{Rezension} Ich erwarte die Ankunft des Teufels von Mary MacLane

Von Froileinwonder @FroileinWonder
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Titel: Ich erwarte die Ankunft des Teufels
Originaltitel: The Story of Mary MacLane/I Await the Devil’s Coming
Autorin: Mary MacLane
Übersetzerin: Ann Cotten
Genre: Klassiker
Verlag: Reclam Verlag
ISBN-13: 978-3150112564
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 206 Seiten
Preis: 18,00 €
Erschienen: 11. März 2020

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Die 19-jährige Mary MacLane wünscht sich Napoleon oder am besten gleich den Teufel als Liebhaber. Sie träumt von einer Revolution, während sie mit ihren Mitmenschen im provinziellen Montana genauso wenig anfangen kann wie mit ihren häuslichen Pflichten und der kargen Landschaft. Mary fühlt sich einsam auf der Suche nach sich selbst und dem guten Leben – und feiert trotzdem kraftvoll das eigene Ich.

MacLane war völlig unbekannt, als sie 1902 ihr erstes, im Tagebuchstil verfasstes Buch veröffentlichte. Es wurde zum Skandal und seine Autorin zum Star. Reporter aus den Metropolen pilgerten in ihre Heimatstadt, Cocktails und Sportmannschaften wurden nach ihr benannt. Ihr Name wurde zum Inbegriff für rebellische junge Frauen.

Auch über 100 Jahre später fasziniert es ungemein, wie virtuos und selbstverständlich Mary MacLane sämtliche Konventionen über den Haufen wirft, wie sie zwischen Größenwahn und Todessehnsucht, Resignation und Euphorie tänzelt.

Vor über hundert Jahren veröffentlichte die gerade einmal 19-jährige Mary MacLane ihren Debütroman, der nun zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt und unter dem Titel »Ich erwarte die Ankunft des Teufels« im Reclam Verlag veröffentlicht wurde. Damals erschien der Roman in Tagebuchform unter dem Titel »The Story of Mary MacLane« da man den Titelwunsch der Autorin, »I Await the Devil’s Coming«, als zu provokant erachtete.


»Es gibt Leute von unterschiedlicher Tiefe und charakterlicher Vertracktheit, aber niemanden, der sich mit mir vergleichen ließe.«

Ich erwarte die Ankunft des Teufels, Seite 9/10


Ich bin ein Genie ebenso wie eine Diebin – aber die Welt würde diese Tatsache ganz und gar übersehen.
Ich erwarte die Ankunft des Teufels,
Seite 83

Mit beeindruckendem Selbstbewusstsein offenbart die junge Frau in ihrem literarischen Debüt ihre innersten Gefühle und vergleicht sich mit ihrem großen Idol, der russischen Malerin Marie Bashkirtseff, sowie weiteren Größen der Geschichte und stellt dabei mehr als einmal ihr großes Genie und ihre Überlegenheit in den Fokus. Mary MacLane wurde in Winnipeg (Kanada) geboren und zog mit ihrer Familie schon bald in die boomende Bergbaustadt Butte im Bundesstaat Montana.

Die ländliche Abgeschiedenheit, die nicht nur einen großen bildlichen Raum in ihrem schonungslos intimen Tagebuch einnimmt, beschützt die junge Frau jedoch nicht davor, die stark eingeschränkte Stellung der Frau in der Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit all ihren Feinheiten zu spüren. Umso bewundernswerter ist die Stärke mit der sich MacLane mit ihrer ausdrucksstarken Schreibkunst Gehör verschafft. Der Roman wurde damals zu einem Überraschungserfolg und verkaufte sich schon im ersten Monat über 100.000 Mal, sodass die junge Autorin von einem Tag auf den Nächsten berühmt wurde.


»Wäre ich als Mann geboren worden, hätte ich bereits einen tiefen Eindruck in der Welt hinterlassen – in irgendeinem Teil davon.«

Ich erwarte die Ankunft des Teufels, Seite 15


Auf poetische und philosophische Art setzt sich Mary MacLane mit der starken Verbundenheit zu ihrer ehemaligen Lehrerin, die über die Gefühle einer normalen Freundschaft stark hinausgehen auseinander, bringt ihre Meinung zur Institution der Ehe in ihren Zeilen unter und erbittet dabei unerlässlich die Ankunft des Teufels. Die emotionale Stimmung schwankt zwischen den Tagebucheinträgen und der langen Wartezeit auf die Ankunft des Teufels von einer fast schon depressiven Niedergeschlagenheit, die man aufgrund ihrer untergeordneten Stellung als Frau und mit feministischem Standpunkt gut nachvollziehen kann, bis hin zu einer ausgeglichenen Glückseligkeit.


»Manche Leute sagen, dass Schönheit ein Fluch sei. Das mag sein, aber ich hätte nichts dagegen gehabt, ein wenig verflucht zu werden.«
Ich erwarte die Ankunft des Teufels,
Seite 82

»Glauben Sie denn, ein Mann ist das einzige Geschöpf, in das man sich verlieben kann.«
Ich erwarte die Ankunft des Teufels,
Seite 104


»Ich erwarte die Ankunft des Teufels« ist ein wirklich spezielles Buch, dessen provokante Finesse mittlerweile zwar etwas an Durchschlagskraft verloren haben mag, aber dennoch auch nach über hundert Jahren seit der Erstveröffentlichung zu begeistern weiß. Umso mehr freut es mich, dass Mary MacLanes Geschichte nun auch für deutsche Leser*innen zugänglich gemacht wurde, denn die unglaubliche Stärke mit der MacLane für Emanzipation und ein selbstbestimmtes Leben der Frau strebt, ist in diesem frühen feministischen Werk deutlich spürbar.

Ein Nachwort der Übersetzerin Ann Cotton gefolgt von einem Essay von Juliane Liebert eröffnet den Leser*innen zum Abschluss noch einen anderen Blickwinkel über das gelesene Tagebuch der Mary MacLane.


Ein stimmungsvolles Selbstporträt, dessen intime Schonungslosigkeit vor einem Jahrhundert vor allen Dingen skandalös war, heute aber immer noch absolut lesenswert ist.

4 out of 5 stars

Mary MacLane (1881–1929) kam in Winnipeg, Kanada, zur Welt, zog mit ihrer Familie aber bald in die Bergarbeiterstadt Butte in Montana, USA. Mit ihrem ersten Buch wurde sie schlagartig berühmt, weitere autobiographische Texte folgten. Sie schrieb den Stummfilm Men Who Have Made Love to Me (1918), in dem sie selbst die Hauptrolle spielte. MacLane, deren bohemehafter Lebensstil und Bisexualität immer wieder für Skandale sorgten, starb im Alter von 48 Jahren in Chicago.

Quelle: Reclam Verlag


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