Rezension – Kathe Rhodes: Im Totengarten

Rezension – Kathe Rhodes: Im Totengarten

Leseprobe

Inhalt:

Alice Quentin ist eine Psychologin mit trauriger Vergangenheit. In jungen Jahren wurden sie und ihre Mutter von ihrem eigenen Vater verprügelt, während ihr Bruder hilflos zusehen musste. Dieses Trauma hat noch immer Auswirkungen auf ihr Leben: sie hat panische Platzangst und ist zu einer dauerhaften zwischenmenschlichen Beziehung nicht fähig.

Aber nicht zuletzt diese Erlebnisse haben Alice zu dem gemacht, was sie heute ist: eine der besten Psychologinnen Londons. Und so verwundert es nicht, dass eines Tages Detective Chief Inspektor Don Burns vor ihrer Tür steht, um ihren Rat bezüglich eines Mörders einzuholen. Doch kaum ist dieser aus der Haft entlassen, findet Alice eine Frauenleiche, die nach dem Muster verstümmelt wurde, wie einst die Opfer der Bensons. Gemeinsam mit dem Ermittler Ben Alvarez versucht Alice Hinweise auf den Mörder zu finden. Die Situation spitzt sich dramatisch zu, als eine zweite Leiche und ein Drohbrief des Mörders an Alice auftauchen. Jetzt schwebt Alice in höchster Gefahr.

Bewertung:

“Im Totengarten” ist Kate Rhodes Thrillerdebut und als solches durchaus gelungen: Sie vermochte es, eine sympathische und zugleich interessante Hauptfigur in einen verzwickten und zu weiten Teilen undurchsichtigen Mordfall zu verwickeln. An Spannung fehlt es hier nicht.

Alice Quentin ist eine glaubhafte Figur. Ihre Erlebnisse in der Vergangenheit prägten ihr Leben. Ihre ganze Familie leidet bis heute unter den Taten ihres Vaters. Ihre Mutter ist kühl und distanziert, weil sie ihre Schuld verdrängt, ihr Bruder ist ein gebrochener Mann, der kein geregeltes Leben führen kann und psychologischer Behandlung bedarf. Alice selbst ist wohl aufgrund ihrer Erfahrungen Psychologin geworden. Sie ist sich ihrer Neurosen bewusst, vermag aber ihre eigenen Methoden nicht auf sich anzuwenden. Diese Kluft in der Persönlichkeit macht sie zu einem interessanten Charakter.

Große Aufmerksamkeit wird im Thriller ihrer Bindungsangst gewidmet. Der Leser fühlt mit Alice, mag sie aber manchmal auch wachrütteln, wenn sie vor ihren Ängsten flieht. Dennoch beinhalten der Figurenentwurf kleine Schwachstellen: Alice Hang, auch noch nach dem esten Mord nachts durch die Straßen von London zu rennen, kam mir zu sehr dem Horrorfilmklischee nach, bei dem die potenziellen Opfer immer in den dunklen Keller gehen. Außerdem konnte Rhodes mir nicht glaubhaft vermitteln, dass Alice eine der gefragtesten Psychologinnen Londons sein soll. Dafür wurden die Patientenbeziehungen zu oberflächlich dargestellt. Besonders der Fall eines magersüchtigen Mädchens ist mir dabei aufgestoßen:

“Sie können mich nicht zwingen, diesen Scheiß zu essen.” [...] “Ich weiß, dass ich dich nicht zwingen kann”, gab ich zurück und sah sie ruhig an. “Ich kann dir zwar Hilfestellung geben, aber den harten Teil der Arbeit musst du selbst leisten.”
Als ich wieder ging, war ich erleichtert, weil ich wusste, dass sie sich erholen würde. (S. 79)

In diesem kurzen Abschnitt eröffnet sich die meines Erachtens größte Schwachstelle des Romans. Rhodes Zeitdimensionen stimmen oft nicht überein. So werden wichtige Gespräche oder Geschehnisse in zwei nichtssagenden Sätzen abgehandelt, um dann nach einem Bruch alles geklärt vorzufinden. Diese Methode überzeugt mich nicht. Rhodes hätte hier intensivere Dialoge anbringen müssen und andererorts landschaftliche Ausschmückungen weglassen sollen.

Neben den teilweise unglaubhaften Dialogen störten mich ebenfalls die meist als Anhängsel an das Kapitel wirkenden Cliffhanger. Rhodes wäre überzeugender gewesen, hätte sie darauf verzichtet. Die Geschichte hat genügend potenzial, dem Leser neugierig auf das Ende zu machen. Und, soviel sei gesagt, Rhodes liefert ein durchaus überraschendes Ende, auch wenn mir Alice hier zu sehr als Heldin agiert.

Fazit:

Ein guter Einstieg in eine Thrillerreihe mit einer Hauptfigur mit Starpotenzial, einem interessanten Fall und einigen kleineren Schwächen in der schriftstellerischen Umsetzung.

Daten:Rezension – Kathe Rhodes: Im Totengarten

Kate Rhodes: Im Totengarten
Verlag: Ullstein Verlag
ISBN: 978-354284620
Seitenzahl: 445Erscheinungsdatum: 28.09.2012
Originaltitel: Crossbones Yard


Bewertung:

Rezension – Kathe Rhodes: Im Totengarten

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Zusatzinformationen

Autorin

Rezension – Kathe Rhodes: Im TotengartenKate Rhodes wurde in London geboren. Sie ist promovierte Literaturwissenschaftlern und lehrte jahrelang an amerikanischen und britischen Universitäten. Für ihre Lyrik wird sie von der Presse hoch gelobt und erhält regelmäßig Preise.

Weitere Informationen zur Autorin finden sich hier.

Foto Crossbones Yards London

Rezension – Kathe Rhodes: Im Totengarten

Rhodes über Crossbones Yard


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