aber sie wirkte oftmals viel zu distanziert, als das ich eine wirkliche Bindung zu ihr aufbauen konnte. Daraus folgt dann auch sogleich ihre Beziehung zu Matts, die sich irgendwie von einer Seite auf die nächste entwickelt.
Wobei das Wort "Entwicklung" tatsächlich relativ fehl am Platz ist, denn was kann sich in zwei Tagen schon entwickeln? Jedenfalls nicht die große Liebe inklusive Gedanken ans gemeinsame Alt werden (das ist meine Meinung, die natürlich nicht allgemeingültig ist!). Matts jedenfalls kennt Anna seit wenigen Tagen und tut bereits alles für sie. Er stellt ihr eine Woche lang Aufgaben - wobei das eigentlich keine Aufgaben, sondern viel mehr Überraschungen sind und gibt Unmengen von Geld aus für eine Frau, die er kaum kennt. Nicht unbedingt realistisch in meinen Augen. Auch gegen Ende geht dann irgendwie alles sehr schnell. Über gravierende Schicksale wird hinweg gesehen, die große Liebe ist plötzlich einfach da und überhaupt: wirklich glaubwürdig war das irgendwie nicht. ABER, und ja, hier kommt das große Aber, auf das alle gewartet haben: Irgendwie ist es schön. Matts gibt sich wirklich wahnsinnig viel Mühe, ist unfassbar geduldig und hat anscheinend wirklich zu viel Geld. Man möchte immer wissen, wie es weitergeht und die Geschichte zieht sich nur dann etwas, wenn Anna wieder einmal viel zu viel sinnlosen Quatsch denkt. Trotzdem, irgendwie hat die Geschichte etwas. Einen Charme, der Spaß macht.

Keine Angst, es ist nur ein Buch - das musste ich mir anfangs während des Lesens oft einreden, weil dieses Buch und ich zu Beginn wirklich keine Freunde waren. Nach dem Motto "Was nicht ist, kann ja noch werden" habe ich allerdings schnell doch eine Bindung zu dem Buch aufbauen können und habe eine süße kleine Geschichte für Zwischendurch serviert bekommen, die ihren ganz eigenen Charme hat. Wer stark ausschweifende Gedanken nicht ertragen kann, sollte aber eventuell die Finger von der Geschichte lassen, denn Gedanken gibt es so allerhand in diesem Buch - ob man sie hören will, oder nicht. Insgesamt sicherlich kein Buch, das man lesen muss, aber irgendwie doch eine niedliche Geschichte.

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