Rezension: Humanemy 4 - Die Artillerie (Lindenblatt Records)

Erstellt am 13. Dezember 2013 von Watchman @scifiwatchman

Schon bei Humanemy 3: Der Hacker bewiesen seine Macher, dass sie nicht abergläubisch sind - legten sie den offiziellen Release des Hörspiels doch seinerzeit auf Freitag, den 13. September 2013. Die Produktion (ich rezensierte sie hier) war ein voller Erfolg. Und da nichts so anziehend ist wie Erfolg, erscheint Humanemy 4: Die Artillerie wieder an einem Freitag dem 13. Nämlich heute, dem 13. Dezember 2013.
Lennart und seinem Team gelingt es, in die Oberstaatsanwaltschaft einzudringen und die brisanten Daten zu stehlen. Nun müssen sie nur noch unbemerkt entkommen und die Gage einstreichen. Doch natürlich läuft es wieder einmal anders als geplant und plötzlich sehen sie sich einer erdrückenden Übermacht an Polizei und Verfassungsschutz gegenüber. Und noch eine weitere Partei scheint Interesse am Chamäleon gefunden zu haben …
Pläne sind bekanntlich dafür da, dass man sie bei Bedarf ändert. Ursprünglich sollte Humanemy ein in sich abgeschlossener Vierteiler werden, doch aufgrund des großen Erfolgs entschied man sich bei Lindenblatt Records, das Ende der Geschichte kurzerhand umzuschreiben, um einen weiteren Vierteiler zu ermöglichen.Dieser soll im Herbst 2014 in Produktion gehen. Dass trotz der Planänderung weiterhin Episode 4 von 4 auf dem Cover steht, hat dennoch seine Berechtigung, da der Erzählstrang rund um die Beschaffung ultrageheimer Daten, der in Episode 1: Das Chamäleon begonnen wurde, mit dem nun vorliegenden Hörspiel einen Abschluss findet.
Jede der vorangegangenen drei Episoden stellte einen anderen Protagonisten in den Mittelpunkt und nun ist in dieser Folge Center an der Reihe. Dabei bringen Stefan Linder und Johnny Wittermann das Kunststück fertig, das Image des Rauhbeins im Team komplett auf den Kopf zu stellen. Um dies zu schaffen, nehmen die Autoren es in Kauf, den primären Erzählstrang die ersten 20 Minuten lang ruhen zu lassen. Doch diese Strategie zahlt sich aus, denn Center bekommt auf diese Weise nicht nur wesentlich mehr Charaktertiefe und seine Beziehung zu Tanto wird auf eine neue Basis gestellt, sondern auch Centers Verhalten im weiteren Verlauf der Geschichte wird dadurch erst richtig verständlich. Wurden dem Team um Lennard schon in den Episoden 1 bis 3 jede Menge Knüppel zwischen die Beine geworfen, so geht es auch in Humanemy 4: Die Artillerie in gleicher Weise weiter. Kaum etwas funktioniert im Laufe der ca. 77 Minuten Spielzeit wie vorgesehen. Wieder muss ausgiebig improvisiert werden und bis zuletzt bleibt offen, ob das Trio auch wirklich den Lohn für seine Mühen kassieren wird. Und außerdem schwebt über dem ganzen Geschehen die Frage, wer eigentlich welche Agenda hat und ob nicht doch jemand aus der Truppe den Rest linken wird. Keine Frage: Es geht wirklich spannend zu in diesem Hörspiel. Und knallhart. Humanemy verortet sich im Bereich Dark Future/Cyberpunk, doch was in den ersten Minuten dieser Episode geschildert wird, hat leider inzwischen mehr mit Dark als mit Future zu tun. Und darum ist es richtig, dass das Duo Linder/Wittermann diese unbequeme Wahrheit auch so kompromisslos transportiert. Gleichzeitig ist aber auch immer Spielraum im Skript für humorvolle Einlagen. In dieser Hinsicht sorgt gerade das Treffen zwischen Lennard, Center, Bones und dem Staatsanwalt in der Unterwelt für Auflockerung. Tonio von der Meden leiht dem Staatsanwalt seine Stimme und es ist erfreulich, dass man einen solch gestandenen Sprecher für die Rolle verpflichten konnte,denn seine Beteiligung wertet den Cast nochmals auf. Ebenfalls im Gedächtnis bleibt zudem Werner Wilkening als Arzt Dr. Sniper, der nicht nur so heißt, sondern sich auch aus Gründen der Kundengewinnung als solcher betätigt. Auf diese Idee muss man erst einmal kommen.
Das Trio Thomas Lindner (Chamäleon), Johnny Wittermann (Center) und Stefan Lindner (Bones) kennt sich in seinen Rollen inzwischen perfekt aus und liefert eine souveräne Leistung ab. Rike Stief und Nico Geissler sind als Melinda bzw. Tombstone auch wieder dabei, ebenso Lukas Lindner als Tanto. Und da der Plot einen Bogen zum Anfang der Story schlägt, gibt es eine Wiederhören mit Simon Pearce als Hauptkommissar Wulff, mit Peter Henrici als SEK-Chef Björnson, Holly Loose als Kismet und Jo Hempel als Herr Schmidt. Oliver Mink, der bislang allein als Intro-Stimme zu hören war, tritt nun auch als Loki in Action. Abgerundet wird die Besetzung durch Nobusama (Taiki Nakamura), Stefan Baumgartner (Merlin), Charly Bravo (Merz) und Maik van Epple (Maik). Alle Beteiligten können überzeugen, negative Ausreißer gibt es nicht. Während die Soundkulisse wieder sehr viel her macht, hätte der Abmischung zuweilen etwas mehr Feinschliff gut getan. Die räumliche Verteilung der Stimmen geht nicht immer ganz auf, der Raumhall klemmt manchmal und vereinzelte Takes klingen dumpfer als andere. Das ist etwas schade, doch den positiven Gesamteindruck vermögen diese kleinen Unsauberkeiten aber zu schmälern. Vor allem auch deshalb nicht, weil Humanemy 4: Die Artillerie wieder einen tollen Soundtrack hat, der erneut größtenteils von der Münchener Industrial Band VorTex stammt und eigens für diese Produktion eingespielt wurde. Was VorTex abliefert, passt auf jede Szene wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.
Humanemy 4: Die Artillerie wartet übrigens mit einer zweiten CD auf, die nichts Geringeres als den Soundtrack zu diesem Dark Future-Vierteiler enthält. Damit kommt Lindenblatt Records prompt dem Wunsch zahlreicher Fans nach, die eine separate Veröffentlichung der Musik von VorTex, Thomas Linder u.a. angeregt hatten. Und die Lindenblätter lassen sich wahrlich nicht lumpen, denn die Bonus-CD läuft 78 Minuten und ist in der Tat randvoll mit jener Musik, die ihren Anteil daran hat, dass sich Humanemy von vielen anderen Hörspielen auf so erfrischende Art unterscheidet.
Humanemy 4: Die Artillerie ist ein würdiger vorläufiger Abschluss einer Geschichte, die in ihrem Verlauf so manche unerwartete Wendung für ihre Hörer bereithielt. Facettenreiche Charaktere und ein ideenreicher Plot, der so manchen Konventionen eine klare Absage erteilte, ließen das Interesse am Fortgang der Handlung nie erlahmen. Darum darf man gespannt sein, welche Herausforderungen in der Fortsetzung auf Lennart, Bones und Center warten. Bis dahin lohnt es sich auf jeden Fall, sich Humanemy auch noch ein zweites oder drittes Mal anzuhören. 
Humanemy 4: Die Artillerie ist auf CD und als MP3-Download im eigenen Shop von Lindenblatt-Records erhältlich, zudem auch bei Pop.de und Amazon.
Link 1: Website der Lindenblatt-Records Link 2: Verzeichnis meiner weiteren SF-Hörspiel Rezensionen