Rezension: Jörg Juretzka – TaxiBar (Unionsverlag 2014)

Jörg Juretzkas “TaxiBar” ist bereits der elfte Roman mit Privatdetektiv Kristof Kryszinski. Dieser hat nun jedoch die Detektei aufgegeben und betreibt eine Bar im Mülheimer Bahnhofsviertel. Mord und Totschlag umgeben ihn freilich auch hier… Ein Kneipenkrimi aus dem Ruhrpott, der zwischen knochentrockenem Sarkasmus und Gesellschaftskritik seinen Weg sucht.

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Kryszinski – ehemaliger Privatdetektiv mit Kontakten in allerlei dubiose Szenen, jetzt Betreiber der TaxiBar, einer von nicht weniger dubiosen Figuren heimgesuchten Kneipe im Mülheimer Bahnhofsviertel – ist Ich-Erzähler seiner eigenen Odyssee. Diese beginnt mit einem Paket Heroin, das Kryszinski in Frankreich entdeckt und kurzentschlossen mit nach Hause nimmt. Er übergibt es seinem Nachbarn, dem Hehler ‘Geronimo’, zum Weiterverkauf. Ein vermeintlicher millionenschwerer Glücksfall. Als Geronimo jedoch auf offener Strasse, direkt vor Kristofs Kneipe erschossen wird, läuft die Sache aus dem Ruder.

Der Ermittler Hufschmidt sitzt ihm auf der Pelle, dessen Chef Hauptkommissar Menden wird zum Stammgast, und bald schon melden lokale Bikergangs, die die Quartierstrassen unter ihrer Kontrolle haben, ihre eigenen Ansprüche an. Gemeinsam mit dem Hausmeister Fred und seiner Angestellten Bian-Tao stürzt sich Kryszinski – sein Geheimnis sorgsam verwahrend – in die Abenteuer, die für ihn bald lebensbedrohlich werden.

“TaxiBar” ist ein Männerbuch, ein verruchter Kneipenkrimi, der zum grössten Teil in den Räumlichkeiten der “TaxiBar” mit seiner alkoholseligen Klientel oder den gespenstisch anmutenden Irrgängen des Hochhauses, in dem die Bar untergebracht ist, spielt. Auf dem Buchrücken liest man die Namen: Tarantino, Bukowski. Vergleiche, die stilistisch durchaus berechtigt sind, greift Juretzka doch einerseits tief in die sprachliche Trickkiste der schäbigen Gossensprache. Da werden Handschellen zur “kalten Acht”, Alkohol zu “Leberkleister” und eine Stimme ist schon mal “so tief, dass sie direkt aus seinen Eiern zu kommen” scheint. Andererseits sind da die Typen, die direkt aus einem Tarantino-Film gefallen sein könnten. Allen voran natürlich Kryszinski, der knüppelharte ehemalige Privatdetektiv, für den selbst Auge und Auge mit einem Auftragskiller keine andere Aussageform in Frage kommt als die des zynisch-sarkastischen Kommentars. Kryszinski, der das Polizeifilmklischee des fehlenden Schlafs ins Extreme  treibt. Kryszinski, dessen erotische Interaktionen mit Frauen einen auf die Spitze getriebenen James-Bond-Machismo zur Schau stellen, der selbst Sean Connery in Erstaunen versetzen könnte.

Im Gegensatz dazu ist Kryszinskis Zuneigung zu seiner Angestellten Bian-Tao, die eine Scheinehe mit dem gewalttätigen Herbert eingehen musste, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, aufrichtig und tief. Mit diesem parallelen Erzählstrang versucht Juretzka, eine Kritik der Gesellschaft in seine Geschichte einzuweben. Diese bleibt zwar zumeist etwas oberflächlich, produziert aber dennoch einen willkommenen Gegenpol zu den knochentrockenen Sprüchen Kryszinskis. Noch ausgiebiger miteinbezogen könnte eine solche Gesellschaftskritik das Buch zu einem hervorragenden und relevanten Roman machen. Ohne diesen Bestandteil ist “TaxiBar” noch immer ein lesenswerter, ruppiger Krimi mit einprägsamen Charakteren und dem Dreck der verkommenen Strassen und vermüllten Hinterhöfe in jeder Zeile.

 

Juretzka, Jörg. TaxiBar. Kriminalroman. Zürich: Unionsverlag 2014. 224 S., Taschenbuch. 978-3-293-20680-9


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