Drachenmond Verlag | Taschenbuch | 430 Seiten | €14,90 | Kerstin Arbogast | Kaufen?
Wenn aus Träumen Albträume emporwachsen, ein Jäger zum Gejagten und eine Gejagte selbst zur Jägerin wird, dann finden Märchen und Fabeln ihren Weg in die Wirklichkeit. Um zum Star der elterlichen Pferdeshow zu werden, ist dem Stuntreiter Jarosch kein Preis zu hoch. Eine geheimnisvolle wie gefährliche Stute soll ihm zum erhofften Erfolg verhelfen - selbst wenn sie ihn seine Seele kostet. Als Johanna Jarosch und seinem wilden Pferd begegnet, kann sie sich deren Faszination nicht lange verschließen. Doch kann sie die dunklen Schatten der beiden verscheuchen, ohne selbst davon verschlungen zu werden?
"Sie ging und nahm einen Teil von mir mit.
Einen guten und einen schlechten."
Seite 338
Bücher, in denen es unter anderem um Pferde geht, haben eine ungemeine Sogwirkung auf mich - ob das nun daran liegt, dass ich früher selbst geritten bin oder das Pferde schlicht faszinierende Tiere sind, weiß ich nicht genau. Eins weiß ich aber mit Sicherheit: nämlich, dass "Im Schatten deines Herzens" nicht nur wegen der Pferdethematik ein besonderes und atmosphärisch dichtes Buch ist. Kerstin Arbogast versteht es, den Leser mit einer sprachlich sehr ästhetisch und feinfühligen Geschichte zu verzaubern, die sich wie ein modernes Märchen liest und Mythenelemente geschickt in den Plot einwebt, sodass das Buch nie an Glaubwürdigkeit verliert - was ich anfangs auf Grund des Themas beinahe befürchtet hatte. Der Autorin jedoch gelingt der schwierige Balanceakt, sodass man auch kleinere Schwächen gerne zu verzeihen bereit ist.
Die Geschichte lebt von einer düsteren Atmosphäre, die sich bis zum Ende durch das Buch zieht. Das liegt vor allen Dingen an dem männlichen Protagonisten Jarosch, der gemeinsam mit seinen Brüdern eine wilde Stute in Rumänien einfängt, die ihn bereits seit seiner Kindheit fasziniert. Doch Jarosch hat eine dunkle Seite in sich, die von dem Neid auf seinen älteren Bruder und seinem Wunsch, sich zu beweisen, getrieben wird. So ist Jarosch der schwer durchschaubare, zurückgezogene Charakter, den man zwischenzeitlich nur schwer einschätzen kann. Als Gegenpol dient die lebensfrohe und eher ruhige Johanna, die durch ihre charmant naive und unschuldige, aber dennoch mutige und ehrliche Art sympathisch und liebenswert wirkt. Die Charakterkombination ist hier sehr interessant und sorgt für die ein oder andere spannende Situation. Das Buch ist abwechselnd aus der Ich-Perspektive von Jarosch und Johanna und einer weiteren Figur aus dem Buch erzählt, die ihr aber selber herausfinden müsst und die ich persönlich ab und zu etwas zu kitschig fand.
Ein weiterer Aspekt, der der Geschichte das besondere Etwas verleiht, ist neben der träumerisch schönen Atmosphäre, für mich auch das Pferdeshowelement. Das Zirkusgefühl, das sich während des Lesens auf Grund Jaroschs Job als Stuntreiter bei der elterlichen Pferdeshow einstellt, hat mich durchweg fasziniert und einfach Spaß gemacht. Es gibt durchaus Momente, in denen man das Gefühl bekommt, dass die Geschichte sich im Kreis dreht und irgendwie nicht voran kommen will, doch die durchweg dichte Atmosphäre schafft es immer wieder, den Leser bei der Stange zu halten und hat diese besondere Sogwirkung, der man sich nur schwer entziehen kann. Nicht nur Pferdefans werden diese Geschichte lieben - gerade auch in Sachen Fantasy hat das Buch einiges zu bieten und schneidet ein Thema an, dass selbst für das Genre mutig und originell ist. Ich rate an dieser Stelle nicht allzu viel zu recherchieren, sondern sich einfach in die Geschichte fallen zu lassen und die facettenreiche Geschichte selbst zu erkunden und auf sich wirken zu lassen.